24.
05.
2013

Kleiner Bruder

Voneschen Reto

Von: Voneschen
Reto

Am Dienstag habe ich die Schweizer Flagge wieder abgehängt. Ja, ich habe auch mit der Schweizer Eishockey-Nati mitgefiebert. Die ersten Erfolge habe ich nur aus der Ferne während der U19-WM in Hamburg mitbekommen. Ab dem letzten Gruppenspiel war ich dann aber dabei. Es war faszinierend zu sehen, wie mutig und offensiv die Schweizer ans Werk gingen. Ich habe immer noch den «Schweizer Riegel» von Slettvoll/Gilligan und die Zitterspiele unter Simon Schenk vor gefühlten 50 Jahren vor Augen. Ja, ich kann mich sogar noch daran erinnern, wie die Schweizer in der B-Gruppe spielten. So war die aktuelle Nati wirklich eine ganz gfreute Sache. Schön vor allem zu sehen, wie sich die Gruppe entwickelte, jeder seine Rolle akzeptierte und sich so in einen Lauf spielte. Exemplarisch der Jubel nach Reto Suris 3:0 gegen die USA, wo der ganze Block Richtung Auswechselbank düste, um das Tor als Mannschaft zu feiern. Teamwork vom Feinsten.

Ich war aber auch wohl einer der wenigen, der zutiefst enttäuscht war am Sonntagabend. Dass sich die Spieler über ihre Silbermedaille zuerst nicht freuen konnten, hab ich voll und ganz verstanden. «Second place is the first loser», heisst es so (un)schön - oder wie es Patrick Pons im «Pingpong» des letzten Printmagazins sagte: «Nichts ist scheisser als Platz 2». So schnell wird die Schweiz wohl nicht mehr die Chance haben, einen Weltmeistertitel zu erringen. Und Finalsiege von schwedischen Teams habe ich wohl definitiv zu viele gesehen... Den Satz «Der Schweiz fehlte die Arroganz Schwedens zum Sieg», den ein bekannter Emmentaler Hockey-Chronist geschrieben hat, kann ich nur unterschreiben.

Mit Interesse habe ich die Diskussionen nach dem Vizeweltmeistertitel (ein Wort, das genau so wenig geht, wie «Eisgenossen») verfolgt. Antrieb für Schweizer Sportler soll er sein, den Neubau von Eishallen beschleunigen, dem Schweizer Eishockey zu (weiterem) Aufschwung führen, neue Sponsorengelder freimachen, etcetc. Im Gegenzug wurde moniert, dass die Schweizer zu wenig euphorisch die Spiele verfolgt haben. «Wo ist der Autokorso?», hab ich irgendwo auf Facebook gelesen. Nein, wir sprechen hier nicht von Unihockey, um das kurz einzuschieben.

Ich muss jeweils ein bisschen lächeln: Seien wir ehrlich, der Wert eines Eishockey-WM-Titels ist deutlich geringer, als der einer Fussball-WM. Die Eishockey-WM findet jedes Jahr statt, zudem fehlen viele gute Spieler, da die Playoffs in der NHL noch laufen. Die Schweiz hat - auf die WM bezogen - das Glück, dass nur wenige Spieler in Übersee spielen und die meisten davon auch früh aus den Playoffs flogen oder sich gar nicht dafür qualifizierten. Die WM interessiert auch vor allem die Fans in den Ländern, die sich für die Finalspiele qualifizieren. Ganz ehrlich: Wer weiss noch, wer im letzten Jahr als Aussenseiter in den Final vorstiess und dann an welchem Team scheiterte? Genau, es war die Slowakei, die erst gegen Russland verlor. Und SCB-Manager Marc Lüthi gab die wohl richtige Antwort auf die oben genannte Diskussion: «Finanziell bringt das gute Abschneiden nichts, genauso wenig wie ein schlechtes schadet.»

Was hat das alles mit Unihockey zu tun? Bis auf den Materialwart haben die meisten Spieler wenig Erfahrung mit Unihockey. Gut, Reto Suris Schwester spielt bei den Hot Chilis, Denis Hollenstein ist der Cousin von Silvana Nötzli und Nino Niederreiters Eltern hätten es gern gesehen, wenn der Filius auch Unihockey gespielt hätte, wie seine grossen Schwestern. Vor allem aber, auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen, Unihockey ist der kleine Bruder von Eishockey. Auch heute muss vielen Leuten noch erklärt werden, was Unihockey wirklich ist. «Ja, eine Art Eishockey ohne Eis in der Turnhalle», sagte ich dem Kioskverkäufer in Hamburg, der ganz verwundert war, warum man dafür aus der Schweiz in den Norden Deutschlands reist.

Als kleiner Bruder muss man sich nicht schämen. Nein, das kann durchaus ein Vorteil sein. Viele junge, kleine Schweizer möchten wohl nach den Erfolgen der Nati Hockey spielen. Bei vielen wird der Griff zum billigeren Unihockeystock der erste sein. Und viele Eltern werden sagen, «Hockey Ja, aber wir können dich nicht immer ins Training in die Eishalle fahren». So kann Unihockey, das in der Dorfturnhalle gespielt werden kann, von einem allfälligen Eishockey-Boom sehr profitieren. Nur zum Vergleich: Es spielen rund 30000 Leute in der Schweiz lizenziert Unihockey, 26340 Eishockeyaner waren es im letzten Jahr. Ich bin gespannt, ob sich die Schweizer Unihockeyvereine diesbezüglich etwas einfallen lassen.

Eines muss zum Abschneiden der Eishockey-Nati noch gesagt werden. Vor Beginn der WM gab es Stimmen - spontan fällt mir der vorher genannte Chronist ein, dessen Name mir grad entfallen ist - , die von einer B-Nati sprachen und ein erneut frühes Scheitern prophezeiten. Mir fallen da gewisse Parallelen zur Frauen-Unihockey-Nati auf. *Ironieschalterein* Vielleicht sollten wir bis zur WM im Dezember weiterhin das böse B-Wort brauchen. Vielleicht hilfts ja. *Ironieschalteraus*

 

Ich habe noch heute im Ohr, wie Matthias Hüppi in die Mikrofone von SRF brüllte: «Türkyilmaz. Türkyilmaz... Kubilay Türkyilmaz könnte die Schweiz zum Sieg schiessen in... Das Wunder von Neuenburg
Die allererste Unihockey-WM 1996 in Schweden ging noch ziemlich unbemerkt an mir vorbei. Für mich stand damals das lokale Schaffen im Verein im Vordergrund - „wer bringt am... Prager Geschichten
Die Bekanntgabe von Jyri Korsman als neuer Trainer von Floorball Köniz ab nächster Saison löste einen Schwall an Mitteilungen aus. Trainerkollegen und ehemalige Spieler... Professor Korsman
Auf die Saison wird es drei neue Regeln geben. So zumindest kann man das auf (sehr) einschlägigen Websites (vermutlich ist hier der Plural schon falsch) lesen. Eigentlich ist... Cool, vernünftig und dämlich

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