02.
2013
Liebe Schiedsrichter
Wer sich jetzt einen Schiri-Bashing-Blog erhofft, den muss ich gleich enttäuschen. Nein, ich mag Schiris. Die meisten zumindest. Schiris und Journis sind in einigen Sachen Leidensgenossen. Wir sind auch bei den Spielen dabei, aber wirklich mögen tut uns niemand, geschweige denn wird die Arbeit erleichtert. Es braucht einiges an Idealismus für den Sport, um sich das Wochenende für Wochenende an zu tun. Immerhin verdienen wir noch ein paar Räppli. Aber grad jetzt mehren sich die Rücktrittsschreiben und die Inserate «Schiedsrichter gesucht». Bis am 1. März muss ein Rücktritt eingereicht sein.
Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass Schiedsrichtern auch Spass machen kann. Auch jetzt als Juniorentrainer versuche ich meinen „Schlümpfen" klar zu machen, dass der Schiri nicht Schuld ist, wenn das Tor nicht getroffen wird. (Eine Lektion, die manchmal auch Trainern in höheren Ligen gut täte, aber das nur nebenbei.). Grundsätzlich gilt: Über den Schiedsrichter wird gar nicht diskutiert. Dieses Vorhaben wird dann auf eine harte Probe gestellt, wenn der fünfte Junior humpelnd und/oder blutend auf die Spielerbank zurückkehrt und unter Tränen fragt, warum denn bitteschön das Foul nicht gepfiffen wurde. Erklärungsnotstand nur Hilfsausdruck, wie es so schön heisst.
Und ich gebe zu, bei mir ist der sehr dicke Geduldsfaden auch schon gerissen. Dann wenn der Mann mit der Pfeife zweieinhalb Minuten vor Schluss nach meinem Timeout vor dem Freischlag vier Meter vor dem Tor bei einem 2-Tore-Rückstand das Spiel erst an - und kurz danach mit den Worten «zwei Minuten wegen zu vielen Spielern auf dem Feld» wieder abpfiff. Und dann doch noch merkte, dass unser Torwart nach dem Timeout gleich auf der Bank blieb... Unvergessen auch sein Kollege, welcher auch zweieinhalb Minuten vor Schluss bei Rückstand nach meinem Timeout mit Bully in der Mitte wieder anpfiff, statt mit Freischlag in der gegnerischen Zone. «Gibt immer Bully nach dem Timeout», erklärte er mir murmelnd, worauf ich ihm etwas lauter, einen Blick ins Regelbuch empfahl. Er las dann aber sehr beleidigt lieber in seinem Chemiebuch weiter nach der Partie.
Trotzdem empfehle ich jedem Trainer den Schiedsrichter nicht als Gegner, sondern als Partner zu sehen. Oder noch besser, sich für die Schiedsrichterprüfung anzumelden. Niemand hat mehr Erfahrung als Referee, als der Trainer, der auch immer im Training pfeifen muss/darf/soll. Der Blickwinkel öffnet sich um ein Vielfaches. Noch viel besser wäre, wenn Spieler nach ihrem Rücktritt nicht einfach den Bettel hinschmeissen, sondern ihre langjährige Erfahrung in die Schiedsrichterei einfliessen lassen würden. Es gibt keine fixen wöchentlichen Abendtermine mehr, nur noch - je nach Qualifikation - mehr oder weniger bezahlte Wochenendausflüge. Der Sportart würde dies so was von helfen. So wie das ex-Eishockeyprofi Didier Massy gemacht hat. Der einstige Rumpelverteidiger kennt jeden noch so dreckigen Spielertrick. Mir kämen jetzt da auf einen Schlag grad ein paar Unihockeyspieler in den Sinn, welche sich da auch gut auskennten.
Zwei Sachen stören mich. Einerseits die zunehmende Respektlosigkeit einiger Coaches in den höheren Ligen, die nur schon beim Anblick eines Schiedsrichters Schaum vor dem Mund haben. Ich wünschte mir, dass das ewige Reklamieren (Stichwort «Jesus») und Reinschreien noch viel mehr mit Strafen belegt würde. Eine Frechheit sondergleichen, was sich einige Trainer erlauben. Dies gilt natürlich auch für untere Ligen, wo schon Coaches zu sehen waren, die ein Timeout forderten, um dem Schiedsrichter die Meinung zu geigen. Wie respektlos. Andererseits, das soll auch nicht verhehlt werden, verwechseln einige Schiedsrichter ihre Rolle. Nicht der Schiri sollte im Mittelpunkt stehen, sondern das Spiel. Wer ein Aufmerksamkeitsdefizit besitzt, der sollte sich ein anderes Hobby suchen. Wie sagte doch ein bekannter Eishockey-Journalist einst so treffend: Die Spieler sollten ein Spiel entscheiden, nicht die Schiedsrichter.
Fragi 83.76.202.80
17. 02. 2013