10.
09.
2016
NLA Frauen | Autor: «Zürcher Unterländer»

Der Traum vom Europacup

In einer Woche startet Cupsieger Dietlikon unter Cheftrainerin Simone Berner und Sportchef Sascha Brendler in die NLA-Saison. Die beiden orientieren sich trotz des Abgangs von Topskorerin Michelle Wiki und der Tatsache, dass 32 Spielerinnen Dietlikon einen Korb gegeben haben, am Europacupfinal.

Der Traum vom Europacup Halten bei Dietlikon die Fäden in den Händen: Sascha Brendler (l.) und Simone Berner (r.). (Bild: Erwin Keller)

Zürcher Unterländer: 100Tage beträgt die Schonfrist für einen neugewählten Bundesrat. Ähnlich lange sind Sie beide als Cheftrainerinbeziehungsweise Sportchef Dietlikons nun im Amt. Und auch von Ihnen war während dieserZeit in der Öffentlichkeit wenig zu hören.
Sascha Brendler: Man hat uns auch nicht gefragt.

Jetzt werden Sie gefragt. Und zwar zuallererst nach einerkurzen Lagebeurteilung. Wer beginnt?
Simone Berner: Der Chef. (lacht)
Brendler: Also gut. Wir haben diese Saison ein kleines Kader. Es umfasst sechzehn Spielerinnen und zwei Goalies, das sind gerade mal dreiB löcke. Manch ein Chefcoach hätte sich darüber beschwert, Simone nicht.

Warum nicht?
Berner: Als ich mit Dietlikon 2008 den Europacup gewonnen habe, haben wir auch nur mit zwei Linien gespielt. Ich bin überzeugt: Es kommt nicht nur auf die Breite des Kaders an, sondern auf die Qualität. Auch wenn wir Abgänge zu verzeichnen hatten, der grosse Umbruch ist ausgeblieben. Das Teamgefüge hat von Anfang an gut funktioniert.

Dann sind Sie zufrieden mit der Vorbereitung?
Berner: Ja. Während des Sommers haben wir den Fokus stark auf die Physis gelegt. In diesem Bereich besteht noch ein relativ grosser Unterschied zwischen den Schwächsten und den Besten. Hier wollen wir eine Annäherung erzielen. Es war eine strenge Zeit, ich bin sehr zufrieden, wie die Spielerinnen gearbeitet haben. Obwohl ich viel gefordert habe, ist die Stimmung immer noch gut.
Brendler: Die Spielerinnen haben gewusst, wie wichtig Simone die Physis ist. Einige hatten darum grossen Respekt -und Bedenken. Es ist schön, zu sehen, dass nun genau diese Spielerinnen enorme Fortschritte erzielt haben. Ich bin sicher, dass einige viel stärker aufspielen werden als in der abgelaufenen Saison.

Das müssen sie auch. Dietlikon hat mit Liga-Topskorerin Michelle Wiki und der Schwedin Petra Weiss, die gemeinsam zum schwedischen Spitzenklub Mora gewechselt haben, das mit Abstand produktivste Sturmduo der vergangenen Saison verloren. Die sagenhaften 88 Tore und 55 Assistpunkte der beiden Stürmerinnen sind kaum zu ersetzen. Da braucht es schon neue Ideen...
Brendler: Klar, wenn so viele Tore verloren gehen, gibt es keinen Plan. Wenn Real Madrid Ronaldo abgeben muss, hat es auch keinen. Aber Meister werden die Madrilenen vielleicht trotzdem.
Berner: (lacht) Es wird ein anderes Spiel geben, das ist klar. Die Abgänge sind für mich aber kein Thema mehr. Wir sprechen viel mit den Spielerinnen und betonen, wie wichtig es ist, dass sie neue Aufgaben annehmen. Ich bin optimistisch, dass andere in die Bresche springen.

An wen denken Sie?
Berner: An Linn Lundström zum Beispiel. In der vergangenen Saison hat sie im Block mit Petra Weiss und Michelle Wiki gespielt. Sie war also nicht zuvorderst für das Toreschiessen zuständig. Dass sie auch offensiv etwas drauf hat, beweist sie jetzt, in anderer Rolle. Nun skort sie eifrig, sowohl im Training als auch in den Testspielen und im Supercup.

Darum haben Sie die schwedische Weltmeisterin wohl auch zum Captain gemacht obwohl sie erst seitknapp einem Jahr in der Schweiz ist.
Berner: Ja. Denn für mich ist das Wichtigste, das die Leistung des Captains im Team unbestritten ist. Nur dann kann er seine Messages rüberbringen. Abgesehen davon ist Linn ein positiver Mensch, sehr konstruktiv, hat viel Erfahrung und spielt taktisch klug. Ihr einziges Manko aus ihrer Sicht ist, dass sie noch kein Schweizerdeutsch spricht. Aber das macht sie mit ihren anderen Stärken mehr als wett. . .

Wie ist der Verein eigentlich mit Michelle Wiki verblieben? Als sie im Mai ihren Wechsel nach Schweden bekannt gegeben hat, sind Sie, Sascha Brendler, gerade im Flieger nach Afrika gesessen. Das hätte sich der Sportchef sicher anders gewünscht...
Brendler: Natürlich, in diesem Moment war ich frustriert. Ich wusste ja, dass sie nach Mora gehen möchte. Ich habe damit gerechnet, allerdings erst in der nächsten Saison.
Berner: Logisch hätten wir Michelle gerne behalten. Aber ich will keiner Spielerinnen eine solche Chance verderben. Für ihre Entwicklung ist dieser Wechsel sicher gut. Wir bleiben in Kontakt. Und natürlich ist es unser Wunsch, dass sie wieder zu uns zurückkehrt. Aber jetzt planen wir diese Saison ohne sie.

Zu den aktuellen Plänen gehören nur gerade zwei neue Spielerinnen, die von auswärts zum Team stossen.Tanja Stella und Veera Pietikäinen sind bestimmt nicht die Einzigen, die Sie angefragt haben. Wie viele Absagen haben Sie erhalten?
Brendler: 32.

Ist Dietlikon eine solch schlechte Adresse?
Brendler: Ich denke nicht, dass es etwas mit Dietlikon als Verein zu tun hat. Das sind eher die Umstände. Ich bin überzeugt, hätten wir den Superfinal gewonnen und uns so für den Europacup qualifiziert, wären wohl ein, zwei Nationalspielerinnen gekommen. Die meisten Absagen habe ich nämlich wenige Tage nach dem verlorenen Meisterschaftsfinale erhalten.
Berner: Ich sehe den Grund zuvorderst darin, dass die meisten Unihockeyspielerinnen sehr sesshaft sind. Sie sind keine Profis, arbeiten oft Vollzeit neben dem Sport. Für Geld wird also nicht gewechselt. Die Spielerinnen wohnen an einem Ort, haben ihr Umfeld, fühlen sich wohl. Um das alles aufzugeben, braucht es Zeit und einen guten Grund.
Brendler: Es braucht viel Zeit, sicher mehr als zwei bis drei Monate. Aber wir bleiben dran.

Nach dem Motto «Steter Tropfen höhlt den Stein»...
Brendler: Durchaus. Das Transferfenster ist nun geschlossen. Aber die Kontakte sind geknüpft und wir werden uns sicher im Frühling wieder bei einigen Spielerinnen melden. Man muss sie beobachten, darauf achten, ob sie eventuell frustriert sind und dann im richtigen Moment das Telefon in die Hand nehmen.

Bei Nationalspielerin Tanja Stella ist Ihr Ruf angekommen. Mit ihr kehrt eine bewährte Kraft aus Schweden nach Dietlikon zurück. Ein Glücksfall?
Berner: Zweifellos. Tanja ist eine sehr routinierte Spielerin, ihre Erfahrung aus Schweden und dem Nationalteam ist für uns viel wert. Eine wie sie habe ich gerne in der Mannschaft, sie kann mit ihrem aggressiven Spiel den Unterschied machen.

Was ist von der Finnin Veera Pietikäinen, die vom finnischen Meister NST Lappeenranta kommt, zu erwarten?
Berner: Veera ist körperlich noch nicht fit. Sie hat sich in den Playoffs eine Innenbandverletzung zugezogen, die mehr Zeit zur Heilung braucht, als wir erwartet haben. Richtig rechnen wir mit ihr erst in der zweiten Meisterschaftshälfte. Der Kontakt hat sich ergeben, weil Veera wegen ihres Freundes, der bei Uster spielt, in die Schweiz kommen wollte. Sie ist für uns eine Ergänzungsspielerin.

Fünfmal in Serie hat der UHC Dietlikon nun den Pokal an Piranha Chur abtreten müssen. Viermal als Herausforderer, in der vergangenen Saison dann erstmals wiederals Meisterschaftsfavorit. Steckt Dietlikon heuer wieder in der alten Rolle des ersten Verfolgers?
Brendler: So könnte man das betiteln. Auch wenn Chur ebenfalls Abgänge zu verkraften hatte, der Kern, der es reissen kann, bleibt im Bündnerland bestehen. Darum sind die Piranhas für mich heuer wieder Titelfavorit. Und Dietlikon wird ein hartnäckiger Verfolger sein.

Wie hartnäckiges sein kann, hat dasTeam am vergangenen Samstag mit dem Sieg am Supercup aufgezeigt. Die Piranhas wurden 4:3 bezwungen und haben dabei einen 0:3-Rückstand aus dem ersten Drittel wettgemacht.Was haben Sie dem Team in der Pause gesagt, Simone Berner?
Berner: Dass wir gar nicht so schlecht gespielt haben, wie das Resultat glauben macht. Aber die Spielerinnen haben noch nicht die vollen 100 Prozent aufs Feld gebracht. Das Spiel war etwas zu passiv, zu unentschieden.

Was Sie hier ansprechen, ist die Winnermentalität, die Sie damals, in den goldenen Jahren, in Dietlikon gelebt haben. Gibt es aktuell auch wieder«Chritz» im Einlaufspiel wie zu Ihren Zeiten?
Berner: Für meinen Geschmack noch ein bisschen zu wenig. (lacht) Aber der Sommer ist die harmonischste Zeit. Das wird noch kommen. Ich sehe bereits einige, die schon recht bissig sind.
Brendler: Was ich gut finde, Simone zeigt jetzt schon Grenzen auf. Sie nimmt keine falschen Rücksichten und fordert von allen vollen Einsatz.

Wohin soll dieser Weg führen?
Brendler: Wir haben in den kommenden drei Jahren ein grosses Ziel. Wir wollen wieder Europacup spielen. Und irgendwann im Europacupfinal stehen. Dafür müssen wir aber zuerst Schweizer Meister werden. Nicht unbedingt diese Saison, aber bald. Simone sagt, der Gewinn des Europacups fühle sich noch besser an als ein Weltmeistertitel.
Berner: Ja, der Europacupsieg war mein schönster Erfolg.

Warum?
Berner: Es hat wohl damit zu tun, dass man etwas Grossartiges erreicht mit Mitspielerinnen, die man sehr gut kennt und mit denen man viel Zeit verbracht und Dinge erlebt hat. Die ätzenden Hügelsprints, die endlosen Läufe auf der Bahn, die Teamkrisen. Und dann dieser grosse Triumph. Ich würde es nur zu gerne nochmals erleben.

Interview: Marisa Kuny, Zürcher Unterländer

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Tabellen

1.Floorball Fribourg+4053.000
2.Ad Astra Obwalden+2950.000
3.Kloten-Dietlikon Jets+6548.000
4.UHC Thun+6247.000
5.Unihockey Limmattal-434.000
6.Ticino Unihockey-1430.000
7.UHC Lok Reinach-1630.000
8.I. M. Davos-Klosters-529.000
9.Regazzi Verbano UH Gordola-2723.000
10.UHC Grünenmatt-3919.000
11.UHT Eggiwil-4617.000
12.UHC Sarganserland-4516.000
1.Waldkirch-St. Gallen+6146.000
2.Unihockey Basel Regio+2338.000
3.UH Lejon Zäziwil+3137.000
4.Nesslau Sharks+734.000
5.UH Appenzell+2229.000
6.Chilis Rümlang-Regensdorf+829.000
7.Floorball Uri+1628.000
8.Visper Lions-5312.000
9.UH Red Lions Frauenfeld-339.000
10.UH Zulgtal Eagles-828.000

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