Ausgabe 161, März 2020 - Saison 2019/2020
Grün-Weisses Urgestein
Waldkirch-St. Gallen entwickelte sich im letzten Jahrzehnt vom „Liftklub", der einst zwischen der NLA und NLB pendelte, zu einem ernsthaften Playoffanwärter. Der effektive Schritt über den ominösen Strich gestaltete sich aber schwierig und liess auf sich warten. Am Ende der Qualifikation mussten Roman Mittelholzer und seine Kollegen in den letzten Jahren immer wieder erklären, warum es erneut nicht ganz gereicht hat. Ein Fehlstart hier, ein Einbruch da - etwas fehlte immer. Manchmal war es auch schlicht die Konstellation - die 27 Punkte der letzten Saison hätten diesmal für die Playoffs gereicht, letztes Jahr nur zu Rang 10. Nun aber ist der Bann gebrochen. Die St. Galler hielten sich immer über dem Strich, zeigten keine nennenswerten Tiefs und landeten letztlich mit 33 Punkten auf dem 6. Rang. Die beste WaSa-Saison der Geschichte war in trockenen Tüchern und alle, die in den letzten Jahren Abwerbeversuchen der Konkurrenz widerstanden, durften sich stolz auf die Schultern klopfen. Die Geduld machte sich bezahlt. Das gilt besonders für den Captain und Nationalspieler Roman Mittelholzer. Als Primarlehrer ist Mittelholzer gerade dabei, den neuen Lehrplan umzusetzen, der während des Semsters keine Noten mehr kennt, dafür aber Rückmeldungen und Bewertungen in Worten. In Notenform abgerechnet wird erst am Schluss. Auf den Sport übertragen: Die Bewertungen während der Saison wurden für WaSa während der Saison von Jahr zu Jahr besser, die spielerischen Fortschritte waren offensichtlich. Diesmal stimmte aber auch die Zeugnisnote am Schluss.
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Leseproben zu dieser Ausgabe
Eggiwil für immer
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Schüler Eriksson
Filip Eriksson ist ein noch zur Schule gehender Teenager. Doch der 19-jährige Sirius-Stürmer gilt bereits als einer der besten SSL-Spieler, die das schwedische Unihockey in den kommenden Jahren prägen werden.
Artikel lesenFilip Eriksson ist ein noch zur Schule gehender Teenager. Doch der 19-jährige Sirius-Stürmer gilt bereits als einer der besten SSL-Spieler, die das schwedische Unihockey in den kommenden Jahren prägen werden.
Wir stehen in einem WM-Jahr. Im kommenden Dezember wird Schweden in Helsinki mit erfahrenen Cracks wie Alexander Galante Carlström und Kim Nilsson auf Titeljagd gehen, auch mit etwas jüngeren Kräften wie Albin Sjögren oder Omar Aldeeb. An der WM in Zürich zwei jahre später würde es aber nicht überraschen, wenn einer von Schwedens wichtigsten Spielern Filip Eriksson heissen würde.
Helsinki kommt für den Anfang Februar 19 Jahre jung gewordenen Stürmer noch zu früh. „Ich bin ziemlich sicher, dass ich nicht dabei sein werde. Nationaltrainer Mikael Hill hat noch nicht mit mir gesprochen und so viele Zusammenzüge oder Länderspiele stehen ja nicht mehr an", sagt Eriksson. Bezüglich leiser WM-Hoffnungen war die schwache Saison seines Vereins nicht gerade hilfreich. Letztes Jahr schoss der junge Eriksson Sirius mit 66 Skorerpunkten aus 32 Partien in die Playoffs - diesmal finden die Playoffs ohne Storvretas kleinen Bruder aus Uppsala statt, Sirius hat nach 28 von 32 Runden sogar noch nicht einmal den Ligaerhalt definitiv geschafft.
Skorerwerte im Blick
„Wir hatten hohe Erwartungen und erfüllten diese in keiner Weise", gibt Eriksson zu. Für ihn persönlich gilt das jedoch nicht. Gut, an die Wahnsinns-Zahlen der Saison 2018/19 kam auch er nicht mehr ganz heran, aber auch in der aktuellen Saison lieferte er fast zwei Punkte pro Partie ab. Ende Februar waren es 20 Tore und 25 Assists in 25 Spielen, Rang 14 der SSL-Skorerliste, zwischen klingenden Namen wie Martin Östholm und Alexander Rudd. Der Beweis, dass Erikssons letzte Spielzeit kein einmaliger Ausrutscher war. Er hat Klasse und will diese auch in den kommenden Jahren unter Beweis stellen. Sein Linienkollege Jacob Drews meint gar: „Er kann der Beste der Welt werden."
„Mit meinen Vorstellungen bin ich soweit zufrieden", sagt Eriksson auf die laufende Saison angesprochen, „dass ich die 66 Punkte aus dem Vorjahr gleich toppen würde, war nicht zu erwarten." Dass er seine Skorerwerte sofort aus dem Ärmel schütteln kann, hat einen Grund. Was nur wenige Spieler offen gestehen, ist für ihn kein Problem. „Ja, ich schaue nach jeder Runde auf die Skorerliste", sagt er lachend. „Ich denke, das machen viele. Vielleicht nicht, wenn sie dort auf Platz 147 stehen - aber wenn sie weiter vorne stehen, auf jeden Fall."
Im Fadenkreuz der Gegner
Der leicht tiefere Statistikwert im Vergleich zum Vorjahr hat Gründe. Im Herbst erlitt Eriksson eine Hirnerschütterung und fiel drei Partien aus, danach benötigte er ein paar Spiele, um die Verunsicherung wieder loszuwerden. Zudem waren mittlerweile auch die Gegner über den gefährlichen Teenager im Bilde, sie kümmerten sich intensiver um ihn. „Letzte Saison zeigten die Teams überhaupt keinen Respekt. Sie dachten wohl, das ist ja nur Sirius, die verfügen über keine grossen Namen", blickt er zurück. Das ist nun anders, Eriksson und sein Teamkollege Jacob Drews stehen permanent im Fadenkreuz der Gegner.
„Das ist schon ein krasser Unterschied zur letzten Saison. Jetzt wissen alle, was wir drauf haben - entsprechend werden wir viel härter angegangen", sagt Eriksson. „Ich habe gemerkt, wie mich viele Gegenspieler aus der Balance zu bringen versuchen und entsprechend attackieren. Das ist für mich eine lehrreiche Erfahrung." Er stellt dies ruhig und ohne zu klagen fest. Nicht wie ein Teenager, sondern wie einer, der schon seit Jahren in der SSL unterwegs ist und 1000 Interviews gegeben hat. „Das wurde mir schon oft gesagt und ich nehme das als Kompliment", sagt er schmunzelnd. „Das kommt wahrscheinlich daher, dass ich schon mit 16 Jahren zu den Erwachsenen wechselte und immer von älteren Spielern umgeben war. Von ihnen konnte ich viel lernen."
Stille Stunden im Auto
Filip Eriksson spielte schon immer mit den Älteren und dominierte trotzdem. „Ich war eigentlich immer der Star des Teams. Die Teamkollegen und Gegner waren meistens zwei Jahre älter, grösser und physisch stärker als ich - so musste ich mich ständig pushen, um besser zu werden und mich durchsetzen zu können", so Eriksson.
Er begann als 6-Jähriger bei Björklinge, einem Verein aus einem kleinen Dorf nördlich von Uppsala, und mochte den Sport ab der ersten Ballberührung. „Mein Vater brachte mich in ein Training und von da an war es mein Traum, in einer Sportarena zu spielen", erinnert er sich. Obwohl der Vater bald einmal dachte, sein Sohn wolle etwas zu oft zum Sport, engagierte er sich als Trainer des Teams. Das blieb so, bis Filip als 13-Jähriger zu Sirius wechselte.
„Es war einerseits schön, den Vater als Trainer zu haben. Andererseits aber auch schwierig, von ihm mitten im Spiel kritisiert zu werden - ich reagierte auf seine Kritik ab und zu auf eine Weise, die ich mir heute bei keinem Trainer mehr leisten könnte", sagt Eriksson. Dies führte gelegentlich zu stillen Stunden im Auto auf der Heimfahrt. Keiner der beiden war in der Stimmung, mit dem anderen zu sprechen.
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Inhalt
Kurznews
Pingpong mit Laura Quattrini (Wizards) und Deny Känzig (Wiler). erster Topskorer in Grün, abgesagte WM-Quali in Asien. Dazu wird gut gebrüllt.
Grün-Weisses Urgestein
Seit zwei Jahrzehnten schnürt Roman Mittelholzer seine Schuhe für WaSa und bereits hat er einen Vertrag für die kommenden fünf Jahre unterzeichnet. Die erste Playoff-Qualifikation des Vereins belohnt ihn für seine Treue.
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Der Schüler
Filip Eriksson ist ein noch zur Schule gehender Teenager. Doch der 19-jährige Sirius-Stürmer gilt bereits jetzt als einer der besten SSL-Spieler.
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Leidenschaftliche Anhänger sind für jede Sportart essenziell. Wie sieht es mit der Fankultur im Unihockey aus?
Bittere Stille
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