Ausgabe 172, Februar 2021 - Saison 2020/2021
Das Vorbild
Dass Iza Rydfjäll einmal in der Schweiz spielen würde, stand so nicht auf ihrem Karriere-Plan. Zwar gab es gelegentlich Interesse von Schweizer-Klubs, konkret wurde die Angelegenheit aber nie. Als sie 2018 vom Spitzensport zurücktrat, schien das Thema endgültig erledigt. Doch dann erreichte sie ein Anruf von Alice Granstedt, einer ihrer besten Kolleginnen, bei IKSU fünf Jahre lang ihre vertraute Mitspielerin. Die Stürmerin stand kurz vor einem Engagement bei den Kloten-Dietlikon Jets, wollte den Wechsel ins Ausland jedoch nicht alleine in Angriff nehmen und fragte deshalb Rydfjäll, ob sie mitkommen möchte. Es blieb nicht viel Zeit, um sich Gedanken zu machen, der Entscheid drängte. «Ich hörte von vielen Leuten, dass die Schweiz ein tolles Land sei», erzählt Rydfjäll, «und was mir Alice berichtete, klang nach einem spannenden Abenteuer. Ich dachte also: jetzt oder nie - und sagte zu.» Danach ging alles sehr schnell. Job künden, Wohnung aufgeben, Umzug vorbereiten. Als die Jets im Sommer die Verpflichtung der beiden Schwedinnen bekannt gaben, waren die Erwartungen riesig. Schliesslich holten sie 2017 gemeinsam den Weltmeistertitel und gehörten zu den Eckpfeilern beim Vorzeigeverein IKSU. Kurz vor dem Supercup 2019 kam das Weltklasse-Duo in Zürich an. Rydfjäll muss herzhaft lachen, als sie an das erste Training mit den Jets denkt. Der Stress in den Wochen zuvor und die Aufregung waren so gross, dass sie auf dem Feld keine besonders gute Figur abgab. «Meine neuen Teamkolleginnen dachten wohl, dass Doppelgängerinnen von uns verpflichtet wurden», kann die Verteidigerin im Nachhinein über sich selber lachen.
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Leseproben zu dieser Ausgabe
Roman in schwarzer Tinte
Der 36-jährige Verteidiger Roman Pass ist von den Füssen bis zum Nacken tätowiert. Der Este kam vor zwölf Jahren in die Schweiz und fand bei Floorball Fribourg unerwartet eine letzte Station als Spieler.
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Der König tritt ab
Der Beste aller Zeiten tritt nach 24 Jahren ab. Mika Kohonen beendet seine Laufbahn mit 43 Jahren endgültig - nach vier Weltmeistertiteln und einer mit Rekorden gepflasterten Karriere.
Artikel lesenDer Beste aller Zeiten tritt nach 24 Jahren ab. Mika Kohonen beendet seine Laufbahn mit 43 Jahren endgültig - nach vier Weltmeistertiteln und einer mit Rekorden gepflasterten Karriere.
Lassen wir zunächst die Zahlen sprechen. Mika Kohonen bestritt 1998 seine erste Weltmeisterschaft in Tschechien - und danach alle weiteren zehn Titelkämpfe bis und mit 2018, wo sich in Prag der Kreis schloss. Dabei holte er an total elf Weltmeisterschaften viermal Gold, fünfmal Silber und zweimal Bronze. Niemand hat mehr WM-Partien bestritten als er (60) und er wurde fünfmal ins Allstar-Team berufen. In 197 Länderspielen für Finnland buchte er 255 Skorerpunkte (86 Tore, 169 Assists).
Bis heute ist er ewiger Topskorer der SSL mit 1053 Punkten, obwohl er erst als 23-Jähriger nach Schweden wechselte und auch danach noch in seiner Heimat für Happee und SPV spielte. In der SSL holte er vier Meistertitel und gewann zweimal den Champions Cup. Fünfmal wurde Mika Kohonen zum besten Spieler der Welt ausgerufen.
Bombastischer Rookie
Als Kohonen von einem Freund ein erstes Mal in ein Unihockeytraining entführt wurde, träumte er noch von einer Profikarriere in der NHL oder in der spanischen La Liga. Bis er 17 Jahre alt war, spielte er vor allem Eishockey und Fussball, ehe er sich aufs Unihockey konzentrierte.
Als er im Jahr 2000 nach erst drei Jahren in der höchsten finnischen Liga nach Schweden zu Balrog wechselte, schlug er wie eine Bombe ein. Als Rookie sammelte er in der ersten Saison bis heute unerreichte 107 Skorerpunkte (39 Tore, 68 Assists). Dank Kohonen wurde aus Balrog eine Marke - der Verein aus Stockholm erreichte in vier Jahren zweimal den Halbfinal, einmal den Final und gewann einmal den Titel. Im siegreichen Final tat Kohonen das, was er am besten kann - er bereitete drei Treffer vor, den letzten zwölf Sekunden vor Schluss zum Siegtreffer.
Es war der Anfang einer langen Karriere im Mutterland des Unihockeysports. Und wenn ein Finne in Schweden ehrfürchtig König gerufen wird, bedeutet dies, das er alles richtig gemacht haben muss.
Die goldene Zeit
Nach der Balrog-Ära bestritt Kohonen eine Saison in der alten Heimat bei Happee, um gleichzeitig den Militärdienst zu absolvieren. Seine damals 103 erzielten Skorerpunkte sind in Finnland bis heute Rekord. Auf die Saison 2005/06 wechselte er zum populären, bis dahin aber sportlich notorisch erfolglosen Storvreta und machte auch das Team aus Uppsala zu einem Spitzenteam.
Der erste Block Storvretas ist die wohl legendärste Formation überhaupt - die Verteidiger Mattias Samuelsson und Jesper Berggren hinten, vorne Mika Kohonen, Hannes Öhman und wechselnde Flügel wie Henrik Stenberg oder Fredrik Holtz dominierten das Geschehen. Vor allem das blinde Verständnis mit Sturmpartner Öhman war etwas für Unihockey-Romantiker - das perfekte Timing zwischen Vorbereiter Kohonen und Sniper Öhman grenzte an Poesie. In zehn Saisons in Uppsala erlangte er Kultstatus. Es war nicht nur die goldene Zeit im Verein (von 2007 bis 2012 fünfmal zum besten Center der SSL gewählt). Bei Finnlands ersten Weltmeistertiteln von 2008 sowie 2010 war Kohonens Karriere auf dem absoluten Höhepunkt.
Die langen Jahre mit sehr viel Spielzeit gingen an seinem Körper aber nicht spurlos vor. Knie, Hüfte, der Rücken - alles wurde in Mitleidenschaft gezogen. Die Beschwerden führten zu Schlafstörungen, Depressionen, einem Burnout. Wenn der Körper eines Profis nicht mehr mitmacht, stellen sich unangenehme Fragen nach der Zukunft - und Kohonen konzentrierte sich ab dem 20. Lebensjahr voll aufs Unihockey. Mit dem Thema Depression ging Mika Kohonen sehr offen um und sprach darüber auch in den Medien. Überhaupt war „Mihu" im Umgang mit der Presse immer ein Vollprofi. In aller Regel war er der letzte Spieler, der die Mixed Zone verliess, weil er - ob Sieg oder Niederlage - allen Medien geduldig und ausführlich Auskunft gab. Er verstand, dass dies zum Spiel gehört, während sich andere gerne vor Interviews drücken oder möglichst rasch in die Garderobe verschwinden.
Den ganzen Text lesen Sie in der gedruckten Ausgabe.
Inhalt
Kurznews
Vanessa Kapp als Nationalspielerin wider Willen, Vater ohne Sohn, Rücktritt vom Rücktritt. Dazu wird gut gebrüllt.
Iza Rydfjäll
Ein Anruf ihrer Kollegin Alice Granstedt brachte Iza Rydfjälls Karriere, die bereits beendet war, wieder ins Rollen. Die vierfache Weltmeisterin besticht mit ihrem schnörkellosen Spiel auf Weltklasse-Niveau.
Iza Rydfjäll ziert das Cover der Februar-Ausgabe. (Bild: André Burri)
Pingpong
unihockey.ch nimmt es mit Ronja Bichsel (Piranha Chur) und Tatu Väänänen (SV Wiler-Ersigen) kurz persönlich.
Doppeltes Comeback
Mit Marc-Oliver Gerber und Thomas Gfeller fehlten den Tigers über längere Zeit zwei wichtige Spieler aus unterschiedlichen Gründen. Beide wissen, dass sie viel investieren müssen, um auf ihr altes Level zurückzufinden.
Keine Kurzarbeit
Die letzten Länderspiele fanden vor mehr als einem Jahr statt. Nationaltrainer David Jansson geht die Arbeit trotzdem nicht aus. Ein Gespräch am Flughafen zwischen dem Nati-Camp in Schaffhausen und der beschwerlichen Heimreise nach Schweden.
David Jansson, Nationaltrainer in Corona-Zeiten. (Bild: Damian Keller)
Ein Roman in schwarzer Tinte
Roman Pass ist von den Füssen bis zum Nacken tätowiert. Der Este fand bei Fribourg eine letzte Station als Spieler.
Maskenball
An Zuschauer und Trainer mit Maske haben wir uns gewohnt. Wenn Masken den Weg bis auf den Platz finden, ist das neu.
Gekommen um zu bleiben?
Rund 40 Spielerinnen und Spieler sind mit einer temporären Doppellizenz in der NLA unterwegs. Wer will oder darf bleiben? Wir nehmen vier Direktbetroffene unter die Lupe.
Luca Rizzi (r.) gehört zu den NLB-Spielern, die NLA-Luft schnuppern. (Bild: André Düsel)
Der König tritt ab
Mika Kohonen beendet seine Laufbahn mit 43 Jahren - nach vier Weltmeistertiteln und einer mit Rekorden gepflasterten Karriere. Eine Hommage an den "GOAT".
Faluns Traumfabrik
Nichts weniger als das beste Unihockeyteam der Welt will IBF Falun auf die Beine stellen. An Ambitionen und Selbstvertrauen fehlt es dem Verein nicht.