09.
Starensemble zu Gast in Winterthur
Der HCR bekommt es bei seinem Champions-Cup-Abenteuer mit dem tschechischen Meister Mlada Boleslav zu tun. Der Finalist des Vorjahres bringt ein Starensembe mit nach Winterthur und wird eine hohe Hürde.
Florbal Mlada Boleslav hat eine äusserst erfolgreiche Saison hinter sich. Im Champions Cup eliminierten die Tschechen zuerst den Schweizer Meister Zug United (3:1 und 10:4), dann den finnischen Cupsieger Nokian KrP (8:5 und 7:6). Als „Belohnung" wurde das Finalspiel nach Mlada Boleslav vergeben. Der Verein schaffte es in kürzester Zeit, die lokale Eishalle bis auf den letzten Platz zu füllen - vor ausverkauftem Haus (3328 Fans) wurde Pixbo IBK zumindest zwei Drittel lang paroli geboten, bis der 9:6-Erfolg der Schweden Tatsache war. Es brauchte einen Oskar Weissbach in Hochform, der mit acht (!) Skorerpunkten für den Unterschied sorgte.
Nach dem internationalen Silber holte sich „Bolka", wie Mlada Boleslav im Volksmund genannt wird (ähnlich wie „Winti"), im April in der heimischen Superliga Gold. Vor 14'509 Zuschauern in der Prager O2-Arena wurde Titelverteidiger Tatran Stresovice mit 7:4 bezwungen.
Die Macher aus der Autostadt
Nachdem Serienmeister Tatran erst aus Ostrava (Vitkovice) Konkurrenz bekam, entwickelte sich auch das 1998 gegründete Mlada Boleslav in den letzten Jahren immer mehr zum Spitzenteam. Als Macher zeichnet sich dabei seit Jahren der General Manager Tomas Pacak aus, dem es gelang, den Verein aus der Skoda-Stadt laufend mit aktuellen und zukünftigen Stars zu verstärken. Als einer der wenigen Vereine der Superliga verfügt Mlada Boleslav auch über die finanziellen Möglichkeiten, ausländische Spieler zu verpflichten. So etwa letzte Saison die in der Schweiz bekannten Iiro Lankinen (ex Thurgau und Malans, mittlerweile weg) und Joakim Lund (ex WASA, noch da).
Mlada Boleslav ist seit 130 Jahren der Hauptsitz von Skoda. 1895 als Velofabrik gegründet, verliess im Jahr 1905 das erste Auto das Werk. Die Stadt zählt knapp 50'000 Einwohner, im Skoda-Hauptwerk sind rund 20'000 Menschen beschäftigt. Die Übersetzung von Skoda (Deutsch: Schaden) mag für die populären Autos unglücklich klingen, aber sportlich ist Florbal Mlada Boleslav längst daran, allen Gegnern massiven Schaden zuzufügen.
Klasse, Erfahrung und Talent
Bei vielen Teams reicht es, die drei oder vier grössten Stars vorzustellen, mit denen das Spiel ihrer Mannschaft steht und fällt. Bei Mlada Boleslav kommt man damit nicht weit. Wir teilen in Gruppen ein.
Die Internationalen
An den World Games in China stellte „Bolka" mit Torhüter Lukas Bauer (in jungen Jahren zwei Saisons bei Grünenmatt), den Verteidigern Adam Hemerka und Filip Zakonov sowie den Stürmern Adam Delong und Dominik Benes ein Quintett, das Bronze gewann und dabei die Schweiz im kleinen Final deutlich schlug. Mit Jiri Besta steht ein weiterer Nationalspieler im Kader, der die letzte WM bestritt. Der für die World Games aufgebotene Lukas Puncochar verlässt den Verein Richtung SSL - ein Hindernis weniger für den HCR.
Die Altinternationalen
Neben dem halben Dutzend aktueller Nationalspieler stellt Mlada Boleslav viel zusätzliche Routine. Die Ü30-Fraktion um Patrik Suchanek (34), Milan Tomasik (37) - beide mit IBK Dalen einst im SM-Finalen - und Martin Tokos (34, ex Chur und Falun) bringt nichts aus der Ruhe. Tomasik war letzte Saison der fünftbeste Skorer der Superliga.
Die Youngsters
Am anderen Ende der Altersskala finden wir ein halbes Dutzend U19-Internationale, die im Mai in Zürich die Schweiz im Halbfinal auseinandernahmen und im Final gegen Finnland erst in der Verlängerung am dritten U19-WM-Titel vorbeischrammten. Dabei gehörten die 18-Jährigen Martin Feigl, Jakub Varecha und Filip Bergman schon letzte Saison zu den Stammkräften in der Superliga - während der ein Jahr jüngere Mikes Motejzik - in Zürich ins Allstar-Team gewählt - bis jetzt noch gar nicht offiziell zum Kader gehört. Die „Bolka Academy" produziert hochwertigen Nachwuchs am Fliessband.
Zum Dessert
Welcher der bisher erwähnten Cracks war letzte Saison wohl Mlada Boleslavs Topskorer? Achtung, Fangfrage: Es war keiner von ihnen. Michal Sladek (25) buchte in 35 Ligapartien 50 Tore und belegte mit 70-Quali-Punkten Rang 3 der Skorerliste.
Auf Rang 1 platzierte sich Stürmer Vojtech Wiener, der für das Mittelfeldteam Liberec sogar 82 Punkte sammelte. Und wo spielt der 22-Jährige in der neuen Saison? Natürlich bei Mlada Boleslav. Der hat gerade noch gefehlt.
Und der HCR?
Die Winterthurer haben sich ihr Champions-Cup-Abenteuer mit dem Cupsieg im letzten Februar verdient. Um gegen Mlada Boleslav bestehen zu können, wird es aber im Vergleich zum Saisonauftakt gegen Floorball Thurgau eine massive Leistungssteigerung brauchen.
„Mlada Boleslav wird darauf brennen, sich an mir zu revanchieren", sagt Oskar Weissbach. Im Januar 2025 war der Schwede im Final mit acht Punkten der Mann des Spiels. Auf seinen ersten Treffer im Dress des HCR wartet er aber noch immer - im Supercup, in der Liga gegen Thurgau und im Cup gegen die Bern Capitals blieb er noch ohne Erfolgserlebnis.