04.
2018
Stellas letzter Kampf
Tanja Stella bestreitet am Sonntag ihren dritten persönlichen Superfinal. Mit dem UHC Dietlikon will sie den im Vorjahr gewonnen Titel verteidigen. Das Spiel gegen Piranha wird der letzte grosse Auftritt der 104-fachen Nationalspielerin auf Klubebene sein.
Am 3. Dezember des vergangenen Jahres bestritt Tanja Stella anlässlich der WM in Bratislava gegen Deutschland ihr 100. Länderspiel. Nach Simone Berner, Natalie Stadelmann und Mirca Anderegg ist sie erst die vierte Schweizerin, die den Sprung in den «100er-Club» geschafft hat. Damit gehört Stella zu den erfahrensten Spielerinnen der Liga. Zu viel hat die Zürcher Unterländerin in ihrer (langen) Karriere erlebt, um einige Tage vor dem Superfinal nervös zu werden.
Gestählt durch die SSL
Die verzweifelten Angriffsversuche, auch nur eine Spur von Nervosität aus ihr heraus zu kitzeln, blockt Stella allesamt souverän ab. Zitternde Knie wegen der imposanten Zuschauerkulisse? «Ist ja nicht das erste Mal, man gewöhnt sich daran - mich spornt das zusätzlich an». Vor dem Superfinal zwei Wochenende ohne Ernstkampf? «Mit dem best-of-5-Modus in den Playoffs sind wir uns das gewohnt.» Mühsame Verschiebung von Samstag auf Sonntag? «Das einzige was sich ändert, ist, dass wir am Freitag statt Donnerstag trainieren.» 12:00 Uhr eine zu frühe Anspielzeit? «Früh ins Bett, früh aufstehen, Kafi mit einem üppigen Morgenessen - los geht's». Für alles hat Stella ein paar Tage vor dem entscheidenden Meisterschaftsspiel den Konter bereit. Die Verteidigerin kann schliesslich auf einen grossen Erfahrungsschatz zurückgreifen.
Gleich fünf Jahre verbrachte sie in der schwedischen Superliga, absolvierte 132 Partien für Endre IF. Mit 17 Jahren bestritt sie ihr erstes Länderspiel, gehörte danach an fünf Weltmeisterschaften zum Schweizer Kader. Mit dem UHC Dietlikon gewann sie je fünf Mal die Meisterschaft und den Cup, dazu zweimal den Europacup. Am Sonntag, fünf Tage nach ihrem 30. Geburtstag, könnte also ein weiterer Titel folgen. Dietlikon gegen Chur lautete die Finalpaarung der letzten sieben Jahre. Auch Stella hat etliche hartumkämpfte Duelle gegen die Bündnerinnen hinter sich. «Mag sein, dass es für die Zuschauer und die Medienvertreter eintönig wird. Für uns sind es aber immer noch die besten Spiele», sagt sie.
Letzte Reise nach Finnland
Gegen den sechsfachen Meister reicht eine durchschnittliche Leistung nie, alle Spielerinnen müssen an ihre Leistungsgrenze gehen. «Man darf sich kaum einen Fehler erlauben, weil sie ihn meistens bestrafen», ergänzt Stella mit ihren gemachten Erfahrungen. Die beiden Teams trafen in den vergangenen Jahren so oft aufeinander, dass man keine Geheimnisse mehr voneinander hat. «An ihrer Spielweise hat sich nicht viel geändert. Wir wissen, was sie gut können, aber auch wo sie verwundbar sind». Die letzte Endspielniederlage im Supercup will Stella nicht überbewerten. «Damals hatten wir unseren Fokus bereits auf dem Champions Cup. Sie machten dagegen mit drei Linien Druck.» Am Ende fügt sie noch an, dass Chur durch die Rückkehr von Corin Rüttimann und Katrin Zwinggi doch etwas an Substanz gewonnen habe. Sie freut sich jedoch schon auf die Zweikämpfe gegen ihre Nati-Kolleginnen.
Zweikämpfe. Das ist sowieso etwas, dass der Verteidigerin liegt. Wie kaum eine andere in der Schweiz weiss sie, wie sie ihren Körper in diesen richtig einzusetzen hat. Sie scheut sich vor nichts und fährt ihren Gegenspielerinnen unter die Haut. Stella verfügt jedoch auch über eine hohe Spielintelligenz und eine saubere Technik. Das macht sie polyvalent einsetzbar, weshalb Simone Berner sie zuletzt als Center in der Paradeformation neben Michelle Wiki und Isabelle Gerig laufen liess. «Auf die letzten Tage soll ich wohl noch Tore schiessen», witzelt Stella. Nur zu schön wäre es, wenn sie im Superfinal vom Sonntag - ihrem letzten Spiel auf Klubebene - treffen würde. «Doch dafür müsste ich mir zuerst noch einen entsprechenden Torjubel ausdenken», fügt sie lachend an.
Falls es am Sonntag nicht klappt, könnte sie diesen allenfalls noch eine Woche später an der EFT in Finnland vorführen. Dort wird Tanja Stella mit der Schweiz ihre Länderspiele 105 bis 107 absolvieren und damit Mirca Andereggs dritten Platz im ewigen Schweizer Kader einnehmen. Danach soll aber definitiv Schluss sein - trotz verlockender Aussichten auf die Heim-WM 2019. «Stand jetzt, ist das so.»
An der WM in Bratislava schaffte Tanja Stella den Sprung in den "100er-Club". (Bild: Fabian Trees)