10.
2013
30-jährige Leidenschaft
Unihockey. 30 Jahre Unihockey im Zürcher Unterland die Kloten-Bülach Jets begehen das Jubiläum übermorgen Samstag in der Ruebisbachhalle. Einer der ersten Stunde ist André Jaunin und sein Sohn Yannick steht in der aktuellen NLA-Equipe der Jets.

«Wenn mir jemand damals gesagt hätte, dass im Dezember 2012 der Final der Unihockey-WM der Männer im ausverkauften Zürcher Hallenstadion ausgetragen wird und das Schweizer Fernsehen ihn live überträgt, hätte ich nur den Kopf geschüttelt», sagt André Jaunin und wirkt dabei noch immer fast etwas ungläubig. 1983 war es, als sich der damals 16-jährige Klotener immer wieder sonntags in der Sporthalle des Zentrums Schluefweg einfand. Er und seine Kolleginnen und Kollegen aus dem Quartier spielten mal Basketball, mal Hallenfussball, frei und zwanglos, ohne Trainer, Verein und Meisterschaften. Bis Marcel Schweri, einer von ihnen, Stöcke aus Kunststoff sowie Bälle mitbrachte und von einer neuen Sportart namens Unihockey erzählte, die man doch gemeinsam ausprobieren könnte.
Nachdem ihnen die ersten Schüsse auf die Tore, in die sie die Schwedenkästen kurzerhand umfunktioniert hatten, solch grosse Freude bereiteten, fanden sie sich bald einmal im Materialraum zu einer ernsten Sitzung zusammen. «Marcel hat uns etwas von Turnieren erzählt, an denen wir mitspielen könnten, unter der Voraussetzung, dass wir einen Verein gründen», berichtet Jaunin. Gesagt, ge-tan und dank der Unterstützung der Eltern, die für ihre zum Grossteil noch nicht volljährigen Unihockey-Gründerväter die nötigen Unterschriften leisteten, war der UHC Kloten geboren. «Das war in etwa zeitgleich mit den Giants Kloten», verrät Jaunin, «von denen wir aber gar nicht wussten, dass es sie gibt.» Der unbekannte Lokalrivale aus dem fernen Hinterwiden-Schulhaus war da sportlich schon einen Schritt weiter.
Ranglisten im Verborgenen
Die Giants Kloten hatten sich in den Qualifikationsturnieren, welche der damals noch federführende Landhockey-Verband 1982 organisiert hatte, um aus den besten zehn Teams eine NLA zu bilden, durchgesetzt. Sie gründeten fernab von Jaunin, Schweri und Co. ihren Klub, um damit eine Vorgabe des Verbands zu erfüllen. Von alledem ahnte André Jaunin zu dem Zeitpunkt noch wenig bis nichts. «Wir sind dann einfach an diese Turniere gefahren, ich habe bis zuletzt gedacht, es seien eher Plauschanlässe, eine Art Grümpi», erzählt der heute 46-Jährige schmunzelnd. An mehreren solcher Qualifikationsrunden landeten die acht Spieler des UHC Kloten auf dem «5. bis 8. Platz von 30 Mannschaften», wie Jaunin sagt. «Eine Rangliste haben wir lange nicht zu sehen bekommen.»
Die ersten Turnierauftritte reichten zum Einzug in die Finalrunde. Dass diese aus zwölf Mannschaften bestand, machte ihn zunächst stutzig. «Plötzlich hat es dann geheissen, dass die besten zwei nächstes Jahr die NLA-Absteiger ersetzen und die anderen die NLB bilden.» Am entscheidenden Tag dann wuchsen die Klotener über sich hinaus, gewannen die meisten Partien, und fanden sich schliesslich «dank des besten Torverhältnisses aus den Direktbegegnungen von drei punktgleichen Mannschaften», wie Jaunin erinnert, auf dem 2. Platz und somit in der höchsten Unihockey-Liga des Landes wieder.
«So etwas wie Taktik hat es damals auf dem kleinen Spielfeld sowieso nicht gegeben», erzählt André Jaunin. Die Technik, einzelne Übungsformen, ja sogar das Regelwerk all das hätten sie damals noch selbst entwickeln müssen. «Genau das hat aber den Reiz ausgemacht, man musste richtiggehend Pionierarbeit leisten und viele haben das gerne getan.»
Unihockey-Virus in der Familie
Als wild und rebellisch möchte André Jaunin die Unihockey-Gründergeneration aber nicht beschreiben. «Wir waren nicht so wie die frühen Skater oder die ersten Snowboarder», sagt Jaunin, «einige der ersten Spieler waren Sportlehrer, Lehrer oder Studenten.» Ein wenig stolz sei er schon darauf, als langjähriger Aktiver, Juniorentrainer und Vorstandsmitglied in verschiedenen Funktionen im UHC, ab 1992 im Fusionsverein UHC Giants Kloten und auch noch beim im Jahr 2000 durch die Fusion mit den Hornets Bülach entstandenen Kloten-Bülach Jets zur rasanten Entwicklung seines Sports beigetragen zu haben. Heutzutage gilt dieser mit rund 440 Vereinen, 2000 Teams und 20?000 Aktiven als drittgrösste Mannschaftssportart der Schweiz.
André Jaunin hat den Unihockey-Virus auch an seine Kinder weitergegeben. Yannick, der Älteste, geht aktuell für das Jets-Fanionteam in der NLA auf Torejagd, und seine Schwester Leonie stürmt mit den Hot Chilis Rümlang-Regensdorf derzeit an der Tabellenspitze der NLB. Einzig die 18-jährige Tonja, die Jüngste, schlägt als 2.-Liga-Fussballerin im FC Kloten etwas aus der Reihe.
Beim Interviewtermin im Café der Ruebisbachhalle, der heutigen Heimstätte der Kloten-Bülach Jets, muss Yannick Jaunin immer wieder schmunzeln, wenn er den Erzählungen seines Vaters lauscht. Bei ihm ging von Anfang an alles schon sehr viel professioneller zu und her: «Als ich mit etwa zehn Jahren bei den C-Junioren angefangen habe, hatten wir schon richtige Trainer, haben systematisch trainiert, und auch das Material hat sich seither nur noch leicht weiterentwickelt.»
Mit Tipps und Ratschlägen hält sich sein Vater übrigens bewusst zurück. Zu viel habe sich in den rund zehn Jahren, die er nun nicht mehr als Juniorentrainer tätig ist, verändert, erklärt André Jaunin. Das Wichtigste hat er seinem Sohn aber ohnehin von klein auf vorgelebt: Die grosse Leidenschaft für seinen geliebten Sport. Um in der NLA mitzuspielen, ist heutzutage zwar weniger Pioniergeist, aber angesichts von vier Trainings pro Woche und von Meisterschaftsspielen an praktisch jedem Wochenende zwischen Mitte September und Ende März sehr viel Herzblut der Akteure gefragt. Geld zu verdienen gibt es trotz des hohen Aufwands neben dem Beruf nicht. Das hat sich auch in den 30 Jahren Unihockey im Unterland nicht geändert.