09.
2006
CH-Cup Herren: Und wieder mit viel Mühe
Mit dem wenig gastfreundlichen Transparent „Welcome to hell“ begrüssten die Fans von Floorball Thurgau die Gäste aus dem Aargau zur Affiche im Cup-Sechzehntelfinale in der Weinfelder Paul-Reinhard-Halle. Bereits im Vorfeld der Partie kündigten die Ostschweizer den grossen Willen zur Realisierung der Sensation im k.o.-Wettbewerb an. Schon sehr bald nach dem Anpfiff zeichnete sich dann auch ab, dass der Unterklassige, letztjähriger Gegner Loks in der Meisterschaft der Nationalliga B, nicht gewillt war, Geschenke zu verteilen. Während ganzen zwei Dritteln verwandelte Thurgau das Spielfeld in eine „Forechecking-Hölle“. Zeitweise entstand gar der Eindruck, die Hausherren seien mit einem Mann mehr zugegen, so omnipräsent agierten sie. Die Stürmer rückten auf, setzten Reinachs Aufbau unter Druck, zogen ein agressives und aufsässiges Unterbinden der Reinacher Angriffsbemühungen auf. Die Mechanismen der Ostschweizer griffen ineinander, die Pässe liefen über viele Stationen, nur gerade der Abschluss war nicht optimal. Oder Patrick Wiederkehr, der 26jährige Reinacher Goalie hielt dagegen. Doch die drückende Ueberlegenheit von Floorball Thurgau schlug sich dann doch auch in Zahlen nieder, erst recht, als Roger Gerber in der 26.Minute zum 2:0 traf. Und wo war Lok ?
Ideenlos in der Angriffsauslösung
Eines vorweg: Der Einsatz der Schneckenburger-Truppe stimmte. Daran lag es bestimmt nicht, dass die Partie bis anhin so einseitig verlief. Vielmehr wurde der Aufbau Reinachs von dem wohl in dieser Intensität unerwarteten Forechecking der Gegner überrascht, es fehlten die zündenden Ideen, und löste man sich mal aus der Umklammerung, führten ungenaue Pässe zu unnötigen Ballverlusten. Nach zwei, drei Stationen war jeweils Schluss mit der Reinacher Herrlichkeit. Auch Wyders und Luokkanens Einzelvorstösse endeten oft im Niemandsland. Dennoch war es dann dem agilen Wyder gegönnt, nach 37 Minuten den Anschlusstreffer zum 2:1 zu erzielen. Langsam gelang es Lok, das Geschehen in den Griff zu kriegen. Diametral dagegen sprechend und psychologisch im ungünstigten Moment – dachte man – dann das 3:1 durch Schadegg kurz nach Wiederbeginn in der 41.Minute. Die Reaktion Reinachs folgte sogleich: Der schwedische Neuzugang Martin Magnusson traf aus 15 Metern mit einem flachen Eckschuss zum 3:2. Nun suchte Lok das Heil in Konterattacken anstatt das Spieldiktat an sich zu reissen. Wieder fehlten die zündenden Ideen obwohl Thurgau zu schwächeln begann, sodass Lok-Trainer Schneckenburger mittels Time-out seine Mannen ins Gebet nahm. Da kam dann auch gleich die Zweiminutenstrafe gegen Thurgaus Widmer zum richtigen Zeitpunkt. Im Powerplayblock standen nun gleich drei der vier Lok-Schweden auf dem Feld, dazu Offensivvirtouse Gaido. Mustergültig zirkulierte der Ball – Luokkanen, zweifelsohne der beste Feldspieler Loks an diesem Abend – schloss auf Pass von Magnusson mit dem Tor zum 3:3 ab. Die erstmalige Führung Loks nach 59 Minuten hielt aber nur wenige Sekunden, sodass das 4:4 die Mannschaften in die Verlängerung zwang. Die zusätzlichen fünf Minuten ohne entscheidende Szenen führten unweigerlich zum Penaltyschiessen, wo schlussendlich Luokkanen nach insgesamt 14 Versuchen von beiden Seiten als einziger Torschütze feststand und Reinachs Sonderschicht mit dem knappst möglichen Sieg krönte.
Fragezeichen wegen Loks Potential
Wenige Tage vor Meisterschaftsbeginn irritiert Lok. Da sind einerseits die ermutigenden Leistungen in den Testsspielen gegen gleichklassige Mannschaften. Andererseits die zwar erfolgreichen, aber wenig überzeugenden Auftritte im Cupwettbewerb. Was sich abzuzeichnen beginnt, ist, dass Lok nach wie vor nicht als Spiel machende Mannschaft auftritt. Diese Erkenntnis ist nicht neu und zog sich auch wie ein roter Faden durch die ganze letzte Saison, welche im triumphalen Aufstieg in die NLA gipfelte. Nur: Gegner wie Wiler-Ersigen, Chur, Grasshoppers und wie sie alle heissen sind andere Kaliber als die letztjährigen Kontrahenten. Die Angriffswellen der Spitzenteams dürften ungleich effizienter sein als die eines Kalibers wie demjenigen am letzten Wochenende. Das Boxplay allerdings scheint sich zu einer Stärke zu entwickeln: Lok kam nie auch nur annährend in Gefahr gegen Thurgau, in Unterzahl ein Tor zu kassieren. Nicht einmal eine einzige Chance gestand man dem Gegner in jenen 4 Minuten zu. Seis drum. Man darf jedenfalls gespannt sein, mit welcher Taktik Beat Schneckenburger seine junge Truppe in die Mission „Ligaerhalt“ schickt.
Floorball Thurgau (NLB) – Lok Reinach (NLA) 4:5 n.P. (1:0,1:1,2:3,0:0)
Paul-Reinhard-Halle, Weinfelden - 140 Zuschauer
SR: Güpfert/Servodio.
Tore: 7. Kradolfer 1:0, 25. R.Gerber 2:0, 37. Wyder (Christen) 2:1, 41. Schadegg (P.Gerber) 3:1, 42. Magnusson (Hedlund) 3:2, 54. Luokkanen 3:3, 59. Rossier (Gaido) 3:4, 59. Schadegg 4:4
Penaltyschiessen: Gaido (Reinach) daneben, Wiederkehr hält (Fuchs, Thurgau), Oertig hält (Hedlund), Kradolfer daneben, Oertig hält (Pappi), Wiederkehr hält (Moschen), Oertig hält (Luokkanen), Wiederkehr hält (Hovivuori), Oertig hält (Wyder), Bötschi daneben, Oertig hält (Gaido), Kradolfer an den Pfosten, Luokkanen 0:1, Wiederkehr hält (Hovivuroi)
Strafen: Thurgau 1x2', Lok Reinach 2x2'
Thurgau: Oertig; Kradolfer, Lieberherr, Wälchli, Scherrer, Moschen, Hovivuori; Schadegg, Bötschi, S. Fuchs, Wenk, Mahler, R.Gerber, P.Gerber, Widmer, Wolfer
Lok Reinach: Wiederkehr; Schnidrig, Ramseier, Magnusson, Binder, Kölliker, De Icco, Kaufmann; Dätwyler, Hedlund, Pappi, Wyder, Luokkanen, Geiger, Christen, Rossier, Gaido
Bemerkungen: Reinach ohne Hafner (rekonvaleszent) und Jansen