Das Juwel
Unser Fotograf Erwin Keller ist im Stress. Die ganze Nacht stand er für die Feuerwehr Vorderprättigau bei einem Grossbrand im Einsatz und nun spinnt die Nebelmaschine in seinem Fotostudio. Röchelnd spuckt die kleine Maschine vereinzelt Nebelschwaden aus. Der Effekt auf den Fotos ist nur halbwegs gelungen, am Schluss steht aber der ganze Raum im Nebel und es stinkt wie in der Dorfdisco. Und mittendrin steht der Malanser Verteidiger Kevin Berry, den der übermüdete Keller eigentlich gerne ins rechte Licht rücken würde. «Wann kommt der Feueralarm?», fragt Berry trocken, als er mitten in einer Nebelschwade steht. Es ist typisch für Kevin Berry. Während rundherum das Chaos herrscht, bleibt er die Ruhe selbst. «Ich bin halt so», sagt er lakonisch, «das habe ich wohl von meinem Vater, der ist Fahrlehrer. Da braucht es viel Geduld.» Geduldig, überlegt und mit ruhiger Stimme beantwortet er unsere Fragen. Über sich zu sprechen gehört nicht zu seinen Lieblingsdisziplinen. Ein Beispiel. Auf die Frage, ob er am Cupfinal 2012 gespielt habe, kam folgende Antwort: «Ja, da wurde ich eingewechselt.» Pause. «Im letzten Drittel.» Pause. «Patrick Vetsch hatte sich verletzt». Pause. «Ah, ja, den entscheidenden Pass habe ich damals gespielt.» Pause, wir werden «gwundrig». «Auf wen?», fragen wir ungeduldig. «Patrick Wardi». Kurz: Der damals 18-Jährige wurde in kalte Wasser geworfen, spielte im ersten Block und war einer der entscheidenden Faktoren für den dritten Cupsieg der Bündner.
Artikel lesen
Das Juwel
Kevin Berry ist das defensive Gewissen und der heimliche Spielmacher bei Alligator Malans. Bald dürfte er auch in der Nationalmannschaft für Furore sorgen.
Unser Fotograf Erwin Keller ist im Stress. Die ganze Nacht stand er für die Feuerwehr Vorderprättigau bei einem Grossbrand im Einsatz und nun spinnt die Nebelmaschine in seinem Fotostudio. Röchelnd spuckt die kleine Maschine vereinzelt Nebelschwaden aus. Der Effekt auf den Fotos ist nur halbwegs gelungen, am Schluss steht aber der ganze Raum im Nebel und es stinkt wie in der Dorfdisco. Und mittendrin steht der Malanser Verteidiger Kevin Berry, den der übermüdete Keller eigentlich gerne ins rechte Licht rücken würde. «Wann kommt der Feueralarm?», fragt Berry trocken, als er mitten in einer Nebelschwade steht.
Ruhiges Gemüt
Es ist typisch für Kevin Berry. Während rundherum das Chaos herrscht, bleibt er die Ruhe selbst. «Ich bin halt so», sagt er lakonisch, «das habe ich wohl von meinem Vater, der ist Fahrlehrer. Da braucht es viel Geduld.» Geduldig, überlegt und mit ruhiger Stimme beantwortet er unsere Fragen. Über sich zu sprechen gehört nicht zu seinen Lieblingsdisziplinen. Ein Beispiel. Auf die Frage, ob er am Cupfinal 2012 gespielt habe, kam folgende Antwort: «Ja, da wurde ich eingewechselt.» Pause. «Im letzten Drittel.» Pause. «Patrick Vetsch hatte sich verletzt». Pause. «Ah, ja, den entscheidenden Pass habe ich damals gespielt.» Pause, wir werden «gwundrig». «Auf wen?», fragen wir ungeduldig. «Patrick Wardi». Kurz: Der damals 18-Jährige wurde in kalte Wasser geworfen, spielte im ersten Block und war einer der entscheidenden Faktoren für den dritten Cupsieg der Bündner.

Kevin Berry schaltet gerne in den Vorwärtsgang. (Bild: Erwin Keller)
Rasanter Aufstieg
«Er war schon immer so», winkt der Malanser Sportchef Thomas Hitz lachend ab. Ein «schüches» Büebli sei er bei den D-Junioren der Wildcats Schiers gewesen, wo der damalige Skifahrer Berry seine Karriere begann. «Aber schon damals war sein ausserordentliches Talent ersichtlich», so Hitz. Später schoss er die C-Junioren mit seinem Jugendfreund Nino Vetsch fast im Alleingang zum Gruppensieg. Als er dann bei der Schweizermeisterschaft im ersten Spiel nach einem rüden Check mit einer Hirnerschütterung ausfiel, war das Turnier für die Wildkatzen so gut wie beendet.
Von den C-Junioren ging es direkt in die neuformierte U18-Mannschaft von Alligator Malans. «Wenn man jemanden nach den ersten Trainings gefragt hätte, wer zuvor noch nie auf Grossfeld gespielt hat, wäre keiner auf Berry gekommen», erinnert sich sein damaliger Trainer Markus Vetsch. Obwohl einer der Jüngsten, stand er immer dann auf dem Feld, wenns heiss wurde. «Keine konnte ihm den Ball abnehmen», so Vetsch. Ende Saison stand der Meistertitel zu Buche. Nur kurz wurde Berry nervös. Am Tag des dritten Finalspiels wäre seine Konfirmation angestanden. Malans gewann zu Berrys Erleichterung mit 2:0.
Intuition und Talent
Berrys Ruhe kommt auch in seinem Spiel zu tragen. «Ich behalte meistens die Übersicht», sagt er bescheiden, «und habe wohl ein gutes Auge, um meine Mitspieler mit Pässen zu versorgen». Überschwänglicher tönt es, wenn andere zu Berrys Stärken befragt werden. «Er ist ein Naturtalent, macht vieles intuitiv richtig», sagt Sportchef Hitz, «er vollführt keine Kunststücke oder nimmt viel Risiko auf sich, aber seine Entscheidungen, gerade im offensiven Bereich, sind praktisch immer richtig». Ex-Trainer Vetsch ergänzt, dass Berry immer gewusst habe, was als nächstes passiere. «Er steht meistens schon dort, wo der Ball hinkommt. So konnte er auch gegen deutlich schnellere Gegner bestehen». Gefürchtet ist mittlerweile auch sein Schlagschuss, den er oft ansatzlos als Direktschuss einsetzen kann. «Ja, das habe ich schon oft geübt», sagt er unaufgeregt. Gerade im Powerplay schrillen die Alarmglocken, wenn sich die Malanser Nummer 47 in Position bringt - und so öfter einen Torferfolg feiern kann.
Stars aus der Region
Der 22-Jährige ist eines der Aushängeschilder des «neuen» UHC Alligator Malans. Wo früher rund um Stars wie Martin Olofsson, Mathias Larsson oder Esa Jussila eine Mannschaft aufgebaut wurde, stehen heute die «jungen Wilden» im Mittelpunkt. Einheimische Spieler wie Claudio Laely (24), Tim Braillard (23), Remo Buchli (23) oder eben Kevin Berry geben nun den Takt an. Dafür stehen «nur» noch zwei ausländische Kräfte im Aufgebot. Mit dem talentierten Tschechen Lukas Veltsmid und dem routinierten Finnen Janne Hulmi spielen in dieser Saison zwei gute, aber nicht überragende Ausländer für die Alligatoren. Dies wirkt sich auch finanziell aus. Wo früher praktisch alle Mittel für die ausländische Belegschaft aufgebracht wurden, profitieren heute auch die Schweizer Spieler. «Das Ziel ist, dass die Spieler ihre Jobs auf 60 bis 80 Prozent reduzieren können», erläutert Berry, «ein Weg, der mir gefällt». Um optimale Voraussetzung zu schaffen, wurden auch die Trainingszeiten neu angesetzt. Zweimal wird schon um 18 Uhr trainiert, nur mittwochs steht ein Abendtraining von 20 bis 22 Uhr an. Dazu kommen ein Aufwärmtraining am Samstagmorgen und zwei selber wählbare Krafttrainingstermine. «So haben wir noch etwas Freizeit», sagt Berry. Zeit, die er am liebsten mit Kollegen teilt. Unaufgeregt, gemütlich, ohne grosse Worte.

Kevin Berry im Fotostudio in Grüsch. (Bild: Erwin Keller)
15 Kilo abgenommen
Bei all den Lobeshymnen gab es bei Kevin Berry auch einen kritischen Punkt. «Bis zur letzten Saison betrachtete er das Physistraining nur als sekundär», erzählt Thomas Hitz. In den sommerlichen Lauftrainings war der damals etwas pummelige Berry meist zuhinterst anzutreffen, ebenso in den Physistests. «Erst wenn im August der Ball rollte, war er wieder im Element», weiss Hitz. «Ja», gibt der Angesprochene ohne Umschweife zu, «ich war zu schwer». Als er wegen einer Meniskusoperation im letzten Sommer längere Zeit aussetzen musste, unterzog er sich zusammen mit Mutter Gaby einer Stoffwechselkur. Sechs Wochen keine Kohlenhydrate oder Zucker. «Es war hart», sagt Berry, «aber am Schluss waren 15 Kilo weg und ich konnte alle Hosen wegschmeissen». Das Gewicht hat er bis heute gehalten, rank und schlank präsentierte er sich topfit zum diesjährigen Saisonstart. «Mit den ‚Kondimonstern' Laely und Braillard kann ich zwar immer noch nicht mithalten, am Schluss des Feldes stehe ich nun aber nicht mehr», sagt Berry nicht ohne Stolz.
Zum Leader gereift
Die neue Fitness passt zur Entwicklung vom scheuen Teenager zum selbstbewussten Führungsspieler. «Ich will ein Vorbild sein für die Spieler, die neu in die Mannschaft kommen», sagt der Verteidiger bestimmt und hängt - oho - an, dass er auch mal laut werden könne. «Wenn mir etwas passt, sage ich es auch», erklärt er, relativiert aber sogleich: «So oft passiert das aber auch nicht». Die Entwicklung freut auch Ziehvater Hitz. «Er ist erwachsener geworden und hat die Leaderposition eingenommen, wie wir das erhofft haben.» Als Junior sei er extrem ruhig gewesen, erinnert sich Markus Vetsch. «Ein Einzelgespräch mit ihm war eine echte Herausforderung. Er schaffte es, auch auf offene Fragen mit Ja oder Nein zu antworten».
Den ganzen Text lesen Sie in der gedruckten Ausgabe.