Streit macht Spass
«Ja verreckt, hüt gits wieder viu ztüe», schoss es Daniel Streit (28) früher jeweils durch den Kopf, als er noch bei Zäziwil spielte. Damals konnte er sich über mangelnde Arbeit nicht beklagen, sich aber dadurch auch hechtenderweise immer wieder profilieren und sogar für die Nationalmannschaft aufdrängen. Seit er bei Wiler-Ersigen spielt, sind die Vorderleute von anderem Format. Vor ihm verteidigen ein schwedischer, ein finnischer und mehrere schweizerische Nati-Verteidiger. Artikel lesen
Streit macht Spass
Seit vier Jahren hütet Daniel Streit das Tor bei Wiler-Ersigen. Anfangs als Teilzeit-arbeiter, mittlweile als klare Nummer 1. Er fühlt sich in der Form seines Lebens.
TEXT: Damian Keller
FOTOS: Anita Troller, Damian Keller
«Ja verreckt, hüt gits wieder viu ztüe», schoss es Daniel Streit (28) früher jeweils durch den Kopf, als er noch bei Zäziwil spielte. Damals konnte er sich über mangelnde Arbeit nicht beklagen, sich aber dadurch auch hechtenderweise immer wieder profilieren und sogar für die Nationalmannschaft aufdrängen. Seit er bei Wiler-Ersigen spielt, sind die Vorderleute von anderem Format. Vor ihm verteidigen ein schwedischer, ein finnischer und mehrere schweizerische Nati-Verteidiger. Es verwundert nicht, dass Wiler nur wenig mehr als drei Tore pro Spiel kassiert und somit die beste Defense der Liga stellt.
Weniger zu tun gebe es grundsätzlich nicht, meint Streit. In dieser Saison finden gemäss Statistik sogar mehr Schüsse den Weg auf sein Tor als in der letzten. Aber bei Verteidigern wie Punkari oder Thorsell wisse man eben, welche Schüsse sie zulassen und welchen Bereich sie abdecken. Das gilt auch für die gestandenen Kämpen Bichsel, Flury, Schild oder Jungo. Streit bedauert es ausserordentlich, dass Flury und Schild, die gleich alt sind wie er, am Ende dieser Saison zurücktreten. Selber will er davon noch nichts wissen, «obwohl ich dringend meine Schulter operieren lassen müsste, die ich mir im letzten Playoff-Final ausgerenkt habe.» Er freut sich darauf, künftig noch mehr Verantwortung zu übernehmen, den Jungen im Team zu helfen. «Ruhe und Routine sind in diesem Sport sehr wichtig. Das haben wir im Team gesehen, als Spieler wie Reto Luginbühl oder Markus Koch aufgehört haben.»
Klare Nummer 1
In den vergangenen Jahren sorgte Wiler-Ersigen nicht nur bei den Feldspielern für Konkurrenzkampf, sondern auch bei den Torhütern. Daniel Streit und Patrick Kellenberger duellierten sich nach dem Rücktritt Reto Ryffels («Ryffel war für mich auf und neben dem Platz the one and only, er machte einfach keine Fehler») zwei Jahre lang um die Nummer 1. Streit zählt «Kelli» denn auch heute noch zu den besten drei Torhütern des Landes. Schon bei Zäziwil-Gauchern hatte er mit Niklaus Steck einen starken Widersacher als Teamkollegen. Als grössten persönlichen Karrierenerfolg wertet Streit denn auch nicht zufällig den Meistertitel des letzten Jahres. Da war er während der ganzen Spielzeit die Nummer 1 beim SVWE. «Das hat dem Ego gut getan», grinst er. Die Triple-Saison von 2005 folgt in seiner Hitliste auf dem zweiten Platz.
Defensive im Fokus
In dieser Saison steht die Verteidigung des Meisters ohnehin mehr denn je im Zentrum, und somit auch der Torhüter. Früher waren die Hofbauers, ein Lassi Vänttinen oder Andreas Hedlund für das Offensivspektakel und viele Skorerpunkte verantwortlich. Dass die Verteidigung ebenfalls hochklassig war, nahm man weniger wahr als heute. «Klar fehlen uns in dieser Saison ein paar Skorerpunkte im Vergleich zu früher und die Höfis vermisse ich auch menschlich sehr», beurteilt Streit die Situation. Er sieht im Playoff-Final trotz grossen Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten eher Floorball Köniz in der Favoritenrolle. Offensiv sei der Finalgegner das Mass aller Dinge und auch für die Zuschauer sehr attraktiv. Überhaupt beobachtet Streit die Stars der Liga die im eigenen Team und die anderen gerne. «Ich habe ja da hinten manchmal etwas Zeit, ihnen zuzuschauen», befindet er.
Tränen lachen
Torhütern sagt man nach, dass sie introvertiert sind, speziell, Spleens pflegen. Viele schotten sich gerne ab, bereiten sich auf Spiele in ihrer eigenen Welt vor. Daniel Streit ist das pure Gegenteil. Er plaudert mit den Teamkollegen, scherzt, hört höchstens einmal etwas Musik. Nervosität ist bei ihm ein selten vorkommender Zustand. Die Lockerheit behält er auch während des Spiels. Er kann unter seinem Helm Tränen lachen, wenn einem Zuschauer auf der Tribüne ein Hot Dog zu Boden fällt oder wenn es am EFC in Finnland «de schwedisch Türsteher-Schiri ufe Ranze hout». Kurz vor Schluss habe er ihn dann sogar mal zum Zurücklächeln gebracht. Und er kann ganz selten im Schweizer Unihockey, das macht ihn ungemein sympathisch auch über eigene Fehler lachen. So zum Beispiel, als er gegen die Tigers einen Ball wegkicken wollte aber daneben trat und der Ball ins Tor kullerte. Ein anderes Beispiel: Als ihn Luca Maffioletti im Penaltyschiessen der Halbfinalserie verlud («alle sagten mir, er würde es links versuchen, er erwischte mich aber rechts») folgte ein spontanes Shakehands zwischen den beiden. «Warum auch nicht, er hat das gut gemacht», fragt Streit rhetorisch.
Vorbild Oliver Kahn
Irgendwie passt es da nicht, dass Streit den verbissenen Deutschen Oliver Kahn als Torhüter-Vorbild nennt. Er meint aber: «Ich bin sicher, dass auch Kahn viel Spass an seinem Job hat einfach auf seine Weise.» Beeindruckt ist er vor allem von Kahns Konstanz von Hütt und Hott Goalies hält er nicht viel. Zudem habe sich Kahn alles selbst hart erarbeitet. Dies allerdings wirft schon wieder Fragen auf denn Streit ist alles andere als ein Trainingsweltmeister. «Das stimmt», gibt er freimütig zu. «Es fällt mir schwer, im Training schon so zu beissen wie im Match. Ich setze mich natürlich ein und stehe nicht einfach wie ein Hampelmann ins Tor, aber der Spass darf dabei nicht fehlen.» Als Spass gibt er beispielsweise an, Schüsse Roger Gerbers blind zu parieren und diesen damit zur Verzweiflung zu treiben.
Und wie verträgt sich der nicht überbordende Trainingseifer mit den Ansichten des Cheftrainers, Thomas Berger? «Wir verstehen uns mittlerweile ausgezeichnet», sagt Streit. «Er weiss, dass ich mich in den Spielen um 100 Prozent steigern kann. Berger hat mich nebst Johan Schönbeck am meisten geprägt.» Dass er den beiden Trainern mit dem grössten Einfluss auf seine Leistung erst als bereits gestandener NLA-Goalie begegnete und nicht bereits auf Juniorenstufe, wertet Streit korrekt als Indiz dafür, dass in der Trainerausbildung noch einiges geschehen muss.
Der Plauderi
Böse werden kann Dänu Streit natürlich auch. Vor allem dann, wenn «gedreckelt» wird, Spieler Fouls begehen, die zu Verletzungen führen könnten. Auf diese Akteure ist er nicht gut zu sprechen. Zu den Spielern, die ständig Gegner von hinten attackieren oder in Bandennähe umrennen, hat er eine dezidierte Meinung. «Die hei de Gring ou nume zum Frässe.»
Solche Sprüche verleiteten die Redaktion von unihockey.ch dazu, Streit in einer früheren Ausgabe als «Beni Turnheer des Unihockeys» und «Plauderi» zu bezeichnen. Dass Streits Freundin Katja die Idee gleich aufnehmen und ein Plakat basteln würde, das heute in Streits Büro hängt, war nicht beabsichtigt. «Da habt Ihr mir was schönes eingebrockt», sagt er lachend.
Trashtalk-Partner werden selten
Die ganz wilden Trashtalks auf dem Feld gebe es heute nicht mehr. Ein Livio DIntino, Alex Matt oder Schaumi Lüthi seien früher noch dafür zu haben gewesen. Es seien noch ein paar Spieler vorhanden, mit denen man sich «austauschen» könne, sagt er und nennt Namen wie Christof Ruof (Malans), Marc Dysli («den könnte ich grad noch anrufen und wegen dem frühen Playoff-Out aufziehen») oder den ehemaligen Teamkollegen Cédric Rüegsegger. Mehrheitlich konzentriert sich Streits Kommunikation heute auf die Schiedsrichter. «Sie kennen mich und wissen, dass ich es nie böse meine mit den Sprüchen, darum erhalte ich auch keine Strafen», sagt Streit. Gewisse Unparteiische zahlen es ihm auch mit gleicher Münze heim. «Läck, den hättest du aber halten müssen», foppten ihn Baumgartner / Baumgartner früher jeweils bei Gegentreffern. Gezielt ablenken wolle er die Refs auf jeden Fall nicht. «Ihr Job ist schon schwierig genug. Ich ziehe meinen Hut vor jedem, der Schiri wird.»
Ende geplant
Irgendwann wird auch Daniel Streits Karriere zu Ende gehen. Seinen Traumabgang hat er sich bereits zurecht gelegt. Siebtes Finalspiel, Overtime, Penaltyschiessen. Daniel Streit läuft an und trifft ganz primitiv zur Entscheidung. Er entledigt sich aller Torhüterklamotten, deponiert sie auf dem Jurytisch und verabschiedet sich in Richtung Garderobe.
Und wie wäre es danach mit einer Fortsetzung der Karriere als Trainer oder Teammanager? Vorbild Oliver Kahn soll bei Bayern nach seiner Aktivzeit ja auch ins Management einsteigen. «Wenn ich etwas mache, dann bei den Tigers oder Wiler, das steht fest», blickt Streit voraus. Um dann in seiner typischen Art nachzulegen. «In vier Jahren bin ich der neue Marcel Siegenthaler.»