Lebemann mit Ambitionen
Bei meinen Matchbesuchen im letzten Jahr und auf Video habe ich gesehen, dass da ein sehr talentierter Junge ist. Ich hörte aber auch, dass er manchmal die nötige Seriösität vermissen lasse. Nach den ersten Monaten in der Schweiz kann ich sagen, dass das nicht stimmt. Er arbeitet sehr hart an sich. Dies sagt Grünenmatts Trainer Patrik Bäck über Joël Hirschi, das Eigengewächs der Mätteler. Hirschi selber räumt sofort ein, dass er gerne mal am Freitagabend ein paar Bierchen trinkt. Mit dem Begriff Lebemann hat er überhaupt kein Problem. In den Trainings und Spielen aber ist er voll da und will sich weiter entwickeln.
In der letzten Saison, Grünenmatts erster in der obersten Spielklasse, wurde auf Anhieb die Finalrunde erreicht. Und dies ohne einen eigentlichen Trainer. Sportchef Tomas Trnavsky leitete die Trainings, so gut es neben seiner Rolle als Spieler eben ging. Auf dem Platz trat Grünenmatt engagiert, wenn auch taktisch nicht sehr organisiert auf. Wir waren ein wilder Haufen, sagt Hirschi sogar lachend. Dieses System hatte durchaus seine Vorteile, und ohne taktische Fesseln liessen die Emmentaler die Traditionsvereine Chur Unihockey und Rychenberg hinter sich. Auch wenn der Abstand auf die Playoffplätze schon zu Beginn der Finalrunde aussichtslos gross war, kann die Qualifikation für die Runde der besten Sechs als grosser Erfolg angesehen werden. Aber Hirschi reichte das nicht. In den Trainings fehlten oft die nötige Konzentration, Linie und Disziplin. So kommt man auf Dauer nicht weiter. Wenn kein neuer Cheftrainer gekommen wäre, hätte ich wohl einen Transfer gesucht. An Angeboten aus der NLA hätte es nicht gemangelt. Artikel lesen
Lebemann mit Ambitionen
Das Talent hat Joël Hirschi noch niemand abgesprochen. Dass er auch seriös arbeitet, bestätigt Trainer Patrik Bäck. Nach der WM könnte gar die Nati zum Thema werden.
TEXT: Damian Keller
FOTOS: Wilfried Hinz
„Bei meinen Matchbesuchen im letzten Jahr und auf Video habe ich gesehen, dass da ein sehr talentierter Junge ist. Ich hörte aber auch, dass er manchmal die nötige Seriösität vermissen lasse. Nach den ersten Monaten in der Schweiz kann ich sagen, dass das nicht stimmt. Er arbeitet sehr hart an sich." Dies sagt Grünenmatts Trainer Patrik Bäck über Joël Hirschi, das Eigengewächs der Mätteler. Hirschi selber räumt sofort ein, dass er gerne mal am Freitagabend ein paar Bierchen trinkt. Mit dem Begriff „Lebemann" hat er überhaupt kein Problem. In den Trainings und Spielen aber ist er voll da und will sich weiter entwickeln.
Wilder Haufen
In der letzten Saison, Grünenmatts erster in der obersten Spielklasse, wurde auf Anhieb die Finalrunde erreicht. Und dies ohne einen eigentlichen Trainer. Sportchef Tomas Trnavsky leitete die Trainings, so gut es neben seiner Rolle als Spieler eben ging. Auf dem Platz trat Grünenmatt engagiert, wenn auch taktisch nicht sehr organisiert auf. „Wir waren ein wilder Haufen", sagt Hirschi sogar lachend. Dieses System hatte durchaus seine Vorteile, und ohne taktische Fesseln liessen die Emmentaler die Traditionsvereine Chur Unihockey und Rychenberg hinter sich. Auch wenn der Abstand auf die Playoffplätze schon zu Beginn der Finalrunde aussichtslos gross war, kann die Qualifikation für die Runde der besten Sechs als grosser Erfolg angesehen werden. Aber Hirschi reichte das nicht. „In den Trainings fehlten oft die nötige Konzentration, Linie und Disziplin. So kommt man auf Dauer nicht weiter. Wenn kein neuer Cheftrainer gekommen wäre, hätte ich wohl einen Transfer gesucht." An Angeboten aus der NLA hätte es nicht gemangelt. Besonders die Tigers hatten sich um den ehemaligen U19 Internationalen bemüht.
Heute säen, morgen ernten
Hirschi blieb seinem Stammverein treu, dem er vor acht Jahren nach vielen Schlachten im Strassenunihockey als C-Junior beigetreten war, und bereut es nicht. „Unter Bäck trainieren wie quantitativ nicht viel mehr als vorher, aber viel zielgerichteter und professioneller. Dem taktischen Bereich wird viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt als früher, das gefällt mir", erklärt Hirschi. Das einzige Problem sei, dass Bäck bisher ohne Assistenten auskommen müsse, was für diesen nicht leicht sei. Und dass die Arbeit nicht von heute auf morgen Früchte trägt, wissen beide. Bäck: „Für die meisten Spieler hat sich in diesem Sommer sehr viel geändert. Das war der erste Schritt in die richtige Richtung, auch wenn sich das nicht unmittelbar in Resultaten auswirken wird. Das braucht Zeit." Im bisherigen Saisonverlauf wurden die Gegner geschlagen, die nominell hinter Grünenmatt liegen, gegen die anderen setzte es Niederlagen ab. Noch schwanken die Leistungen relativ stark - die Vorstellung bei der Niederlage in der Meisterschaft gegen die Grasshoppers nennt Hirschi gar „haarsträubend", im Cup wurde dann der gleiche Gegner aber eliminiert. Dafür gab Grünenmatt bei Aufsteiger Waldkirch-St. Gallen in der Folge zwei Punkte ab, die zweifellos budgetiert gewesen wären. „Das sind Spiele, die man gewinnen muss, wenn man in die Finalrunde kommen will", urteilte Bäck kurz vor der Abreise in die Ostschweiz. Grünenmatt gewann nicht und wurde prompt von Rychenberg auf den 7. Zwischenrang verdrängt.
Stinkendes Bio-Perskindol
Joël Hirschi ist mit seinem persönlichen Saisonstart zufrieden. Mit seinen Sturmpartnern Kalle Berglund und Sam Schneiter - die drei sind auch die bisher erfolgreichsten Skorer des Teams - versteht er sich gut, dahinter sichern Tomas Trnavsky und Dieter Zimmermann in der Defensive ab. Dass es mit Schneiter jeweils in der Garderobe vor den Spielen einen Kampf um den Spiegel gebe, tut Hirschi als Gerücht ab. „Ich habe jeweils schon ein paar Minuten, bis ich meine Haare richtig gebüschelt habe. Es sind ja auch „langi Cheibe". Aber wir kommen gut aneinander vorbei." Auch dass Schneiter derzeit in der Skorerliste vor ihm liegt, stört ihn nicht, da er grundsätzlich nicht auf die Skorerpunkte achte. Zimmermann dagegen verdächtigt er, eine spezielle Salbe aus „Euterfett" - eine Art Bio-Perskindol und kaum weniger stark riechend - entsorgt zu haben. „Die Salbe sorgt für verdammt schnelle Beine. Vor dem Spiel habe ich sie aufgetragen, danach war sie plötzlich weg", beklagt er sich. Ob Garderoben-Banknachbar Zimmermann wirklich der Schuldige ist, konnte bisher nicht ermittelt werden, zumal Hirschi gegen den Ruf ankämpfen muss, gerne Dinge zu verlieren.
Sprung in die Nati
Für Patrik Bäck könnte nach der WM in Tschechien bereits Hirschis Stunde schlagen, was die Nationalmannschaft anbelangt. Sollten einige Stürmer ihre internationale Karriere beenden, braucht es frisches Blut. Und für einen ehemaligen U19 Nationalspieler muss es ein logisches Ziel sein, auch bei den Grossen Fuss zu fassen. Die Junioren-WM im lettischen Cesis vor drei Jahren war Hirschis bisheriges Karriere-Highlight, und bis heute hält er sich in der Top Ten der besten Schweizer Nachwuchs-Skorer. Vor ihm liegen nur ganz wenige Cracks, und sie tragen bekannte Namen wie Christoph Hofbauer, Emanuel Antener oder Patrick Mendelin. Hirschi könnte ein Mann für die Heim-WM 2012 sein. Bis dann sollter er auch genug dessen gesammelt haben, was ihm heute gemäss Patrik Bäck noch am meisten fehlt - Erfahrung. Hirschi selber hat als bisher grösstes Manko die Kaltblütigkeit im Abschluss ausgemacht.
Vortrag über Gerber
Noch aber ist die Nati kein Thema, haben sich weder Peter Düggeli noch René Berliat bei ihm gemeldet. Zunächst muss Hirschi ohnehin im nächsten Sommer seine Schreinerlehre abschliessen, danach wartet die Rekrutenschule auf ihn. Nach Möglichkeit die Unihockey-RS, wie er sagt.
Das Gespräch wird durch eine andere Verpflichtung Hirschis beendet. Für die Schule muss er einen Vortrag über eine bekannte Persönlichkeit halten. Seine Wahl fiel auf Wiler-Center Roger Gerber, mit dem Hirschi an den genannten Freitagen gerne mal in Langenthal auf die Pirsch geht. „Eigentlich suchte ich ja jemanden, der wirklich berühmt ist", sagt er lachend, „aber ein Unihockey-Natispieler ist doch auch nicht schlecht." Wir werden sehen, ob Joël Hirschi in ein paar Jahren selber zum begehrten Vortragsobjekt wird.