51 - Saison 2009/10

Der Zocker

Mit der Ruhe kam die Kraft. Aus dem emotionalen GC-Jungspund Nico Scalvinoni ist der erfolgreichste Torschütze der Liga geworden.

TEXT: Damian Keller
FOTOS: Daniel Brühlmann

Im Heimspiel gegen den Tabellenletzten Lok Reinach schoss Nico Scalvinoni kein Tor. Das war die Ausnahme, welche die Regel bestätigte. Und die Regel in dieser Saison hiess: Scalvinoni trifft. In jedem anderen Spiel der Qualifikation traf er mindestens (und meistens genau) einmal. Seine 19 Saisontore wurden von niemandem überboten, nur Christoph Hofbauer vermochte den Wert zu egalisieren. Und im besagten Spiel gegen Reinach standen am Schluss immerhin drei Assists auf dem Matchblatt.
Das ist eine erstaunliche Konstanz für jemanden, über den der ehemalige GC-Cheftrainer Patrick Pons sagt: „Man sah bei Nico stets schon nach zehn Minuten, ob es ihm läuft oder nicht. Wenn nicht, hätte man ihn eigentlich sofort auswechseln müssen." Die Emotionen spielten dem Nürensdorfer oft einen Streich. Leidtragende waren sein Stockmaterial und die eigene Leistung.

Schneller Aufstieg
Schon als 17-Jähriger debütierte Scalvinoni in der ersten Mannschaft der Grasshoppers, nachdem er zuvor die Juniorenstufen in Nürensdorf und Birchwil durchlaufen hatte. Von den Nürensdorfer Elite-Junioren nahm ihn der damalige Trainer Thomas Wetter mit zu Bülach in die Elite A, wo er ein Jahr lang Erfahrungen sammelte, bevor der direkte Sprung in die NLA gelang.
Das Talent war offensichtlich, die physischen Voraussetzungen des gelernten Zimmermanns hervorragend, und GC-Trainer Peter Düggeli schenkte dem Jungspund früh das Vertrauen. Schon zwei Jahre später feierte er seinen Einstand im Nationalteam. Doch die Karriere geriet ins Stocken, in der letzten Saison sammelte er gar mehr Strafen als Tore. Zu den ersten fünf Länderspielen kamen keine weiteren dazu - erst jetzt, Ende Januar, wurde Scalvinoni wieder für den Nati-Lehrgang aufgeboten. Eine verdiente Nomination nach den gezeigten Leistungen in dieser Saison. Scalvinonis Karriere hat wieder enorm Fahrt aufgenommen.

Aufregen bringt nichts
„Ich habe gelernt, dass es nichts bringt, wenn ich mich aufrege", stellt der heute 22-Jährige nüchtern fest und entfernt ruhig einen kleinen Wasserfleck auf dem selber gezimmerten Esszimmertisch in der geräumigen Wohnung in Bülach, wo er mit seiner Freundin lebt. Geholfen haben ihm beim Reifeprozess auch Patrick Berwert (GC-Cheftrainer) und dessen Unterlagen und Tipps bezüglich mentalem Training. „Ich betreibe das nicht intensiv. Aber ich versuche, nach einer missratenen Aktion eher mal tief durchzuatmen und mich wieder auf etwas Positives zu konzentrieren, anstatt einen Stock zu zertrümmern wie früher", sagt Scalvinoni. Es wirkt offenbar - der Stockverschleiss in dieser Saison war so tief wie noch nie, und das liegt nicht nur am eingeführten beschränkten Kontingent des Ausrüsters.

Das Gerüst steht
Wie Scalvinoni hat auch GC als Team zu einer erstaunlichen Konstanz gefunden. Nach einer schwachen letzten Saison haute der Spielerrat auf den Tisch, selbst der Vorstand schaltete sich ein. „Einige hielten sich nicht an die Regeln, es musste etwas passieren", beschreibt Scalvinoni die Zustände. Es wurde zu sehr über gewisse Spieler und deren Verhalten diskutiert anstatt über Auslösungen und Abschlüsse. Jeder Spieler müsse wissen, welche Rolle er habe, sonst funktioniere das Team als Ganzes nicht, hält Scalvinoni fest. Als er zu GC kam, sagten ihm seine älteren Linienpartner Christoph Riedel und Daniel Schnelli, er solle sich einfach vors gegnerische Tor stellen. „Ich musste das damals auch akzeptieren, auch wenn ich nicht viele Bälle gesehen habe und lieber anders gespielt hätte", zieht er den Vergleich.
Heute scheint die Mischung im Team der Hoppers zu stimmen. Scalvinoni versteht sich bestens mit Center Lukas Allamand, und mit André Hostettler dahinter stand das Gerüst des zweiten Blocks der Zürcher seit Beginn der Saison. Der zweite Verteidiger und der dritte Stürmer wechselten oft - in den Playoffs dürften entweder Christoph Meier oder Roland Zimmermann am Flügel auflaufen. Im ersten Block wirbeln die „Kleinen", Alex Bodén und Markus Sutter - und wenn auch noch die dritte Linie in den Ernstkämpfen das umsetzt, was sie in den Trainings zeigt, muss sich Rychenberg im Playoff-Viertelfinal warm anziehen.