54 - Saison 2009/10

Die Entscheidungen

Der sechste Titel für Wiler-Ersigen, der vierte in Serie. Ein Ende der grünweissen Dominanz ist nicht absehbar. Der HC Rychenberg war in der Finalserie nur artiger Gratulant.

TEXT: Damian Keller
FOTOS: Hans-Ulrich Mülchi

Im dritten Finalspiel, dem zweiten in der Eishalle Deutweg in Winterthur, schien Wiler-Ersigen den Versuch zu unternehmen, die Finalserie doch noch etwas in die Länge zu ziehen und allenfalls ein zweites Heimspiel in der heimischen Eishalle herauszuschinden. Nach den zwei Kantersiegen zum Auftakt gaben sie Rychenberg eine Chance, als Dave Witter eine Fünfminutenstrafe kassierte.
Doch der HCR zeigte sich während drei Minuten harmlos und glich dann die Anzahl Feldspieler mittels einer kleinen Strafe gegen Simon Eichmann wieder aus. Zu allem Überfluss kassierte der Tösstaler durch zu frühes Verlassen der Strafbank nun seinerseits eine Fünfminutenstrafe (plus Matchstrafe). Im folgenden Powerplay zeigte Wiler, wie es gemacht wird: Fünf Minuten und drei Tore später war auch diese Partie frühzeitig entschieden. In der Eishalle Zuchwil konnten die Berner wenige Tage später zum vierten Mal in Serie die Korken knallen lassen.

Druck war weg
Dem HCR bleibt der Rückblick auf eine Saison über allen Erwartungen. Wäre nicht auch er in der Finalserie untergangen, müsste man wohl Radim Cepek zum MVP wählen. Wie der 34-jährige Tscheche bis in die letzte Faser seiner drahtigen Waden gespannt und motiviert war, dies trotz einer schmerzhaften Schulterverletzung, war eindrücklich. Doch gegen Wiler war absolut nichts zu holen. Vielleicht hätten die Winterthurer in der kleinen Halle Oberseen, wo sie Wiler in der Qualifikation zu schlagen vermochten, den Tritt besser gefunden. Aber in der zweimal gut gefüllten Eishalle Deutweg wirkten sie verloren. Teilweise besassen die Duelle in der Finalserie den Charakter eines Vergleichs zwischen Schulbuben und gestandenen Männern. Wallgren, die Hofbauers, Krähenbühl und andere - eigentlich alle Berner - setzten sich öfters problemlos gegen zwei oder mehr Gegenspieler durch. Die kompakte Maschine HCR, die zuvor noch gegen GC und Chur alles vom Feld gearbeitet hatte, schien allen Druck bereits abgelassen zu haben.

Eine Klasse für sich
Wiler war nach einer fast perfekten Qualifikation nur im Viertelfinal gegen Grünenmatt unerwartet kurz ins Straucheln geraten - eine Niederlage und erstaunlich viele Gegentore liess der Meister zu. Anschliessend blieb die Bilanz des alten und neuen Champions makellos. Vieles deutet darauf hin, dass dies auch nächstes Jahr so aussehen wird. Warum sich nicht längst alle Vereine (ausser Wiler) für ein einzelnes Finalspiel einsetzen, ist ein Rätsel. Einmal abgesehen davon, dass ein grosser Event aus marketingtechnischer Sicht sinnvoll wäre und auch vom Schweizer Staatsfernsehen nicht mehr stiefmütterlich behandelt werden könnte. In einem Spiel ist Wiler bezwingbar - in diesem Jahr sogar von WaSa im Cupfinal. Aber in einer Best-of-7-Serie? Auch in der nächsten Saison ist das kaum vorstellbar.
Der Schimpfname „Wilerkusen", als den Bernern noch das Image des ewigen Zweiten anhaftete, ist längst Geschichte. Wenn die Konkurrenz nicht bald nachzieht, droht aus Wiler ein „Langwiler" zu werden - wenn auf den Tribünen das grosse Gähnen ausbricht, weil der Meister zum Vornherein feststeht. Natürlich ist das nicht das Problem von Wiler. Oder höchstens dann, wenn es sogar den eigenen Fans nicht mehr spannend genug ist und sie den Hallen fernbleiben.

Zuschauerstatistik
Wilers Dominanz wirkte sich bereits in dieser Saison auf den Zuschauerzuspruch in der Finalserie aus. Keine einzige Partie lockte mehr als 1507 Fans an - das gab es schon lange nicht mehr. Der Hit waren die Playoff-Viertelfinals gewesen: Im Schnitt wurden diese von 642 Besuchern verfolgt. Das sind mehr als doppelt so viele wie in der alten, endlich abgeschafften Finalrunde. Auch die Halbfinals zogen sogar noch leicht besser als letzte Saison (im Schnitt 745 Fans im Vergleich zu 684 im Vorjahr). Bedenklich hingegen ist der Zuschauerschnitt in der Qualifikation. Dieser sank im Vergleich zum Vorjahr noch weiter auf 340 pro Partie. Man wird sehen, wie sich die kommende Zwölferliga auf diese Zahl auswirkt.