Eisenherz
Ostrava, Steel City, einst das Stahlherz der Republik, heute aber von hoher Arbeitslosigkeit betroffen, ist Tomas Trnavskys Heimat. Auffallend ist, dass die meisten Tschechen, die in der Schweiz spielen oder spielten, aus Ostrava stammen. Neben Trnavsky auch Radek Sikora und Tomas Chrapek (beide Grünenmatt), Vojtech Skalik (HCR), Ales Zalesny (ex-Grünenmatt und Tigers), Tomas Sladky (ex-Wiler und WaSa) und Martin Ostransky (Malans). Radim Cepek (GC) und die Gebrüder Pavel (ex-HCR) und Petr Kozusnik (ex-Sarnen, Zug) stammen aus dem nahe gelegenen Havirov. Aus Prag haben es nur wenige in die Schweiz geschafft. Und wenn, sind sie nicht lange geblieben (Adam Stegl, Miro Hanzlik). Die Ausnahme, welche die Regel bestätigt, ist Ales Jakubek (GC).
Trnavsky wundert das nicht. Die Menschen in Ostrava sind sich einiges gewohnt. Sie sind härter als die Einwohner Prags, denen viel mehr Möglichkeiten offen stehen, sagt er. Auch Trnavsky ist vor zehn Jahren nicht nur wegen des Unihockeys in die Schweiz gekommen. Er wollte auch arbeiten und Geld verdienen. Das tat er mit Bravour letztes Jahr hat er für sich und seine Familie in Lützelflüh im Emmental ein Haus gebaut. Nachdem der Rohbau stand, erledigte er den Rest selbst. Sogar die SVP müsste wohl von einem mustergültig integrierten Ausländer sprechen. Artikel lesen
Eisenherz
Er trainiert den UHC Grünenmatt und die tschechische Nationalmannschaft. Er hat Familie und baute im Emmental sein eigenes Haus. Tomas Trnavsky steht immer unter Strom.
TEXT: Damian Keller
FOTOS: Damian Keller
Ostrava, „Steel City", einst das „Stahlherz der Republik", heute aber von hoher Arbeitslosigkeit betroffen, ist Tomas Trnavskys Heimat. Auffallend ist, dass die meisten Tschechen, die in der Schweiz spielen oder spielten, aus Ostrava stammen. Neben Trnavsky auch Radek Sikora und Tomas Chrapek (beide Grünenmatt), Vojtech Skalik (HCR), Ales Zalesny (ex-Grünenmatt und Tigers), Tomas Sladky (ex-Wiler und WaSa) und Martin Ostransky (Malans). Radim Cepek (GC) und die Gebrüder Pavel (ex-HCR) und Petr Kozusnik (ex-Sarnen, Zug) stammen aus dem nahe gelegenen Havirov. Aus Prag haben es nur wenige in die Schweiz geschafft. Und wenn, sind sie nicht lange geblieben (Adam Stegl, Miro Hanzlik). Die Ausnahme, welche die Regel bestätigt, ist Ales Jakubek (GC).
Trnavsky wundert das nicht. „Die Menschen in Ostrava sind sich einiges gewohnt. Sie sind härter als die Einwohner Prags, denen viel mehr Möglichkeiten offen stehen", sagt er. Auch Trnavsky ist vor zehn Jahren nicht nur wegen des Unihockeys in die Schweiz gekommen. Er wollte auch arbeiten und Geld verdienen. Das tat er mit Bravour - letztes Jahr hat er für sich und seine Familie in Lützelflüh im Emmental ein Haus gebaut. Nachdem der Rohbau stand, erledigte er den Rest selbst. Sogar die SVP müsste wohl von einem mustergültig integrierten Ausländer sprechen.
Es hat gepasst
Trnavskys Jugend am Stadtrand von Ostrava verlief ohne Einfluss der Schwerindustrie. In den grossen Wohnblöcken gab es massenhaft Kinder, mit denen man Fussball spielen konnte. Und Eishockey. Bis er 16 war, spielte Trnavsky für den FBC Ostrava Eishockey. Sehr viel Eishockey. Sein Vater, der in der Eishalle arbeitete, schaltete für seinen Junior gerne einmal das Licht nochmals an, wenn alle schon gegangen waren. „Ich habe immer gerne mehr gemacht als alle anderen", erklärt Trnavsky. Das erklärt vielleicht auch, wie er heute Grünenmatt- und tschechischer Nationaltrainer sein kann, zweifacher Familienvater und neben einem 100 Prozent Job als Elektriker in der Freizeit noch ein Haus baut, wo anderen schon zwei Trainings pro Woche zuviel sind.
Auch im Unihockey brachte es Tomas Trnavsky, damals noch wieselflinker Stürmer, schnell zu etwas. Nachdem er zweimal Topskorer der tschechischen Liga geworden war, wurde er im Sommer 2000 am Czech Open von Grünenmatt und Trainer Robert Testa angefragt, ob er sich nicht einen Wechsel in die Schweiz vorstellen könne. Zwei Wochen später stand Trnavsky mit gepackten Koffern im Emmental. Er lacht: „Grünenmatt reiste bewusst ans Czech Open, um sich Verstärkung zu suchen. Ich wollte Unihockey in einem anderen Land spielen und Geld verdienen. Es hat einfach gepasst." Zuvor hatte der gelernte Elektriker in Ostrava nur kurz auf seinem Beruf arbeiten können und war vier Jahre als selbständiger Fahrer für DHL unterwegs gewesen.
WM-Silber als Highlight
Der sportliche Auftakt in sein Schweizer Abenteuer missriet jedochh. Grünenmatt, damals noch als Liftklub bekannt, stieg sofort von der NLB in die 1. Liga ab. Das löste unerwartete Probleme aus. Da Tschechien nicht in der EU war und die Behörden nur Nationalligavereinen die Anstellung von tschechischen „Profis" erlaubte, wechselte Trnavsky in die zweite Mannschaft von Wiler-Ersigen und wirkte bei Grünenmatt nebenbei als Trainer. Das war noch in der Zeit, als die Anzahl der Ausländer beschränkt war. Trnavsky hoffte aber, bei Wiler bleiben zu können und in die 1. Mannschaft vorzurücken, als Basel Magic die Aufhebung der Ausländerbeschränkung vor Gericht erstritt. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Um sich optimal auf Weltmeisterschaft 2004 in der Schweiz vorzubereiten, wechselte er stattdessen zu Zäziwil (heute Tigers Langnau). Die Vorbereitung lohnte sich für ihn - als Captain des tschechischen Teams fügte er der Schweiz die bis heute frustrierendste Niederlage überhaupt zu. Statt dem Heimteam stiess Tschechien in den WM-Final vor, bis heute Trnavskys grösster Erfolg.
Absteiger des Jahres
Nach der WM zog es ihn zurück zu Grünenmatt. Im Magazin von unihockey.ch wurde er dafür als „Absteiger des Jahres" bezeichnet - vom WM-Silbermedaillengewinner zu einem 1. Ligisten. Geärgert hat ihn das nicht. „Ich habe das natürlich gelesen. Aber ich betreibe seit 30 Jahren Sport. Solche Einschätzungen gehören zum Sport, damit kann ich leben", trägt es Trnavsky heute mit Fassung, zumal er damals ohnehin seine bereits lädierten Knie etwas schonen wollte, das die WM nur dank Kortisonspritzen überhaupt durchgestanden hatte. Und der Verlauf der Geschichte sollte ihm ja Recht geben. Zusammen mit seinen Landsmännern Radek Sikora und Ales Zalesny führte er Grünenmatt innert kürzester Zeit in die NLA. Auch Markus Meyer (32), Manuel Sollberger (27) und Fabian Rindlisbacher (24) stehen noch heute im Team, das damals den Siegeszug aus der 1. Liga angetreten hat.
Es wurde Zeit
Der Umbruch vom Plauschteam - der UHCG trug dieses Image zurecht, wie Trnavsky selber zugibt - zum seriösen SML-Team verlief aber nicht ohne Opfer. Im Januar 2008 wurde der schwedische Cheftrainer Patrik Bäck entlassen. „Er wollte zuviel auf einmal verändern", blickt Trnavsky zurück. „Das musste schief gehen. Im Emmental passiert sowieso nichts von heute auf morgen, alles braucht seine Zeit." Trnavsky, der nach der Heim-WM in Tschechien im Dezember 2008 seine Aktivkarriere beendet und bei Grünenmatt den Posten des Sportchefs angetreten hatte, übernahm das Amt gleich selber. Seither steht er als Chef der Mätteler an der Bande. „Der Abschied von der Karriere auf dem Platz fiel mir nicht leicht, aber mit 35 wurde es Zeit", blickt er etwas wehmütig zurück.
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