Die üblichen Verdächtigen
Die turbulente Saison setzte viele neue Kräfte frei bei Wiler-Ersigen. Einerseits schaffte sie viel Spielzeit für den talentierten Nachwuchs, andererseits wurden die arrivierten Akteure nochmals am Kragen gepackt. Manager Marcel Siegenthaler bestätigte sich als grandioser Pokerspieler. Wer als klarer Tabellenführer einen neunfachen Meistertrainer davon sechs Titel mit dem eigenen Verein vor den Playoffs entlässt, geht ein Risiko ein. Auch intensivste Nachforschungen bei anderen Sportarten fanden keinen vergleichbaren Vorgang. Doch Siegenthaler hatte wohl noch die Saison 2005-2006 vor Augen, als einige Stars ebenfalls nicht mehr mit den Berger-Methoden einverstanden waren. Auch damals standen bei Malans starke Ausländer im Aufgebot, welche nur auf Fehler von Wiler-Ersigen warteten. Diesmal reagierte Siegenthaler aber früher. Das Glanzstück gelang ihm nach den Playoffs. Innert drei Tagen lockte er den Malanser Spielmacher Esa Jussila nach Zuchwil. Mit Jussila verliert Malans das Herz und die Seele seines Spiels.
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Die üblichen Verdächtigen
Die alte und neue Nummer Eins im Schweizer Unihockey heisst Wiler-Ersigen. 4:1, 3:0, 3:0 hiess die imposante Play-off-Bilanz in dieser Saison. Im Finale durften die Malanser Alligatoren zwar mit den Zähnen fletschen, am Schluss blieb der Wiler-Biber zum
TEXT: Reto Voneschen
FOTOS: Hans-Ulrich Mülchi
Gedankenverloren lief Adrian Capatt nach dem dritten Finalspiel nochmals aufs Spielfeld in der Zuchwiler Eishalle. Auf dem Arm Söhnchen Matti (2). Mit feuchten Augen schaute nochmals auf die Bretter, die für ihn während 18 Saisons die Welt bedeuteten. Und schien dem Sohnemann zu sagen, „Matti, in 18 Jahren schiesst du hier deine Tore." Es war ein bitterer Abschied für die lebende Legende Capatt, welcher nach 21 Jahren seinen Stock in die Ecke stellen wird. Bitter deshalb, weil Wiler-Ersigen gleich mit 3:0-Siegen die Finalserie gewann. Und die dritte Partie bereits nach 17 Minuten beim Stand von 4:0 entschieden war.
Bitter deshalb, weil die Malanser Alligatoren mit grosser Zuversicht in die Zuchwiler Eishalle gereist waren. „Die Serie ist noch nicht entschieden", sagte Sportchef Thomas Hitz kämpferisch vor Spiel 3. Vor sechs Jahren lieh er an gleicher Stätte Esa Jussila noch seine Schuhe, damit dieser die Malanser zum letzten Titel dirigieren konnte. Die Zuversicht holte sich Hitz, weil Malans in den beiden ersten Partien nicht die schlechtere, aber die schlechter belohnte Equipe war. Spiel 1 ging mit 4:5 in der Verlängerung verloren, die zweite mit 3:4.
Der vermeintliche späte Malanser-Ausgleichstreffer von Michael Pfiffner - in bester Wembley-Tor-Manier sprang der Ball von der Latte auf den Boden - wurde vom Schiedsrichterduo nicht anerkannt. Die Fernsehbilder tags darauf zeigten aber, dass der Ball wohl haarscharf hinter der Linie war. Gäbe es in der Schweiz Pressekonferenzen nach Liga-Spielen, hätte Petteri Nykky wohl wieder einen grossen Auftritt gehabt. So blieb seine Kritik hinter vorgehaltener Hand nur intern gehört. Dass Nykky Schweizer Nationaltrainer wurde, damit er sich nie mehr über Schweizer Schiedsrichter ärgern muss, ist aber nur ein sehr, sehr böses Gerücht.
Besonderer Titel
Auf der anderen Seite des Spielfeldes feierten die Spieler von Wiler-Ersigen ausgelassen den Titel. „Ab in den Schlagertempel", rief Stadion-Speaker Tom Balsiger den Anhängern zu. Es wurde eine lange Nacht. Titel Nummer 7 war ein ganz spezieller. Erst fiel die halbe Mannschaft verletzt oder krank aus, dann wurde Trainer Thomas Berger auf Druck der Mannschaft freigestellt und zu guter Letzt, ging wieder einmal der Cupfinal verloren. „Wiler ist angeschlagen", wetzte die Konkurrenz bereits die Messer.
„Wir haben den Druck schon gespürt", musste auch Interims-Trainer Thomas von Känel zugeben. Doch der langjährige Assistent hatte viel von seinem ehemaligen Mentor Berger gelernt. Von Känel kanalisierte den Gegenwind zur Motivationssteigerung. „Jetzt zeigen wir allen, wer der Meister ist", hiess ab sofort das Motto. Die Mannschaft rückte zusammen, es war klar: Ausreden gibt es keine mehr. Die Kloten-Bülach Jets vom neuen Wiler-Trainer Heikki Luukkonen - welcher ab dem Halbfinal auch bereits Aufgaben für seinen neuen Brötchengeber übernahm - waren die (etwas trockene) Vorspeise in den Viertelfinals. Erzfeind Langnau ein Amouse-bouche und der ewige Rivale Malans dann die Hauptspeise.
Kalkuliertes Risiko
Die turbulente Saison setzte viele neue Kräfte frei bei Wiler-Ersigen. Einerseits schaffte sie viel Spielzeit für den talentierten Nachwuchs, andererseits wurden die arrivierten Akteure nochmals am Kragen gepackt. Manager Marcel Siegenthaler bestätigte sich als grandioser Pokerspieler. Wer als klarer Tabellenführer einen neunfachen Meistertrainer - davon sechs Titel mit dem eigenen Verein - vor den Playoffs entlässt, geht ein Risiko ein. Auch intensivste Nachforschungen bei anderen Sportarten fanden keinen vergleichbaren Vorgang.
Doch Siegenthaler hatte wohl noch die Saison 2005-2006 vor Augen, als einige Stars ebenfalls nicht mehr mit den Berger-Methoden einverstanden waren. Auch damals standen bei Malans starke Ausländer im Aufgebot, welche nur auf Fehler von Wiler-Ersigen warteten. Diesmal reagierte Siegenthaler aber früher. Das Glanzstück gelang ihm nach den Playoffs. Innert drei Tagen lockte er den Malanser Spielmacher Esa Jussila nach Zuchwil. Mit Jussila verliert Malans das Herz und die Seele seines Spiels.
Wiler-Ersigen in allen Teilen mit Vorteilen
Im Direktvergleich schliesst jeder Mannschaftsteil von Wiler-Ersigen besser ab. Daniel Streit (Coach von Känel: „Unser bester Mann" -) gewann das Duell gegen Hitz - mitschuldig am frühen Rückstand in Spiel 3 - deutlich. In der Abwehr zeigte sich, dass der Malanser Spektakelverteidiger Petri Hakonen sein Pulver verschossen hatte, dafür Wilers Olle Thorsell nach seiner langen Verletzungspause nochmals zu Hochform auflief. Im Angriff wusste sich die Malanser Ausländerblock (drei Finnen, ein Tscheche und Capatt) gut aufgehoben bei der Hofbauer-Linie. Im zweiten und dritten Block hatte Wiler-Ersigen dann deutlich mehr Fleisch am Knochen als Malans. Michael Zürcher beispielsweise, zuvor in den Halbfinals nur Edelreservist, zeigte seinen Kritikern nochmals eindrücklich, warum er es bis nach Schweden und die Nationalmannschaft geschafft hatte. Daneben zeigten auch die Nachwuchsspieler wie Olivier Hirschi oder Lukas Meister, dass sie auch in der Crunch-Time Akzente setzen konnten. Neben der Bande konnte Wilers-Interims-Coach von Känel beweisen, dass er mehr als nur ein Hütchenaufsteller ist. Petteri Nykky stellte seine Malanser in den ersten beiden Partien zwar gut ein und coachte sehr aktiv - für seine Verhältnisse beinahe hyperaktiv. In dritten Spiel verfiel er dann aber wieder in seine altbekannte, passive Zuschauerrolle und liess die 2:6-Schmach praktisch emotionslos über sich ergehen.