Churer Urgestein
Im Frühling nahm sich das Bündner Lokalfernsehen «Tele Südostschweiz» wieder einmal des Bündner Unihockey-Derbys zwischen Chur Unihockey und Alligator Malans an. Eine der Fragen, die jeweils drei Protagonisten gestellt wurde, lautete: «Würdest du zum gegnerischen Team wechseln?» Einer der Befragten war Churs Verteidiger Renato Schneider. «Nia im Leba», lautete seine deutliche Antwort. Anders als bei gewissen Fussballprofis war die Antwort ehrlich und kam aus tiefstem Herzen. «Ich sehe keinen Grund, Chur zu verlassen», sagt er ruhig aber bestimmt - ganz seinem Wesen entsprechend. Er schiebt nach: «Ich hätte schon früh zu wohl jedem anderen NLA-Club wechseln können. Das hat mich aber nie interessiert». Anders als etwa bei der früheren Churer-Ikone Thomas Engel mangelte es dem blonden Offensivverteidiger nie an Angeboten. Doch im Gegensatz zu anderen Spielern pokerte er mit den interessierten Klubs nie. «Ich weiss, bei anderen Vereinen hätte ich wohl besser dotierte Verträge erhalten. Aber ich wollte nie weg», schaut er ohne Bedauern zurück.
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Churer Urgestein
Seit 20 Jahren spielt Renato Schneider Unihockey. Immer für Chur Unihockey, seit über zehn Jahren in der NLA. Titel fehlen noch in seiner Sammlung. Die Hoffnung hat er nicht aufgegeben.
Im Frühling nahm sich das Bündner Lokalfernsehen «Tele Südostschweiz» wieder einmal des Bündner Unihockey-Derbys zwischen Chur Unihockey und Alligator Malans an. Eine der Fragen, die jeweils drei Protagonisten gestellt wurde, lautete: «Würdest du zum gegnerischen Team wechseln?» Einer der Befragten war Churs Verteidiger Renato Schneider. «Nia im Leba», lautete seine deutliche Antwort. Anders als bei gewissen Fussballprofis war die Antwort ehrlich und kam aus tiefstem Herzen. «Ich sehe keinen Grund, Chur zu verlassen», sagt er ruhig aber bestimmt - ganz seinem Wesen entsprechend. Er schiebt nach: «Ich hätte schon früh zu wohl jedem anderen NLA-Club wechseln können. Das hat mich aber nie interessiert». Anders als etwa bei der früheren Churer-Ikone Thomas Engel mangelte es dem blonden Offensivverteidiger nie an Angeboten. Doch im Gegensatz zu anderen Spielern pokerte er mit den interessierten Klubs nie. «Ich weiss, bei anderen Vereinen hätte ich wohl besser dotierte Verträge erhalten. Aber ich wollte nie weg», schaut er ohne Bedauern zurück.
Früher NLA-Einstieg
Chur und Renato Schneider, das gehört und passt zusammen. Vor 20 Jahren begann er bei den Churern D-Junioren und hätte am liebsten jeden Tag trainiert. Unihockey war anno 1994 in Chur die klare Sportart Nummer 1. Als «Küken» erlebte Klein-Renato die goldene Zeit von Rot-Weiss Chur aus nächster Nähe. Nette Anekdote am Rande: Schneiders grosses Vorbild hiess Mikael «Micke» Fernström, damals einer der trickreichsten Torjäger der Liga. Zu Weihnachten erhielt er ein Duplikat von Fernströms Trikot geschenkt. Fortan soll er nur noch in diesem Leibchen geschlafen haben. «Stimmt», sagt Schneider lächelnd und zieht das Trikot mit einem Schmunzeln aus der Tasche mit den gesammelten Trikots der vergangenen Jahre.
Bereits mit 16 Jahren durfte der talentierte Verteidiger erstmals NLA-Luft schnuppern. 2003 kam er an der Seite des zwölf Jahre älteren Franco Battaglia zum ersten Einsatz. Zuvor war er bei den B-Junioren vom Stürmer («zeitweise habe ich 70 Skorerpunkte pro Saison abgeliefert») zum Verteidiger umfunktioniert worden. Als Förderkaderspieler erlebte er die letzten Triumphe von Rot-Weiss Chur. Bei der Meisterschaft 2003 sass er zwar auf der Tribüne, beim Cupsieg 2004 aber immerhin auf der Bank. «Wenn auch nur als Filmer», wie er ergänzt. Seine Qualitäten als Offensivverteidiger konnte er ab der Saison 2004/2005 dann endgültig in der NLA zeigen.
Stürmerblut wirkt nach
Der Sieg in Bern war der letzte Erfolg einer Churer Männer-Mannschaft auf nationaler Ebene bei den Aktiven. Seit der Fusion im Sommer 2004 zwischen Rot-Weiss Chur und Torpedo Chur rennt Chur Unihockey einem Titel nach. Vorstösse in den Halbfinal wie zuletzt vor vier Jahren blieben das höchste der Gefühle. Auf die Frage, was denn der schönste Moment seiner Karriere gewesen sei, muss Renato Schneider denn auch einen Moment überlegen. «Der Meistertitel mit der U21-Mannschaft im Jahr 2006 war eine schöne Sache», sagt er dann, «und auch der Sieg in der Derbyserie 2010. Aber ich gebe es zu: Ich würde gerne mal einen Titel gewinnen».
Die fehlenden Titel sind der grosse Makel in Renato Schneiders ansonsten bemerkenswerter Karriere. Aus dem wilden Offensivverteidiger, der bei jeder Gelegenheit mit wehenden Haaren nach vorne stürmte, ist in den letzten Saisons einer der besten Abwehrkräfte des Landes geworden, der seine Rushes mittlerweile dosiert einsetzt. Die Weitschüsse, gerade in Überzahl, sind gefürchtet. So ist er - für einen Verteidiger - in der Skorerliste oft recht weit vorne zu finden. Sein Bestwert stammt aus der Saison 2011/12, als er sich 31 Punkte (16 Tore/15 Assists) notieren liess. Auch wer sich in den Zweikampf mit dem robusten Verteidiger einlässt, sollte ein gutes Standvermögen besitzen. Seine durchschnittlich vier Strafen pro Saison in den letzten acht Saisons zeigen, dass hart nicht gleich unfair bedeutet.

Renato Schneider gefällt die Bündner Bergluft. (Bild: Erwin Keller)
Unschöne WM-Erinnerungen
Bei seinen Qualitäten verwundert es, dass es zwar zu 34 Länderspielen, aber nur gerade zu einer WM-Teilnahme bei den Aktiven und einer bei den U19-Junioren reichte. Ironie des Schicksals: Beide Male endete das WM-Abenteuer auf dem ungeliebten 4. Rang. 2005 mit der U19 in Prag und 2010 mit der A-Nati in Finnland. Bei dieser WM wurde er zum tragischen Helden. Bis zum letzten Drittel im kleinen Final gegen Tschechien erledigte Rookie Schneider seinen Job im dritten «Checker-Block» tadellos. Um mehr Feuerkraft ins Schweizer Spiel zu bringen, stellten ihn die damaligen Nationaltrainer René Berliat und Peter Düggeli vor dem Schlussdrittel beim Stand von 2:4 anstelle Florian Kuchens neben Kaspar Schmocker in die zweite Formation. Und dies, obwohl Schneider erst im zweiten Drittel eingewechselt wurde und vor allem ohne dies jemals in einem Training eingeübt zu haben. Der Mut wurde nicht belohnt - mit 5:1 gewannen die Tschechen das letzte Drittel. Schmocker/Schneider standen dabei bei einigen Toren im Schilf. «Klar war es enttäuschend, aber ich fühlte mich nicht als Schuldiger der Niederlage. Der ‚Pfus' im Team war einfach draussen».
Vier Tore als Antwort
Die Nationalmannschaft und Renato Schneider - das blieb in der Folge eine komplizierte Beziehung. Vor der WM 2012 im eigenen Land gehörte Schneider zu den Wackelkandidaten. Und dies, obwohl Chur damals zu den Top-Teams der Liga gehörte und Schneider in guter Form war. Als er für den letzten Test am EFT in Växjö nicht aufgeboten wurde, ahnte er bereits, dass es nicht reichen würde. Wie einige andere auch verfolgte er vor dem Computer die Bekanntgabe des WM-Kaders. Die Enttäuschung über die Nicht-Nomination hielt sich bei ihm persönlich in Grenzen. Eine Erklärung gab es wie bei den restlichen Betroffenen nicht, «aber die Trainer sagten bereits zuvor, dass für sie der 20-Minuten-Lauf sehr wichtig sei. Da war ich aber immer einer der Letzten». Ausdauer sei nicht seine Stärke, so Schneider, «dafür war ich bei den Sprints jeweils bei den Ersten».
Vor allem bei Chur Unihockey war die Empörung über die Nicht-Nomination ihres damaligen Captains gross. Kein Wunder: Erstmals überhaupt stand kein einziger Churer Akteur in einem WM-Kader. Schneider verfolgte die WM nur vor dem Fernseher. Seine Antwort gab er bereits eine Woche nach Bekanntgabe des Kaders, als er beim 14:5-Sieg Churs gegen Uster vier Tore schoss. Ganz verraucht war der Ärger aber auch Anfang Februar2013 noch nicht, als er sich - wie einige andere «Übergangene» - wegen Lustlosigkeit für die damaligen Länderspiele in Yverdon abmeldete.
Thema Nati auf Eis gelegt
Erst im vergangenen November bei den EFT-Länderspielen in Schaffhausen gab er sein Comeback im Nati-Dress. Weitere Länderspiele folgten jedoch nicht. An Aufgeboten mangelte es diesmal nicht. «Ich wurde zweimal angefragt, ob ich dabei sein wolle. Aber ganz ehrlich: Der Aufwand war mir einfach zu gross. Darum habe ich verzichtet.» Aus beruflichen Gründen - der Betriebsökonom arbeitet als Applikations-Manager bei einer Churer IT-Firma - wäre er bis September nicht verfügbar gewesen. «Klar, eine WM zu spielen und dies erst noch in Schweden, wäre äusserst reizvoll. Aber der Aufwand dafür, mit den geforderten sieben bis acht Trainings pro Woche, steht meiner Meinung nach in keinem Verhältnis», sagt er. Als Studienabgänger wolle er sich jetzt mal auf den Beruf konzentrieren. «Ich möchte anfügen, dass ich kein Problem mit Petteri Nykky habe», betont er.
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