Der Hitzkopf
Seit dem Spiel gegen die Tigers vom 11. Oktober gehört SeverinBrandenberger wieder zum „wir" der Jets. Der 25-Jährige stieg nach einer hartnäckigen Hüftverletzung mit Verspätung in die Saison. Schon im letzten Jahr plagte ihn dieser Knorpel- und Gewebeschaden, der wohl nach Beendigung der Karriere eine Operation unabdingbar machen wird. Vier Wochen Pause im Dezember 2013 brachten nur wenig Linderung, er kämpfte sich mit Schmerzen bis zum Saisonende - was mit der Playoffteilnahme belohnt wurde.
Das Sommertraining bestand anschliessend aus Kraftraum, Physiotherapie, Velofahren und Schwimmen. „Ein- bis zweimal pro Woche bestritt ich das Krafttraining mit dem Team, um doch etwas dabei zu sein", blickt er auf die letzten Monate zurück. Etwas Stickhandling gehörte auch zum Programm, um das Ballgefühl nicht zu verlieren - aber nicht in Verbindung mit Bewegung. „Ich habe das Beste aus der Situation gemacht. Jeder Sportler kennt Verletzungen", nimmt Brandenberger die schwierigen Monate erstaunlich gelassen hin. Umso grösser war die Freude auf den Einsatz gegen die Tigers. Bis zum letzten Drittel jedenfalls. Erst fasste er eine Strafe, die ohne Konsequenzen blieb. Dann noch eine, verbunden mit zusätzlichen 2 plus 10 Minuten, da er - sich ungerecht behandelt fühlend - den Stock weggeworfen hatte. Während der ersten Strafe glichen die Jets zwar per Shorthander aus, doch kurz vor Ablauf der zweiten Strafe schoss Joel Krähenbühl die Emmentaler entscheidend in Führung.
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Der Hitzkopf
Bei Severin Brandenberger gilt: Nomen est Omen. Oder anders gesagt: Manchmal läuft er nicht nur heiss, er überhitzt auch. Trotzdem oder gerade deswegen können die Jets froh sein, dass ihr Antreiber wieder da ist.
Die Punkteausbeute der Kloten-Bülach Jets liest sich nach sechs betrittenen Partien - das Duell gegen Wiler-Ersigen wird aufgrund des Champions Cup im Dezember nachgeholt - bescheiden. Erst die drei Zähler vom Sieg über Schlusslicht WaSa sind auf dem Konto. Das sind zwar gleich viele oder wenige wie letzte Saison zum gleichen Zeitpunkt, aber diesmal hätten es auch mehr sein können. Gegen die Spitzenteams Köniz (4:7) und Tigers (3:5) waren die Flieger lange im Rennen und kassierten am Schluss Empty Netter. Auch bei Grünenmatt (6:8) lagen sie bis zur 45. Minute noch in Führung. Schmerzhaft war vor allem die Heimniederlage gegen Uster - auch diese wurde am Schluss mit einem Treffer ins leere Tor besiegelt. Dennoch sagt Severin Brandenberger: „Wir spielen besser als letzte Saison, als es für die Playoffs gereicht hat. Wir müssen unsere schwachen Minuten abstellen, in denen wir zu viele Treffer kassieren - dann kommt es gut." Gut heisst in dem Fall: Das erneute Erreichen der Playoffs.
Die Krux mit der Hüfte
Seit dem Spiel gegen die Tigers vom 11. Oktober gehört Brandenberger wieder zum „wir" der Jets. Der 25-Jährige stieg nach einer hartnäckigen Hüftverletzung mit Verspätung in die Saison. Schon im letzten Jahr plagte ihn dieser Knorpel- und Gewebeschaden, der wohl nach Beendigung der Karriere eine Operation unabdingbar machen wird. Vier Wochen Pause im Dezember 2013 brachten nur wenig Linderung, er kämpfte sich mit Schmerzen bis zum Saisonende - was mit der Playoffteilnahme belohnt wurde.
Das Sommertraining bestand anschliessend aus Kraftraum, Physiotherapie, Velofahren und Schwimmen. „Ein- bis zweimal pro Woche bestritt ich das Krafttraining mit dem Team, um doch etwas dabei zu sein", blickt er auf die letzten Monate zurück. Etwas Stickhandling gehörte auch zum Programm, um das Ballgefühl nicht zu verlieren - aber nicht in Verbindung mit Bewegung. „Ich habe das Beste aus der Situation gemacht. Jeder Sportler kennt Verletzungen", nimmt Brandenberger die schwierigen Monate erstaunlich gelassen hin.
Umso grösser war die Freude auf den Einsatz gegen die Tigers. Bis zum letzten Drittel jedenfalls. Erst fasste er eine Strafe, die ohne Konsequenzen blieb. Dann noch eine, verbunden mit zusätzlichen 2 plus 10 Minuten, da er - sich ungerecht behandelt fühlend - den Stock weggeworfen hatte. Während der ersten Strafe glichen die Jets zwar per Shorthander aus, doch kurz vor Ablauf der zweiten Strafe schoss Joel Krähenbühl die Emmentaler entscheidend in Führung.

Severin Brandenberger läuft manchmal heiss. (Bild: Erwin Gahr)
Zwischen Genie und Wahnsinn
Diese kleine Episode gibt viel her. Erstens: Brandenberger hat Humor. „Nach der langen Zeit ohne Teamtraining ging mir gegen Spielende die Puste aus und ich brauchte eine Pause", sagt er zur Disziplinar-Strafe. Zweitens: Brandenberger hat sich in den letzten Jahren einen gewissen Ruf erworben, der bei einem Stockwurf schneller eine Strafe nach sich zieht als bei anderen. „Einen Hofbauer-Bonus habe ich gewiss nicht", sagt er dazu nur. In der Regel übersteigen denn auch Ende Saison seine Strafminuten die Skorerpunkte. Es kam vor einigen Jahren auch schon vor, dass ihn Trainer am Schluss auf der Bank liessen - mit der Begründung, dass er sowieso bei der nächstbesten Aktion eine Strafe erhalten würde, egal was er mache.
Und Drittens: Der Grat zwischen Genie und Wahnsinn ist bei Brandenberger schmal. Er kann auf einen Pass des Gegners spekulieren, diesen abfangen, mit einem pfeilschnellen Rush drei Gegenspieler stehen lassen und plötzlich vor dem Tor auftauchen. Er kann aber auch plötzlich heiss laufen und mit den Emotionen kämpfen. Das wissen mittlerweile auch die Mitspieler, die gar nicht mehr versuchen, ihn in solchen Momenten zu beruhigen. Brandenberger nimmt diese Situationen mittlerweile selber besser wahr als früher - kann sie aber weniger gut kanalisieren als etwa Roger Federer, der in seinen Jugendjahren auf dem Platz noch als Flegel galt, ehe er sämtliche Emotionen ins Innere verbannte. Brandenberger dazu: „Mein Spiel - wie auch das der Jets - lebt von den Emotionen. Wir müssen immer am Limit spielen, wenn wir erfolgreich sein wollen. Da kommt es vor, dass die Grenze mal überschritten wird - damit müssen wir leben."
Der überharte Körpereinsatz
Fest steht jedoch: Die Anzahl Strafminuten ist rückläufig. Den „Rekordwert" der NLB-Saison 2008/09 mit 15 Zweiminuten-Strafen - ein stolzer Wert - erreichte er nie mehr. In der Saison 2010/11, als die Jets gerade wieder ins Oberhaus zurückkehrt waren, liess er noch einmal elf kleine Bankstrafen folgen, was jedoch auch andere locker schaffen. Die einzige Fünfminuten-Strafe der Karriere liegt schon vier Jahre zurück und wurde noch in der NLB geholt - und den einzigen Platzverweis gab es in den hitzigen Playout-Duellen gegen Waldkirch-St. Gallen in der vorletzten Saison, „als ich Luzi Weber ins Gesicht langte", wie Brandenberger zugibt. Die je fünf Strafen in den letzten beiden Saisons zaubern jedem Eishockey-Goon nur ein müdes Lächeln ins Gesicht.
Woher also kommt der zweifelhafte Ruf des Abräumers, Heisssporns oder Hitzkopfs? „Ich denke, dass die Jets grundsätzlich noch ein Image-Problem haben, das aus den legendären Schlachten längst vergangener Tage stammt", analysiert Brandenberger und meint damit die Zeiten, als Armin Rüeger, Michi Walthard oder René „Silly" Jaunin noch für Stimmung in der Ruebisbach-Halle sorgten. „Was bei Top-Teams als Härte bezeichnet wird, gilt bei uns oft als überhartes Einsteigen", gibt Brandenberger zu bedenken. In der Tat wird gerade bei seinen Strafen häufig der Code für „überharten Körpereinsatz" in den Matchrapport eingetragen. Wobei er im Zweikampf oft genug schlicht die stärkeren Oberschenkel als der Gegenspieler ins Gefecht führte.
Brandenberger, der ehemalige Fussballer, ist physisch immer parat. Und wenn der Gegner fliegt, sieht das eben manchmal nach Foul aus. „Auch wenn es sein kann, dass mich einige Schiedsrichter von früher her noch etwas auf dem Kieker haben - ihre Leistungen sind deutlich stärker geworden. In dieser Saison haben sie noch einmal einen Schritt nach vorne gemacht und können gerade solche Situationen besser beurteilen", windet er den Unparteiischen ein Kränzchen.

Als Vereinsmensch fühlt sich Severin Brandenberger bei den Jets wohl. (Bild: Erwin Gahr)
Der Vereinsmensch
Lässt man die Diskussionen über Strafenstatistiken beseite, entdeckt man einen Unihockeyspieler der ersten Kategorie. Einen, der in der Abwehr - am liebsten spielt er rechter Verteidiger - ebenso zu Hause ist wie im Sturm, was jeder Trainer schätzt. Einen, der 2007 mit noch etwas vollerer Haarpracht die U19-WM in Kirchberg und Zuchwil bestritt und 2011 in der A-Nati debütierte. Einen, der Tempo, Kraft, Emotionen, Spielübersicht und technische Fertigkeiten mitbringt, die Unihockey so attraktiv machen. „An der Schusstechnik kann ich noch feilen", zeigt er sich selbstkritisch. Aber die Jets wissen, was sie an ihm haben. Und sie müssen nicht einmal Angst haben, dass er ihnen demnächst davon läuft. Mit Ausnahme von ein paar Monaten im HCR-Nachwuchs spielte er immer für die Flieger.
„Klar gab es Anfragen anderer Vereine. GC-Trainer Magnus Svensson klopfte zum Beispiel einmal an - aber schon nur der zusätzliche Aufwand, mehrmals pro Woche durch den Stau ins Zürcher Stadtzentrum zu fahren, ist schwierig zu bewältigen, wenn man 100 Prozent arbeitet." Dies tut Brandenberger nach wie vor, und deshalb bleibt er den Jets auch treu, ohne mit anderen Vereinen oder dem Ausland zu kokettieren. Auch wenn das heisst, auf einige Franken mehr Spesenentschädigung zu verzichten und stattdessen einmal pro Jahr Altpapier sammeln zu gehen und brav Helfereinsätze an Juniorenrunden zu leisten. „Die Jets sind noch ein sehr familiärer Verein, auch als NLA-Spieler besucht man zum Beispiel ab und zu mal ein Juniorentraining. Mir gefällt das - ich spiele nicht aus finanziellen Gründen Unihockey", sagt Brandenberger. Was alle Stimmen bestätigt, die ihm bescheinigen, ausserhalb des Platzes „ein total lieber Siech" zu sein. Und auch auf dem Platz ist er ja gar nicht so schlimm, wie mancher vielleicht meint. Auch wenn er ein Hitzkopf bleibt.
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