Ausgabe 160, Februar 2020 - Saison 2019/2020
Zuger Rasselbande
Zweimal wurde Adrian Furger für die kantonale U15-Auswahl aufgeboten. Für die regionale U17-Auswahl wurde er für zu schlecht befunden. Bis zum 26. Oktober 2019 absolvierte er etwas mehr als 60 NLA-Partien als Verteidiger, die Statistik weist bis dahin acht Skorerpunkte aus. Zehn Spiele und 20 Skorerpunkte als Stürmer später lief er mit der Schweizer Nationalmannschaft an der WM-Qualifikation in der Slowakei auf. Kometenhafter kann ein Aufstieg nicht verlaufen, schon gar nicht mitten in einer Saison. „Hätte mir das vor der Saison jemand gesagt, hätte ich vor lauter Lachen mein Bier ausgespuckt", wundert sich Furger selber. Im letzten Oktober fehlte im Training der Zuger im Spielteil ein Flügel. Headcoach Nicklas Hedstal fragte Furger, ob er die Position übernehmen würde. Nach dem Training erklärte der Schwede dem 24-Jährigen, dass seine Tage als Verteidiger gezählt seien. „Erst dachte ich, mich auf dem Flügel zu bringen, sei ein hochkriminelles Experiment", blickt Furger lachend zurück, „aber dann sagte ich: Okay, das wird schon gehen, ich werde einfach etwas Zeit brauchen."
Er sollte keine Zeit brauchen. Im folgenden Spiel gegen Köniz war Furger aufgrund einer Verletzung Calle Kostov Bredbergs zu Beginn zwar doch wieder Verteidiger, rückte aber ab Spielhälfte in die Offensive vor - und lieferte sogleich ein Tor und einen Assistpunkt ab. Von da an stürmte Furger und behielt diesen Punkteschnitt gleich bei. In zehn Partien buchte er elf Tore und neun Assists.
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Leseproben zu dieser Ausgabe
Usters Energiebündel
Ob es für Uster für die Playoffs reicht oder nicht - Timon Stäubli kann mit seiner Saison zufrieden sein. Der 22-jährige Stürmer hat sich bei den Zürcher Oberländern zu einer festen Grösse entwickelt.
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Trainerverschleiss
Zehn von 28 Vereinen der schwedischen Superligan haben diese Saison bereits Trainerwechsel hinter sich. Weshalb dieser Rekordwert? Die Coaches sind sich einig - die Spieler haben sich verändert.
Artikel lesenZehn von 28 Vereinen der schwedischen Superligan haben diese Saison bereits Trainerwechsel hinter sich. Weshalb dieser Rekordwert? Die Coaches sind sich einig - die Spieler haben sich verändert.
Trainer sind auch in Schweden Mangelware. Dennoch kam es diese Saison zu so vielen Wechseln an der Bande wie noch nie. Der bei Meister Storvreta im letzten Dezember geschasste Andreas Harnesk teilt aus: „Niemand scheint mit den Trainern zufrieden zu sein. Irgendetwas gibt es an sämtlichen Coaches auszusetzen - es ist eine groteske Situation."
Auch sein Kollege Adam Kallenberg (Kalmarsund) hebt den Mahnfinger. „Die Krise in der Trainerlandschaft ist offensichtlich, es lassen sich kaum noch Trainer finden. Die Arbeitsbedingungen schliessen viele Kandidaten aus - zum Beispiel fast alle ab einem gewissen Alter und alle, die nicht Single sind", weist er auf den Umstand hin, dass heutzutage das Traineramt bei einem Topverein praktisch ein Vollzeitjob ist - einfach nicht entsprechend entlöhnt. Auch in der SSL sind alle Trainer auf „Nebenjobs" angewiesen.
Coaches ziehen Reissleine
Dass der Job an der Bande immer anspruchsvoller wird, musste sich auch Christian Guntsch eingestehen, als er im Januar Växjö aus „persönlichen Gründen" verliess. Inoffiziell ist bekannt, dass er Mühe hatte, seine Truppe noch zu motivieren. „Für den Coach fällt so viel Arbeit an. Unzählige persönliche Gespräche mit den Spielern, Scouting, die Trainingsvorbereitungen - alles braucht mehr Zeit und Energie als früher", führt Guntsch aus. Gleichzeitig steige der Druck. „Du siehst, wie die anderen Vereine Video-Analysen einsetzen, also musst du das auch machen - am besten sogar besser als die Gegner. Die Vorbereitungen auf jedes simple Ligaspiel sind enorm und du hast nie genug Zeit."
Guntsch wurde letztes Jahr erstmals Vater und kümmerte sich immer am Dienstag und Donnerstag um seine Vaterpflichten. Neben dem Traineramt bei Växjö arbeitete er auch noch in einem 50-Prozent-Pensum am Unihockey-Gymnasium. „An Weihnachten hatte ich genug, ich war fertig", gesteht Guntsch. Er zog die Konsequenzen und trat zurück.
Sabina Wedberg sorgte im letzten Herbst erst für Schlagzeilen, da sie bei Endre als einzige weibliche Cheftrainerin der ganzen SSL in die Saison stieg - und dann erneut, als sie Mitte November die Reissleine zog. „Die Menge an Arbeit war ein Schock. Einen bürgerlichen Job, das Traineramt und ein normales Leben unter einen Hut zu bekommen ist praktisch nicht mehr möglich", so Wedberg.
Endre startete mit drei Niederlagen in die Saison. „Du denkst, deswegen noch mehr Zeit in den Sport investieren zu müssen. Du hinterfragst alles, schläfst daher weniger. Ich musste Dinge weglassen, um mehr Zeit zu finden. Ich liess das Essen weg und verlor die ganze Energie", blickt Wedberg auf den Herbst zurück, ehe sie auf ihren Körper hörte und sich selber aus dem Verkehr zog. Nach sechs Wochen Pause war sie wieder an der Bande - mit einem reduzierten Arbeitspensum und höherer Entschädigung durch den Verein.
Die Millenium-Gesellschaft
Einen höheren Lohn würden sich selbstverständlich alle Coaches wünschen. Sie hoffen aber auch auf mehr Unterstützung aus dem Verein, dem Vorstand. Mehr Verständnis für die Arbeit eines Trainers. „Das sportliche Fachwissen in den Führungsetagen vieler Klubs ist begrenzt. Das ist mit ein Grund, weshalb überall Trainer vor die Tür gesetzt werden", ist sich Adam Kallenberg sicher. „Die Trainer brauchen im Verein mehr Ansprechpartner und Support", pflichtet ihm Andreas Harnesk bei.
Die Spieler sprechen gerne mit den Coaches. Sogar zu gerne und zu oft, wie Harnesk schildert: „Alle haben zu allem eine Meinung, alle wollen sofort für Anstrengungen belohnt werden und suchen auf dem Weg zum Erfolg die Abkürzung. Eine klassische Millenium-Gesellschaft", poltert er. Christian Guntsch meint darauf angesprochen: „Dass die Spieler mehr Aufmerksamkeit benötigen, ist nicht das Problem, auch wenn sich diesbezüglich in den letzten sieben oder acht Jahren schon sehr viel verändert hat. Entscheidender ist, dass die jungen Spieler nicht bereit sind, den nötigen Aufwand zu betreiben, um Topspieler der SSL zu werden. Im Eishockey etwa ist die Hingabe grösser - im Unihockey wird zu oft geklagt."
Kallenberg bringt es auf einen einfachen Nenner. „Früher konnte der Trainer den Spielern sagen: Macht das - und alle taten es. Heute steht er vor 20 Individuen, die alle in einer Form involviert sein wollen." Mit seiner Kritik zielt Kallenberg auch auf die Youngsters. „Nach zwei langen Carfahrten zu Auswärtsspielen, in denen sie nicht zum Einsatz gelangen, wollen sie schon aufhören. Sie erwarten, dass ihnen für jede Bemühung ein schön verpacktes Geschenk in den Schoss gelegt wird."
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Inhalt
Kurznews
Weibliche SSL-Premiere durch Wehinger/Zurbuchen, Teilzeitprofi Heer, Cupfieber in Thun, unihockey.ch vor 10 Jahren. Dazu wird gut gebrüllt.
Zuger Rasselbande
Zug United zeigt die stärkste Saison der Vereinsgeschichte. Mit Adrian Furger, Tim Mock und Severin Nigg leisten junge Schweizer einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg.
Die Zuger Rasselbande rüstet sich fürs Shooting. (Bild: Michael Peter)
Pingpong
Vanessa Kapp (Laupen) und Michal Dudovic (Wiler) kurz und persönlich.
Cupfinals 2020
Stammgäste und ein Neuling kämpfen in der Wankdorfhalle um die Cup-Trophäen.
Energiebündel
Timon Stäubli hat sich bei Uster zu einer festen Grösse entwickelt, Playoff-Qualifikation hin oder her.
Unerwarteter Höhenflug
Fribourgs Perspektiven waren im Sommer mittelprächtig. Radikal verjüngtes NLB-Team, keine Heimspielhalle - doch aus der Not wurde eine Tugend.
Fribourg überraschte mit einer sehr erfolgreichen Qualifikation. (Bild: Lieberherr Photography)
WM-Qualifikation
Mit Kantersiegen Richtung Helsinki und ein spezieller Auftritt der Elefenbeinküste.
U19 in Altdorf
Tigers-Youngster Matteo Steiner zu den Spielen der Junioren-Nati in der Innerschweiz.
Champions Cup
Die Schweizer sind da, die Leistungen von Wiler und den Jets konnten sich sehen lassen - Gold ging trotzdem zweimal nach Schweden.
Storvreta gewinnt den Champions Cup 2020. (Bild: IFF)
Quo vadis?
Der Unihockeysport auf der Suche nach internationaler Breite, die auch national helfen würde - denn wer nimmt einen Sport ernst, in dem WM-Viertelfinals 26:1 ausgehen?
Lara in Göteborg
Nati-Goalie Lara Heini auf Abwegen.
Trainerverschleiss in Schweden
Fast die Hälfte aller SSL-Vereine hat im Verlauf der Saison auf der Trainerbank Wechsel vollzogen. Was ist da los?
Kolumne
Ehre, wem Ehre gebührt. Warum verdiente Spielerinnen und Spieler schon zu Lebzeiten eingebunden werden sollten.