01.
2017
Einmal Torjägerin, immer Torjägerin
Caroline Schürch, die letztjährige Topskorerin von Ärgera Giffers, beeindruckt auch in Burgdorf mit ihrer Torgefährlichkeit. Mit den Wizards verfolgt die Murtnerin hohe Ziele. Sie will den NLA-Superfinal erreichen.
Als am Samstagabend Ärgera und die Wizards Bern -Burgdorf in Giffers zum NLA-Duell gegeneinander antraten, war eine Spielerin vor dem Anpfiff besonders nervös sein: Caroline Schürch. Sechs Jahre hat die Murtnerin für den Sensler Verein gespielt, wurde mit ihm NLB-Meister und stieg in die Nationalliga A auf, ehe sie im Sommer zu den Bernerinnen wechselte. «Gegen meine ehemaligen und langjährigen Teamkolleginnen spielen zu müssen, war ein komisches Gefühl sein», sagt Schürch. «Ich wusste, dass ich in Giffers sehr herzlich empfangen wurde. Dennoch war ich sehr aufgereg.»
Der Traum vom Titelgewinn
Für Ärgera hat die Murtnerin in den vergangenen sechs Jahren 261 Skorerpunkte gesammelt, mit 35 Toren und 26 Assists war sie letzte Saison die beste Skorerin der NLA. Auch wenn Unihockey ein Mannschaftssport ist, so hatte die kräftige Stürmerin mit ihrem ausgeprägten Torinstinkt doch massgeblichen Anteil am Höhenflug der Senslerinnen. Dass Schürch im letzten Sommer von fast allen NLA-Vereinen (ausser Dietlikon) umgarnt wurde, war denn auch wenig überraschend. Dass sie ein Angebot eines anderen Teams angenommen hat, aber schon. «Ich habe lange überlegt und bin zum Schluss gekommen, dass ich, wenn ich mal ein grossen Final spielen oder einen Titel gewinnen will, wechseln muss. Ich bin nicht mehr die Jüngste, die Zeit läuft mir davon», sagt die 29-Jährige. Die Chancen, ihren Traum zu verwirklichen, seien in Burgdorf grösser als in Giffers. «Ich will nicht sagen, dass Burgdorf professioneller ist als Giffers; wir trainieren auch dreimal pro Woche. Allerdings sind die Trainingseinheiten intensiver. Defense, Powerplay, Boxplay. alles wird viel ausgiebiger geübt», sagt die 29-Jährige. Und weil Caroline Schürch als stellvertretende Abteilungsleiterin bei der Selecta AG in Kirchberg arbeitet, machte der Wechsel zu Burgdorf auch geografisch Sinn. «In zehn Minuten bin ich im Training.»
Während man beim Berner NLA-Klub angesichts des getätigten Königstransfers frohlockte, herrschte bei Ärgera Niedergeschlagenheit. «Es sind viele Tränen geflossen, als ich meinen Abgang kommuniziert habe», erinnert sich Schürch. Sie seien eben auch abseits des Spielfeldes gute Freundinnen gewesen. «Bei den Spielerinnen spürte ich Enttäuschung und Unsicherheit, wie es mit ihrem Team nun weitergehen soll.» Die meisten hätten ihren Entscheid aber nachvollziehen können. «Dennoch bin ich froh, dass es diese Saison wegen der Ligaaufstockung keinen Absteiger gibt. Dadurch ist es mir
leichter gefallen, zu gehen.»
Liga-Topskorerin
Bei den Wizards Bern Burgdorf hat sich Caroline Schürch inzwischen gut eingelebt. Als älteste Spielerin des Teams wird von ihr erwartet, dass sie den Jungen hilft und sie unterstützt. Gemessen wird sie in erster Linie aber an ihren Skorerwerten. «Das Team ist breiter aufgestellt als Giffers, es erzielen mehrere Spielerinnen regelmässig Tore. Das nimmt etwas Druck von mir», sagt die Murtnerin. So vermochte es sie nicht zu beunruhigen, dass sie vor der Winterpause mit Ladehemmungen zu kämpfen hatte und in zwei Spielen in Folge leer ausgegangen war. Im neuen Jahr hat die Stürmerin ihre Torgefährlichkeit wiedergefunden und in den vergangene zwei Partien mit fünf Treffern und zwei Assists geglänzt. Inzwischen führt sie - einmal mehr - die nationale Topskorerliste an.
Zwei Welten
Nicht zuletzt dank Schürchs Toren sorgen die Wizards in der NLA für Furore. Ende November hatte der Tabellenführer nicht etwa Piranha Chur, Dietlikon oder Red Ants Winterthur geheissen. Die drei Vereine, die bisher alle 30 Meistertitel unter sich ausgemacht hatten, wurden von Burgdorf in den Schatten gestellt. Inzwischen liegen die Emmentalerinnen zwar «nur» noch auf Platz drei hinter Chur und Dietlikon, ihr Rückstand beträgt aber bloss einen beziehungsweise zwei Zähler. «Wir haben das Potenzial, um den Superfinal zu erreichen. Das ist unser, und das ist mein grosses Ziel», sagt Schürch. In den letzten zwei Jahren waren die Wizards jeweils im Playoff-Halbfinal gescheitert.
Ärgera läuft es in der Meisterschaft wesentlich schlechter. Mit fünf Punkten aus sechzehn Spielen ist Ärgera das abgeschlagene Schlusslicht der NLA. «Giffers ist schlechter klassiert, als es dem Niveau des Teams entspricht», sagt Caroline Schürch. «Viele Spiele wurden nur sehr knapp und unglücklich verloren. Wir werden uns hüten, Ärgera zu unterschätzen.»
Dennoch: Burgdorf hat satte 32 Punkte mehr auf dem Konto und steigt heute Abend als klarer Favorit in die Partie. Was macht ihr aktueller Verein denn so viel besser als ihr vorheriger? «Giffers hat das Pech, dass Unihockey in der Westschweiz nicht so populär ist», erklärt Schürch. «Aus der Romandie kommen kaum gute Spielerinnen, und jene aus der Deutschschweiz gehen nicht ins Freibürgerland, weil es in ihrer Region genügend andere Vereine gibt, wo sie spielen können. Für Ärgera ist es schwierig, ein starkes Team zu formen.»
Fasnacht anstatt Nationalmannschaft
Obwohl Caroline Schürch seit Jahren zu den besten Skorerinnen der Schweiz gehört, hat sie noch nie das Schweizer Nationaltrikot getragen. Von den Nationaltrainern wurde sie lange nicht berücksichtigt, und als sie im Sommer ein Aufgebot für die Euro Floorball Tour erhalten hatte, wollte sie nicht teilnehmen. «Für das Nationalteam muss man pro Saison mindestens 20 Tage investieren. Wenn man Studentin ist, wie es bei fast allen Nationalspielerinnen der Fall ist, mag das gehen. Ich will aber nicht mein ganzes Ferienpensum dem Unihockey opfern. Dazu ist mir meine Freizeit zu wichtig», sagt die sportbegeisterte Frau. Tennis, Snowboarden und Stand-Up Paddeln auf dem Murtensee gehören zu ihren Hobbys. Zudem ist Schürch leidenschaftliche Fasnächtlerin und bläst in der Guggenmusik Ringmurechutze Murten die Trompete. «Ich habe den Vereinsverantwortlichen von Burgdorf von Anfang an klar gemacht, dass ich beim letzten Meisterschaftsspiel der Saison nicht dabei sein werde. Dann ist in Murten Fasnacht, das hat Vorrang.»
Quelle: Freiburger Nachrichten, Michel Spicher