02.
2016
Einer der Churer Architekten
Chur Unihockey hat sich trotz wenig Kredit für die Play-offs qualifiziert. Christoph Camenisch ist dabei in dieser Saison zum Nationalspieler gereift. Der Verteidiger wandelt auf den Spuren seines Onkels.
Chur Unihockey hat in dieser Saison allen Kritikern getrotzt. Nach Abgängen diverser Stammspieler, mit einem unbekannten Trainer und drei neuen ausländischen Spielern wurde dem Stadtclub wenig Kredit zugesprochen. Souverän hielten sich die Churer aber im vorderen Mittelfeld und stellten schon rasch die Play-off-Qualifikation klar. Bis zur letzten Runde durften sie auch noch auf das Heimrecht in den Play-offs, also einem Platz unter den Top 4, hoffen. Auf Rang 6 schloss Chur Unihockey die Qualifikation ab, in den Viertelfinal-Playoffs warten nun die Zürcher Grasshopper.
Aufstieg bis in die Nati
Neben den «alten Hasen» wie Jan Binggeli, Joel Hirschi, Lulzim Kamaj und Renato Schneider konnten auch die jungen Churer Spieler überzeugen. Herausragend dabei: Christoph Camenisch. Der 23-jährige Verteidiger wuchs in dieser Saison in eine Führungsrolle hinein. «Die Trainer schenken mir viel Vertrauen, das steigerte auch mein Selbstvertrauen», erklärt Camenisch seine Steigerung. Diese blieb auch Nationaltrainer David Jansson nicht verborgen. Bei den letzten Länderspielen gehörte Camenisch zum Stamm. Bei der WM-Qualifikation vor zwei Wochen in Polen erzielte er mit vier Toren und drei Assists auch seine ersten Punkte im Nationaltrikot.
Vom Flügel zum Verteidiger
Unihockey bestimmt das Leben des angehenden Architektur-Studenten seit frühester Kindheit. In den Windeln habe er die Spiele von Rot-Weiss Chur erlebt, erzählt Christoph Camenisch lachend. Der Grund ist einfach: Sein Onkel ist Sepp Ebneter, eine der schillerndsten Figuren im Churer Unihockey. Auf Ebneters ehemaligem Hof in Chur-Masans verbrachten Christoph Camenisch und sein Bruder viele Kindheitstage. «Mein Onkel hat mir auch viel erzählt von früher, beispielsweise von der WM 1998, wo er mit der Schweiz die Silbermedaille gewann». Im Spielstiel ähneln sich die beiden tatsächlich - technisch versiert, wendig, mit einem guten Auge und einem präzisen ersten Pass ausgestattet. Erstaunlich dabei: Christoph Camenisch spielt erst seit zweieinhalb Jahren in der Abwehr. Der damalige Verteidigermangel habe zum Wechsel geführt, sagt der gelernte Flügelspieler, der vor sechs Jahren in der NLA debütierte.
WM und Studium im Visier
An alte Zeiten möchte die neue Churer Generation anknüpfen. Sprich, wieder um Titel spielen. «Wir wollen in den Halbfinal», sagt Christoph Camenisch. Der Teamgeist, die neuen Spieler sowie das Trainergespann Iivo Pantzar und Lukas Thierstein seien die Stärken in dieser Saison. Vor dem Viertelfinal-Kontrahenten GC hat Camenisch zwar Respekt, aber keine Angst. «Entscheidend wird die Abwehrleistung sein», ist er überzeugt. Die Kreise des Zürcher Ausnahmekönners Kim Nilsson müssten eingeengt werden, «so wie das Langnau vor einem Jahr vormachte». Damals schied GC überraschend in der ersten Play-off-Runde aus.
Camenisch selber schaut schon weiter. «Fernziel ist die WM im Dezember», klärt er auf. Davor hat er sich den 30. April rot angekreuzt. Dann findet der zweite Unihockey-Superfinal in Kloten statt und vor allem muss er sich bis dann entscheiden, wo er sein Studium beginnt. Chur oder Winterthur heissen die Optionen. «Sag niemals nie», lautet seine Antwort, ob er sich einen Wechsel ins Unterland vorstellen könne. Ob so ein Transfer nicht zu Familienzwist führen würde, ist ein anderes Thema. Sepp Ebneter wechselte nur einmal den Verein: Von Torpedo zu Rot-Weiss Chur.
Zeitungsbericht "Die Südostschweiz"