12.
2013
Mit schwedischer Ruhe zum Erfolg
Corin Rüttimann will mit der Schweizer Unihockey-Nationalmannschaft am Wochenende nach Edelmetall greifen. Zuerst wartet heute Deutschland im Viertelfinal. Mit der neu gewonnen Erfahrung aus Schweden will die Churerin der jungen Schweizer Equipe helfen.
Entspannt fläzt Corin Rüttimann im Foyer des Schweizer Teamhotels in Brünn. Keine Selbstverständlichkeit. Interviewtermine mit den Nationalspielerinnen sind nicht ganz einfach zu bekommen. Eng ist der Zeitplan getaktet, nach einem WM-Gruppenspiel geht's auch mal direkt zurück ins Hotel, um abends nochmals zu trainieren. Die Churerin schätzt wie die anderen Spielerinnen die Ruhe im Hotel und vor allem den Wellness-Bereich zur Entspannung. Die Schweizer Teamleitung soll das Resort Weltmeister Schweden vor der Nase weggeschnappt haben. Zumindest neben dem Feld ein kleiner «Sieg» für die Schweizer Delegation.
Reisefreudiger Halbprofi
Auch schätzt Corin Rüttimann die Ruhe, weil sie in den letzten Monaten mehr für Unihockeyspiele unterwegs war, als sie es sich in den letzten Jahren gewohnt war. Seit dem Sommer lebt und spielt sie auf der schwedischen Insel Gotland beim Superliga-Team Endre. Zwei Stunden dauert allein die Überfahrt mit der Fähre aufs Festland - danach stehen mehrstündige Reisen durch ganz Schweden an. In den Norden nach Umea sind es beispielsweise knapp 700 Kilometer. So reist Endre meist schon einen Tag vor dem Spiel an. Zum Vergleich: Die längste Auswärtsfahrt für Piranha Chur ins Berner Oberland dauert drei Stunden.
«Man gewöhnt sich daran», wiegelt Rüttimann rasch ab, «ich habe es mir viel schlimmer vorgestellt.» Nach einem Jahr Verspätung - nach einem Diskushernie-Vorfall verschob sie ihre Schwedenpläne um eine Saison - ist Rüttimann rasch in der höchsten schwedischen Liga angekommen. «Es gefällt mir sehr, ich bereue den Schritt keine Sekunde», so die 21-Jährige. Mittlerweile steht sie mit ihrem Team Endre auf einem Play-off-Platz und führt die erste Line als Center an. Als Halbprofi lebt die Churerin auf der Insel. Vier Stunden arbeitet sie täglich als Qualitäts-Managerin («meine Schweizer Teamkollegin Tanja Stella hat mir gesagt, das heisse so») bei einem Sponsor. Daneben reicht die Zeit auch noch für ein BMS-Studium gemeinsam mit Freund Dario, der ebenfalls nach Gotland mitkam.
Aus der Tiefe des Raums
Gefordert ist Rüttimann derzeit in der Schweizer Nationalmannschaft. Auf der ungewohnten Position als Verteidigerin («das habe ich bisher noch nie gespielt») kurbelt sie im Stile eines «Sechsers» das Spiel von hinten an. Neben Silvana Nötzli, welche letzte Saison in Schweden als beste Verteidigerin ausgezeichnet wurde, gehört Rüttimann zu den wichtigsten Spielerinnen im Team von Sascha Brendler. Vor allem im dritten WM-Gruppenspiel gegen Norwegen, wo sich die Schweizerinnen mit einem 6:3-Sieg den so wichtigen Gruppensieg sicherten, gehörte die langjährige Piranha-Angreiferin zu den Besten. Ein Tor und zwei Assists liess sie sich notieren, nachdem sie nach dem ersten Drittel bei einem 1:2-Rückstand wieder in den Angriff beordert wurde.
Deutschland vor Augen, Finnland und Schweden im Hinterkopf
Trotz dreier Siege in drei Spielen sind die Schweizerinnen nicht zufrieden mit ihren Vorstellungen. «Wir können mehr, vor allem das Zusammenspiel muss besser werden», zeigt sich auch Corin Rüttimann selbstkritisch vor den heute beginnenden Finalspielen. Im Viertelfinal wartet heute in Ostrava um 20 Uhr Deutschland, gegen welches die Schweiz im Sommer 16:2 und 10:2 gewann. Im Hinterkopf ist bereits der mögliche Halbfinal gegen Finnland mit den Piranhas Tiia Ukkonen und Mia Karjalainen sowie den Kujala-Zwillingen. «Wenn wir einen guten Tag erwischen, dann könnte es mit dem Final klappen», hofft Rüttimann. Im letzten Länderspielvergleich im November erzwang die Schweiz ein Penaltyschiessen. Und auf ein Finalspiel gegen ihre neue Heimat Schweden, hätte gerade Corin Rüttimann wohl doppelt Lust. Auch wenn es dann mit der Ruhe definitiv vorbei wäre.
Zeitungsbericht "Die Südostschweiz"
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