12.
2011
Wenn nichts mehr geht
Den Weltmeistertitel wollten die Schweizer Unihockeyanerinnen an ihrer Heim-WM gewinnen. Nun ist das eingetreten, was mit den Worten Fiasko, kollektives Versagen und Enttäuschung auf der ganzen Linie am besten beschrieben worden kann. Am 10. September 2004 verlor die Schweizer Frauen-Auswahl letztmals gegen Tschechien. In den letzten drei Partien hatten die Schweizerinnen zwar zweimal Unentschieden gespielt und nur knapp gewonnen in der letzten Begegnung, doch mit dem Heimpublikum im Rücken gegen eine an dieser WM bescheiden aufgetrene tschechische Auswahl sollte, ja musste ein Sieg möglich sein. Doch es sollte nicht sein. 2:3 stand auf der Anzeigetafel geschrieben, gleich daneben feierte die tschechische Equipe ihre allererste WM-Medaille.
Zu viele Chancen vergeben
Wenn selbst hartgesottene Routiniers wie Mirca Anderegg ihre Tränen nicht mehr zurückhalten können, dann ist etwas schief gelaufen. Eine böse Vorahnung beschlich die 2'520 Zuschauer im erneut ausverkauften Athletik-Zentrum in St. Gallen, als die Schweizerinnen im Mitteldrittel nach der 2:0-Führung von Corin Rüttimann (31.) Torchance um Torchance vergaben und die Tschechinnen mit einem Doppelschlag (35./37) ausglichen. Zwar blieben die Schweizerinnen auch in der Folge gefühlte 90 Prozent in Ballbesitz, doch was sie daraus machten, war teilweise fast schon beschämend. Plan- und konzeptlos wurde der Ball hin- und hergeschoben. Was aufs Tor kam, wurde zur meist sicheren Beute der Winterthurer Torhüterin Jana Christianova.
Nur ein Block sorgt für Torgefahr
Auch die Reduktion auf zwei Linien im Schlussabschnitt brachte keine Besserung. Nur die erste Formation, der „Ju-Mi-Co"-Sturm mit Julia Suter, Mirca Anderegg und Corin Rüttimann sorgte für Torgefahr, der zweite Block mit den erst während den Spiel eingewechselten Natalie Stadelmann, Daniela Stettler und später Marion Rittmeyer - welche notabene erstmals in dieser Formation aufliefen - konnte nur ansatzweise für Druck sorgen, um es positiv zu formulieren. Die Tschechinnen stellten sich da cleverer an. Nach dem Kontertreffer von Dominika Steglova, welche in der 52. Minute alleine vor dem Tor stehend zum 2:3 abstauben konnte, stellten sie ihren offensiven Dienst gänzlich ein und konnten geduldig zuschauen, wie sich die Schweizerinnen abmühten. Erst 50 Sekunden vor Schluss nahmen die Schweizer Trainer ihr Timeout und Torhüterin Heidi Jud vom Feld.
Viele Fragen offen
Auch wenn dies negativ tönt: Tschechien hat die Medaille nicht gewonnen, sondern die Schweiz eine verloren. Weshalb es trotz zwei Jahren Vorbereitung möglich ist, dass eine Mannschaft kollektiv versagt, muss gründlich aufgearbeitet werden. Die Möglichkeit positive Werbung für den Unihockeysport zu machen, blieb trotz einer wirklich gut organisierten Heim-Weltmeisterschaft ungenutzt. Was bleibt, sind die enttäuschten Gesichter der Spielerinnen nach Spielschluss. Wenn nach zehn Jahren erstmals nicht mal eine Bronzemedaille gewonnen werden kann, dann muss sich auch die Trainercrew hinterfragen. Eine Handschrift auf dem Spielfeld, wie beispielsweise bei Schweden, ist nicht sichtbar. Ebenso warfen die jeweiligen Aufstellungen und Einwechslungen Fragen auf. „Aus den Medaillenrängen rotiert", wäre auch eine passende Überschrift gewesen.
Schweiz - Tschechien 2:3 (1:0, 1:2, 0:1)
Athletik-Zentrum, St. Gallen - 2520 Zuschauer - SR Heiskanen / Saario (FIN).
Tore: 04:57 Suter (Rüttimann) 1:0, 30:36 Rüttimann (Anderegg) 2:0, 34:20 Hyrslova (Bacanova Kamila/Ausschluss Gabathuler) 2:1, 36:42 Lackova (Szotkowska) 2:2, 51:52 Steglova (Urbankova) 2:3.
Strafen: 08:29 Suter 2', 33:25 Gabathuler 2'.
Schweiz: Jud; Berner, Gabathuler; Zimmermann, Hofstetter; Arpagaus, Marti; Anderegg, Rüttimann, Suter; Nötzli, Stella, Vögeli; Bärtschi, von Rickenbach, Wiki; Stettler, Stadelmann, Rittmeyer.
Tschechien: Christianova; Billa, Krupnova; Kotikova, Cerna; Macurova, Cepek Zizkova; Kanickova, Steglova, Urbankova; Bocanova Adele, Bacanova Kamila, Hyrslova; Jarolimova, Jilkova, Szotkowska.
Bemerkungen: 23. Lattenschuss Anderegg, 29. Pfostenschuss Marti, 60. Timeout Schweiz.
Bestplayer: Rüttimann / Christianova.
Gygax
11. 12. 2011