12.
2016
"Eines Tages sind wir olympisch"
Zum sechsten Mal in elf Anläufen gewann das Schweizer Unihockey-Nationalteam der Männer an der WM in Riga die Bronzemedaille, verpasste aber den Final. Die Bilanz von Verbandspräsident Daniel Bareiss ist dennoch nicht negativ.
Der Finaleinzug 1998 in Prag bleibt ein einmaliger Ausreisser, wie Platz 5 bei der WM-Premiere 1996 am anderen Ende der schmalen Skala. Der benötigte Exploit an der WM in Lettland gelang den Schweizern wiederum nicht. «Das Fazit fällt gemischt aus», sagt Daniel Bareiss, Verbandspräsident von Swiss Unihockey und seit Kurzem Mitglied des Exekutivrats von Swiss Olympic. An den Titelkämpfen in Riga sah der 53-jährige Zürcher aus Schweizer Optik viel Positives. Er bekam aber auch aufgezeigt, woran es der Sportart noch fehlt, um ins olympische Programm aufgenommen zu werden.
Daniel Bareiss, was ziehen Sie für ein Fazit von der WM in Riga?
Daniel Bareiss: Ein gemischtes. Die Niederlage im Halbfinal gegen Schweden tut weh. Nach zwei Dritteln waren wir noch dran, es stand 2:2. Dann leitete ein einfacher Fehler die Entscheidung ein. Positiv war, wie es der Mannschaft gelang, sich nach der Enttäuschung für das Bronzespiel zu motivieren. Das ist nicht einfach, und das hat sie gut gemacht.
Das Abschneiden der Schweiz ist zufriedenstellend?
Ich bin zufrieden mit Bronze und zufrieden, wie sich das Team während der WM entwickelt hat. In Riga waren acht Spieler zum ersten Mal an einer WM dabei,und doch präsentierte sich die Schweiz als homogene, funktionierende Mannschaft. Der Umbruch, den Trainer David Jansson nach der letzten WM eingeleitet hat, ist auf einem guten Weg. Hätten wir im Gruppenspiel Finnland geschlagen - was möglich gewesen wäre -, dann wäre der Weg in den Final frei gewesen. Die Zukunft sieht gut aus, wir verfügen über eine junge Mannschaft mit Potenzial. Wir haben alle Chancen, an der nächsten oder übernächsten WM im Final zu stehen.
Blicken wir über die eigene Mannschaft hinaus. Welche Erkenntnisse lieferte die WM in Lettland? Gab es Innovatives?
Ich beobachtete eher eine Stagnation. In Riga herrschte erwartungsgemäss nicht die gleiche Euphorie wie an den Titelkämpfen in Schweden oder der Schweiz. Der Zuschaueraufmarsch war enttäuschend, wohl auch, weil Lettland früh ausgeschieden ist. Sportlich zeigte sich, dass uns Schweden immer noch voraus ist. Zwischen Finnland, Tschechien und der Schweiz ist es aber zum Zusammenschluss gekommen. Dahinter holen Norwegen und Dänemark auf.
Die Hierarchien sind ziemlich starr. Warum gelingt es der Schweiz nicht, die Lücke nach ganz vorne zu schliessen?
Dafür gibt es rationale Faktoren. Schweden hat viermal so viele lizenzierte Spieler wie die Schweiz. Schweden ist eine Sportlandschaft; die Athleten erhalten Unterstützung vom Staat auch im höheren Sportleralter, und die Strukturen sind gut. In Schweden spielen die Junioren früher auf dem Grossfeld als bei uns, und sie werden derzeit noch besser gefördert. Daran arbeiten wir. Wir sind auf einem guten Weg, der Wille ist da, aber es braucht noch ein paar Jahre. Derzeit sind wir daran, mit guten Ausbildungsstrukturen die Basis zu legen.
Der Trainer kommt mit seiner erfrischenden, offenen Art gut an. Erfolgreicher als unter seinen Vorgängern ist die Schweiz aber nicht.
David Jansson braucht Zeit, und die bekommt er. Die Änderung im Führungsstil im Vergleich zu Petteri Nykky, dem Vorgänger, ist gross. Es ist gut erkennbar, was Jansson geändert hat. Die Schweiz tritt anders auf unter ihm, mit mehr Mut zum Risiko. Der Mut ist da, nur gehen die Jungen manchmal noch zu viel Risiko ein.
Die Sportart wäre gerne olympisch. Was fehlt noch, um ins Programm aufgenommen zu werden?
Wir müssen mehr Nationen erreichen, klar. Der asiatische Raum ist wichtig, aber auch Deutschland. In Asien sehe ich ein Wachstum, das könnte uns einen Schub verleihen. Der nächste Schritt sind die World Garnes im kommenden Juli in Polen, für die sich die Schweiz als eine der Top-3 -Nationen qualifiziert hat. Für das lOC sind die World Garnes ein Einstiegswettbewerb.
Wie viel Zeit benötigt die Sportart noch?
Ich gehe nicht davon aus, dass Unihockey vor 2028 olympisch ist. Aber eines Tages schon, zumal das Internationale Olympische Komitee lOC in der Agenda 2020 sein Bestreben deklariert, neue Sportarten aufzunehmen. Es gibt noch viel Arbeit, aber ich bin überzeugt von dem coolen, leicht zugänglichen Produkt. Es bekommt noch nicht den Stellenwert, den es verdient. Unihockey täte dem olympischen Geist gut. Es ist ein sauberer Sport mit einer guten Kultur.
Rocco 178.83.68.75
23. 12. 2016
Boekrid 85.4.219.104
15. 12. 2016