05.
2012
Nitra-Splitter, Teil 1
WM-Zeit gleich Splitterzeit. Diese fiel am ersten WM-Tag in der Slowakei üppig aus. Die WM hat noch nicht richtig begonnen.
Die Erwartungen von Presseleuten bei erstmalig in einem Land ausgetragenen Weltmeisterschaften sind erfahrungsgemäss bewusst tief angesetzt. Doch diese, so haben es die slowakischen Organisatoren geschafft, können trotzdem unterschritten werden. Wie das aussieht? Fangen wir ganz vorne an: Bis der Journalist nur schon zu seiner Akkreditierung kommt, muss ein Marathon von einer Ecke der Halle in die andere absolviert werden, mit Zwischenstoppen bei hilfsbereiten, aber oft ahnungslosen Helfern, welche die Worte „press" oder „media" zum allerersten Mal in ihrem Leben hören, wenn sie denn überhaupt der englischen Sprache mächtig sind. Schön dafür, dass alle Gänge frei zugänglich sind. Dies erleichtert den Weg zum nach langem Suchen gefundenen Pressecenter („Der schönste Raum der Halle", wie IFF-Sekretär Stefan Kratz einem unterwegs auf den Weg mitgibt) massiv. Schön ist er, die einzige auffindbare Verpflegung ist aber gerade mal Mineralwasser mit und ohne Kohlensäure.
Die Medientribüne, welche gemäss Manual über 72 gut eingerichtete Arbeitsplätze („constructed with tables") verfügen soll, entpuppt sich als normale Sitztribüne, sogar ohne Stromanschluss. Glücklich, wer einen Laptop mit aufgeladenem Akku hat. Dafür gibt's ein WLAN, welches zwar als „Media Hall" gekennzeichnet, aber für jedermann frei zugänglich ist. Von Aufstellungen der beiden Teams ist nix zu sehen. Kurz: Sogar SML-Spiele sind pressefreundlicher als diese WM-Partien. Ach ja, in der B-Halle gibt es sogar rein gar nix, wie unsere deutschen Kolleginnen berichteten. Der Gerflor-Boden wurde dafür auch erst am Montag ausgerollt, knapp 24 Stunden vor dem ersten Spiel. Wie sagte der deutsche Fotograf Florian Büchting so treffend: „Hier siehts aus, wie bei einer WM in Deutschland zwei Tage vor WM-Beginn." Und ja, der Medienverantwortliche des OK's hielt sich bislang erfolgreich versteckt. Wenigstens stimmen die zahlreichen, kurzbehosten Helferinnen die männlichen Journalisten etwas milder.
Vielleicht wars einfach Pech, dass ausgerechnet am 1. Mai die WM begann. Der „Tag der Arbeit" ist in der Slowakei ein grosser Feiertag. Es wird „in den Mai getanzt", wie wir uns erklären liessen. So war die Halle beim ersten Spiel der Slowakinnen gegen die Schweiz auch anständig gefüllt. In einigen Schweizer Hallen wären die angegebenen 450 Zuschauer locker als 1200 durchgegangen. Die Klokocina-Halle ist übrigens, um endlich mal was Positives zu nennen, ein wahres Schatzkästchen, mit Tribünen (inkl. Schalensitzen) rund ums Spielfeld und Zusatztribünen in den Spielecken. Einzig die Lautsprecherdurchsagen waren auch beim besten Willen nicht zu verstehen.
Gespielt wurde natürlich trotzdem, die Spielerinnen bekamen von den Mängeln neben den Feldern wohl gar nicht viel mit. Auch bei den U19-Juniorinnen sind Kanterniederlagen an der Tagesordnung. Die Schwedinnen gewannen als „Tagesrekord" mit 18:0 gegen die Ungarinnen, wo einige Spielerinnen wegen Matura-Prüfungen nicht zur WM reisen konnten. In der zweiten Gruppe gewann Finnland 15:2 gegen Norwegen und Tschechien fertigte die Polinnen mit 13:2 ab. Gleiches Bild in der B-Divison: Dänemark gewann 12:0 gegen Österreich. Einzig die Partie zwischen Kanada und Lettland enthielt Spannung. 4:4 trennten sich die beiden in einem intensiven Spiel. „Kanadas Coach hat 60 Minuten durchgeschrien", berichteten die deutschen Kolleginnen. Wir werden es uns mal ansehen, sofern wir die Halle auch finden. Deutschland greift nach dem Rückzug der Russinnen erst am zweiten Turniertag ein.
Apropos Deutschland: Der Schweizer Berichterstatter Reto Voneschen, der diesmal swiss unihockey und unihockey.ch mit Material beliefert, nahm die Strecke in die Slowakei im Auto des deutschen Bundestrainer Simon Brechbühler in Angriff. Angekommen morgens um 2 Uhr nach rund neun Stunden Fahrt, verfügte aber das Pressehotel über keinen Nachtportier. So hiess es zurück ins deutsche Lager, und dort auf dem Boden im Zimmer der Bundestrainer zu nächtigen. Als einzige Bettdecke liess sich zudem nur eine überdimensionale Deutschland-Flagge finden. Nach überstandener „Nachtruhe" - gleich neben dem deutschen Hotel ist eine Disco - gabs dann im mittlerweile geöffneten Hotel die nächste Überraschung. „Problemi, Problemi", waren die einzigen verständlichen Worte der aufgeregten Rezeptionistin. Erst nach einem viertelstündigen Warten wurde dann der Zimmerschlüssel ausgehändigt und endlich ein weiches Bett vorgefunden...