Good Guy
Sein äusseres Erscheinungsbild lässt niemanden kalt: Sein mit Tattoos geschmückter Körper, seine lange blonde Mähne, der auch durchs Jahr getragene «Playoff»-Bart und seine auffällig «pimpigen» Ohrringe sorgen für Aufsehen. Lassi Heikki Valtter Vänttinen zu übersehen ist unmöglich, Geschichten über ihn verlieren schnell einmal an Boden - Gerüchte machen die Runde. Artikel lesen
Good Guy
«Im not as wild as I look like!» - der 25-Jährige Wiler-Finne lassi Vänttinen und sein extrovertiert anmutendes Äusseres.
TEXT: Emanuel Antener / Pascal
FOTOS: Anita Troller / Damian Keller
Sein äusseres Erscheinungsbild lässt niemanden kalt: Sein mit Tattoos geschmückter Körper, seine lange blonde Mähne, der auch durchs Jahr getragene «Playoff»-Bart und seine auffällig «pimpigen» Ohrringe sorgen für Aufsehen. Lassi Heikki Valtter Vänttinen zu übersehen ist unmöglich, Geschichten über ihn verlieren schnell einmal an Boden - Gerüchte machen die Runde.
Entstanden ist so während seinem Debüt in der Schweiz beim letztjährigen Absteiger WaSa ein negatives Image des wilden Finnen. Der Protagonist selbst bezeichnet die Zeit in der Ostschweiz im Nachhinein denn auch als «verloren», obwohl er mit den drei anderen Finnen, die bei WaSa engagiert waren, vor allem neben dem Feld jede Menge Spass hatte. Dem von Beginn weg auf natürliche Weise beeinflussenden äusseren Erscheinungsbild entsprechend, liessen wir ihn auf einer Harley Davidson posieren.
Doch halt: «I‘m not as wild as I look like!», kommentiert der 25-Jährige sein extrovertiert anmutendes Äusseres und die daraus resultierenden Geschichten. Vielmehr beschreibt der Nordländer seinen Charakter als «typisch finnisch»: kühl, gelassen, introvertiert und etwas sprachscheu.
Abgesehen davon verbringt er viel Zeit mit seiner Freundin und den zwei Kindern, auch weil er der deutschen Sprache (noch?) alles andere als mächtig ist. Bei Wiler verständigt er sich auf Englisch, während bei WaSa teils sogar finnisch gesprochen wurde («Jedoch auf das Unihockey bezogene deutsche Ausdrücke verstehe ich immer besser.»). Mit dem dortigen Trainer Iiro Parviainen verstand er sich in St. Gallen besser als noch in Finnland, als die beiden einmal beinahe aneinander geraten wären. Dies war in seiner letzten Saison vor dem Wechsel in die Schweiz, als «ich bei den Gunners meine erste persönlich erfolgreiche Saison spielte und zweitbester Skorer der finnischen Liga war», erläutert Vänttinen, der im Januar 2004 in der finnischen Liga zum «Spieler des Monats» ausgezeichnet wurde.
Wer nicht schiesst ...
Wie fast jeder finnische Junge spielte Vänttinen zuerst Eishockey und Fussball. Auf dem Eis blieb ihm aber eine grosse Karriere mangels Körpergrösse und -breite verwehrt, weshalb er als 16-Jähriger ein knappes Jahr Pause einlegte, bevor er durch einen Freund zum Unihockey stiess. Dort wurden ihm aber zu Beginn seine beschränkten technischen Fähigkeiten («Ich beherrschte keinen Trick!») aufgezeigt.
Sami Nyman wunderte sich später darüber, dass Lassi Vänttinen so viele Skorerpunkte erzielt: «Ich verstehe nicht, wie ein derart schlechter Spieler so viele Tore schiessen kann.»
Eine mögliche Erklärung liegt darin, dass Vänttinen seine physischen und technischen Defizite, obwohl er diese seit dem Wechsel zu Wiler schon augenscheinlich verbessert hat, vor allem mit einer beeindruckenden Kaltblütigkeit wettmacht. Er verweist auf die folgende simple Maxime: «Wer nicht schiesst, kann auch keine Tore erzielen...». Dass sich Vänttinen aber trotz nicht «speziell gutem Schuss» so oft unter die Torschützen einträgt, liegt daran, dass die meisten seiner Tore «One-Timer» sind. Und seit er bei Wiler stürmt, sind erstklassige Passgeber alles andere als Mangelware. Der Blick auf die Skorerliste zeigt: Mit 19 erzielten Treffern ist er intern an dritter und in der Nationalliga an vierter Stelle platziert.
WM-Ambitionen
Insbesondere dank dieser Qualität hat er im Frühjahr 2004 schon vier Länderspiele für Finnland bestritten. Schafft er den Sprung zurück ins Nationalteam, winkt ihm im kommenden Mai in Schweden die erstmalige Teilnahme an den Weltmeisterschaften.
«Für einen Finnen wäre es das Grösste, Schweden in Schweden zu entthronen. Aber wir werden sehen, ob es reicht - mir ins Team und dem Team zum Triumph», hegt Vänttinen Ambitionen, indes nicht ohne Augenzwinkern.
Gelegenheit, sich für das WM-Kader der Skandinavier aufzudrängen, hatte er am Europacup in Ostrava. Die zwölf Punkte (7 Tore, 5 Assists) in fünf Spielen, die er sich an der Seite der Gebrüder Hofbauer erspielte, sind dem finnischen Nationalcoach nicht entgangen. Noch während dem Turnier wurde Vänttinen in einem Gespräch erklärt, dass er bei den Länderspielen der Finnen gegen die Schweiz (am 10. und 11. Februar in Kirchberg) seine Chance erhalten wird.
Unterschiede Finnland - Schweiz
Trotz den persönlichen Erfolgen errang er bislang in seiner Karriere noch keinen Titel. Diese Tatsache war mitunter entscheidend für seinen Wechsel zu Wiler auf die laufende Saison. Während sich laut Vänttinen kaum ein WaSa-Spieler in Finnlands höchster Liga durchsetzen könnte, gelänge dies fast jedem Wiler-Akteur.
Sowohl die Professionalität des Vereins als auch die hohe Trainingsqualität und -intensität beeindrucken ihn in seiner neuen Umgebung. Dies widerspiegelt sich auch in der Aussage, er sei noch nie in einer so guten physischen Verfassung gewesen wie aktuell.
Die Spielidee Wilers, mit einem möglichst hohen Ballmonopol dem Gegner das eigene Spiel aufzudrängen, befremdete ihn zu Beginn der Saison, war er sich dies aus Finnland doch ganz und gar nicht gewohnt. Ein Trainer soll dort sogar einmal sinngemäss von sich gegeben haben: «Ohne Ball sind wir am gefährlichsten!».
Auch sonst unterscheide sich das in Finnland praktizierte Unihockey grundlegend von dem in der Schweiz. «In Finnland werden weniger Stockschläge begangen und der Körper wird anders eingesetzt.», fügt Vänttinen als Beispiel an. Des Weiteren sei das finnische Unihockey kontrollierter und etwas langsamer, da die Spieler im Vergleich zur Schweiz deutlich geringere Distanzen zurücklegen würden.
Einer der Faulsten
Dem spassigen Skandinavier (Anm. d. R.: die Auftauungszeit des zurückhaltenden Finnen war erfrischend kurz) wird oft vorgeworfen, er sei faul, was er nicht kategorisch verneint.
So beantwortet er auf der Wiler-Homepage die Frage nach dem faulsten Spieler mit «Ich», schliesslich seien bei Wiler alle Mitspieler sehr fleissig und hart am trainieren, so dass kein anderer dieses Prädikat «verdient».
Die Faulheit führt er nicht zuletzt auf seine Aussage zurück, dass man in Finnland fast nicht reich werden könne. Aufgrund des dort vorherrschenden Sozialsystems mit hohen Steuern und Subventionen für «Arbeitslose» und Studenten, führte er in Finnland ein angenehmes Leben, ohne einen «richtigen» Beruf erlernt zu haben. Auch hier in der Schweiz frönt er hauptsächlich seiner Sportleidenschaft, insbesondere Eishockey und Fussball - arbeiten tue er nur stundenweise. Sein Motto «Let's see what happens!» passt dazu.
Noch ist unklar, wo er nächste Saison spielen wird. «Mal schauen, ob mich Wiler nächste Saison noch will - ich würde eigentlich gerne bleiben». Warten wir also ab, was mit dem speziellen, für den Unihockeysport eher ungewöhnlichen Charakter in Zukunft geschehen wird.