Die Churer Gang
Vor fünf Jahren jubelte letztmals eine Grossfeld-Mannschaft von Chur Unihockey. Mit 2:1-Siegen gewannen die Churer die U21-Meisterschaft gegen Wiler-Ersigen. Drei Jahre nach der Fusion der Churer Vereine Rot-Weiss und Torpedo schienen die ersten Früchte reif zum Pflücken. In einem ersten Schritt sollte die Vormachtstellung im Kanton dem kleinen, ungeliebten Nachbarn aus der Herrschaft wieder entrissen werden. Und als nächstes sollte der Meisterpott den „Bernern" entlockt werden.
60 Monate und zehn Trainer später ist der Churer Angriff immer noch in den Startblöcken. Oder in den Köpfen der einstigen Spieler, die in den 90-er Jahren das Abo auf den Meistertitel hatten. Thomas Darms (24) hat die „goldene Generation" noch miterlebt. „Von klein auf ging ich jedes Spiel schauen. Ich war teilweise eine Zuschauerattraktion, wenn ich als kleiner Knirps alleine aufs Tor lief", erinnert sich Darms.
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Die Churer Gang
Sandro Cavelti, Thomas Darms und Paolo Riedi wollen mithelfen, dass Chur Unihockey wieder grosse Erfolge feiern kann. Zuerst müssen aber die Schatten der Vergangenheit besiegt werden.
Vor fünf Jahren jubelte letztmals eine Grossfeld-Mannschaft von Chur Unihockey. Mit 2:1-Siegen gewannen die Churer die U21-Meisterschaft gegen Wiler-Ersigen. Drei Jahre nach der Fusion der Churer Vereine Rot-Weiss und Torpedo schienen die ersten Früchte reif zum Pflücken. In einem ersten Schritt sollte die Vormachtstellung im Kanton dem kleinen, ungeliebten Nachbarn aus der Herrschaft wieder entrissen werden. Und als nächstes sollte der Meisterpott den „Bernern" entlockt werden.
60 Monate und zehn Trainer später ist der Churer Angriff immer noch in den Startblöcken. Oder in den Köpfen der einstigen Spieler, die in den 90-er Jahren das Abo auf den Meistertitel hatten. Thomas Darms (24) hat die „goldene Generation" noch miterlebt. „Von klein auf ging ich jedes Spiel schauen. Ich war teilweise eine Zuschauerattraktion, wenn ich als kleiner Knirps alleine aufs Tor lief", erinnert sich Darms.
Churer Unihockey-Dynastie
Mit dem Namen „Darms" sind viele Erinnerungen im Schweizer Unihockey verbunden. Andrea Senior, der Grossvater von Thomas, brachte einst eines der ersten Stocksets in die Alpenstadt. Onkel Andrea war während langer Jahre einer der besten und bissigsten Verteidiger des Landes. Teilweise war er Nationalspieler und internationaler Schiedsrichter. Thomas' Vater Martin und dessen anderer Bruder Daniel spielten in der Reserve-Mannschaft von Rot-Weiss Chur. Der Weg zum Unihockeyaner war für Klein-Thomas vorprogrammiert. „Ich habe nur ganz kurz Fussball gespielt. Als ich bei einem Gegenstoss die Schuhe band, war meine Karriere auf dem Rasen rasch vorbei", erzählt Darms lachend. Geblieben als Kicker-Reminiszenz ist nur die Verehrung von Alan Shearer.
„Die Geschichten von früher kann ich nicht mehr hören, es nervt mich richtig", sagt Thomas Darms mittlerweile. Wenn eine Ikone wie Mark Wolf (ex-Natigoalie/jetzt ZV-Mitglied) aber öffentlich sagt, „früher haben wir mehr trainiert, als die Spieler heute", kann Darms aber auch nicht widersprechen. „Es war halt eine andere Zeit", meldet sich Teamkollege Sandro Cavelti zu Wort. „Einige aus der U21-Meistermannschaft sind nicht mehr dabei und richtig gute Schweizer Spieler konnten in den letzten Jahren nicht mehr nach Chur gelockt werden." Titeltouristen, wie die zahlreichen Spieler aus dem „Unterland" genannt wurden, blieben nach Ausbleiben des Erfolgs aus. Und ausser Kari Koskelainen kehrten auch die meisten Ausländer nach einer Saison wieder zurück.
Vom Talent zum Stammspieler
Cavelti - drei Jahre jünger als Darms - war ebenfalls noch ein kleiner Knirps, als die Gewerbeschule das Mekka des Schweizer Unihockeys war. Als ehemaliger Junior von Torpedo Chur lernte er aber schon früh, dass die erste Mannschaft nicht automatisch um den Titel spielen muss. Seit fünf Saisons spielt der bald 22-jährige bereits im Churer Fanionteam. Auch er muss zugeben, dass der Trainingseifer nicht immer röthlinsche Ausmasse hatte. „Wir sind eine Mannschaft, die oft einen Stupf in den Allerwertesten braucht", weiss Cavelti. Oftmals kam der „Tschutt" aber in einer Form, die Cavelti nicht weiterhalf. „Nach einem Fehler oder einer verpassten Torchance sassen wir vom dritten Block rasch wieder auf der Bank", ärgert sich der Flügel. Die Entwicklung stagnierte, bereits wurde hinter vorgehaltener Hand vom „ewigen Talent" getuschelt.
Den Sprung zum Stammspieler schaffte Cavelti erst in dieser Saison. Zusammen mit Paolo Riedi (19) bildet er ein brandgefährliches Angriffsduo in der zweiten Churer Formation. 40 Tore schossen die beiden in dieser Saison. „Es war nicht geplant, dass wir zusammen spielen, aber kurz vor dem ersten Saisonspiel hat es im Training ganz gut geklappt", erzählt Riedi. Die Taktiktafel nehmen die beiden Churer zwar immer wieder in die Hand, „doch auf dem Feld machen wir meist etwas anderes als vorher besprochen", sagt Riedi schmunzelnd.
Riedi, Cavelti und Darms in Chur
Fulminanter Auftakt
Als einer der jüngsten im Churer Kader hat Riedi keinen Bezug mehr zu den früheren Heldentaten. „Ich bin auch kein typischer Churer Junior", sagt er, der seine ersten Gehversuche beim Quartierverein Ibex Chur machte. Zudem war er oft an Wochenenden im Davoser Seitental Monstein, wo er mit Cousin Micha Wilhelm (Floorball Köniz) gegen die Gebrüder Laely (mittlerweile bei Malans) antrat. Erst im letzten Jahr ging Riedis Stern auf. Mit seiner unbekümmerten Spielweise spielte er sich auf Anhieb in die Herzen der Churer Fans. Legendär, wie er bei einem seiner ersten Einsätze dem Schweizer Rekordinternationalen Matthias Hofbauer einen „Tunnel" schob, sich umkehrte und Hofbauer gleich nochmals zwischen den Beinen erwischte. „Ich habe gar nicht realisiert, was passiert ist und dass es Hofbauer war", sagt er mit leiser Stimme. Neben dem Feld wird aus dem emotionalen Angreifer ein ruhiger und höflicher Gesprächspartner, der mit präzisen Analysen besticht.
Die Hoffnung hat einen Namen
Die grosse Hoffnung in Chur heisst Thomas Berger. Er hat den „bequemen" Churern in dieser Saison Beine gemacht. Während Thomas Darms drei U19-Aufgebote („Zweimal war ich krank und einmal verletzt") ausschlagen musste, haben Sandro Cavelti und Paolo Riedi mit Berger bereits ihre Erfahrungen in der U19-Nationalmannschaft gemacht. Cavelti führte die Schweizer Auswahl als Captain 2009 in Turku (Finnland) zu Bronze. Riedi gewann in diesem Jahr in Weissenfels (Deutschland) die gleiche Medaille. „Es hiess immer wieder, dass Berger zu Chur kommt. Ich war sehr erleichtert, dass es endlich geklappt hat", freut sich Cavelti über Bergers Entscheidung zur Rückkehr in die Berge.
Unter ihm erlebte der stämmige Angreifer in Finnland seine beste Zeit. Erst in dieser Saison konnte Cavelti wieder daran anknüpfen. Riedis Erinnerung an seinen ehemaligen U19-Trainer waren da eher durchzogen. „Anfangs hatten wir noch unsere Probleme, da sass ich während Spielen auch mal auf der Tribüne", erinnert sich Riedi. Je näher die WM kam, umso besser arrangierten sich der Flügel und sein Coach. Kollege Darms freut sich über den frischen Wind, der seit Bergers Ankunft herrscht. „Früher waren ein paar Spieler schon zufrieden, wenn sie in der ersten Mannschaft spielten. Doch eigentlich beginnt ja dann erst alles", sagt der Verteidiger, der vor allem spielerisch in dieser Saison gewaltig zulegte und an der Seite von Lulzim Kamaj die Offensivabenteuer der Churer „Finnen-Linie" absichert.
„Arschlöcher werden"
Für die Playoffs hat sich die Churer Gang viel vorgenommen. „Wir wollen wieder ins Halbfinale", sagen die drei Churer unisono. Darms und Cavelti erlebten den Churer Höhenflug vor zwei Jahren nach dem Playoff-Derbysieg über Malans. „Wir waren danach im Halbfinal gegen Rychenberg einfach platt", schaut Cavelti zurück. „Wir sind nicht chancenlos gegen GC", ist Darms überzeugt. Er hofft, dass bis dahin auch die Verletzten ins Kader zurückkehren. Das Erfolgsrezept hat Cavelti bereit. „Wir müssen zu „Arschlöchern" werden, die Hoppers müssen sich wieder vor der Reise nach Chur fürchten." Gemeinsam hoffen die jungen Churer, dass auch sie endlich für positive Schlagzeilen sorgen können. So, dass nicht mehr über die alten Zeiten gesprochen werden muss.
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