Ausgabe 152, Juni 2019 - Saison 2018/2019
Die Reizfigur
Gleich zu Beginn sei gesagt: Beim Gespräch flog kein Geschirr durch die Luft. Auch das Personal wurde nicht beschimpft, weil der Kaffee nicht schmeckte. Nein, die Konversation mit Dave Wittwer verlief äusserst ruhig und unterhaltsam. Das mag manchen Szenenkenner überraschen, denn als Unihockeyspieler wurde Wittwer den Kategorien Raubein, Provokateur oder Hitzkopf zugeordnet. Er galt als einer, der den Schiedsrichtern seine Meinung nach praktisch jedem Pfiff kundtut - lauthals und oft mit einem fast abschätzig aufgesetzten Lächeln. Wilers Nummer 10 führte jeden Zweikampf am Limit, kommentierte jeden Ref-Entscheid - und trieb damit die gegnerischen Spieler und Zuschauer zur Weissglut. «Es war immer meine Art, so zu spielen. Ich brauchte das, um mich zu pushen», sagt Wittwer. Er sei aber nur auf dem Feld so emotional. «Ich könnte hier stundenlang mit einem Kaffee auf der Terrasse sitzen und die Leute beobachten, ohne dass mich etwas aus der Ruhe bringen würde.» Wie ein umgekehrter Handschuh ist Wittwer nun, als er auf der «Grossen Schanze» in Bern über seine Karriere spricht - ruhig, freundlich und bodenständig. Es fällt kein einziges negatives Wort über frühere Weggefährten, Unparteiische oder Gegenspieler. Mit viel Respekt und Dankbarkeit erzählt er von den Erlebnissen in seiner dreizehnjährigen NLA-Karriere. Eine lange und erfolgreiche Zeit.
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Leseproben zu dieser Ausgabe
Zwischen Himmel und Hölle
Die Kloten-Dietlikon Jets ein Jahr nach der Fusion - die Frauen durchstiessen alle Wolken und feierten das Double, die Männer stürzten nach Problemen und Skandalen in die NLB ab.
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Der Vorzeige-Event
Prag 2018 war die mit Abstand beste WM aller Zeiten. Das belegt nun auch eine Studie mit Zahlen und Fakten.
Artikel lesenPrag 2018 war die mit Abstand beste WM aller Zeiten. Das belegt nun auch eine Studie mit Zahlen und Fakten.
Letztes Jahr fanden 83 internationale sportliche Grossanlässe statt, darunter Weltmeisterschaften (wie die Fussball-WM in Russland) oder die Olympischen Spiele in PyeongChang (Südkorea). Die Unihockey-WM 2018 in Prag belegte in diesem Feld Rang 18 - unter den nicht-olympischen Sportarten gar mit Abstand Rang 1. Zudem gaben 75 Prozent der Besucher an, die WM in Prag sei der beste Sportanlass gewesen, den sie je erlebt haben.
Diese Ergebnisse wurden in einer Studie von „Sportcal" veröffentlicht. „Sportcal" ist eine in England angesiedelte Sportmarketing-Firma, die mit ihren „Global Sports Impact (GSI) Eventstudien" Anlässe einer gesamtheitlichen Betrachtung unterzieht. Analysiert werden Bereiche wie Wirtschaft, Tourismus, Medienwirksamkeit, Social Media, Eventerfahrung, Sponsoring sowie sportliche und soziale Auswirkungen.
Vereine einbezogen
Die WM in Prag brach sämtliche Zuschauerrekorde für Unihockey-Events. Mit total 181'518 Fans wurde der alte Rekord von Göteborg 2014 (104'445) förmlich pulverisiert. Die Tschechen warben mit einer intensiven Kampagne in den sozialen Medien für den Anlass und spannten dafür die Stars der Szene ein. Dazu stand mit der O2-Arena die wohl beste Event-Arena Europas als Bühne zur Verfügung. Rund 25 Prozent der Zuschauer reisten gemäss der GSI-Studie aus dem Ausland an.
Ein grosser Fokus wurde aber auf die einheimischen Unihockey-Enthusiasten gelegt. Zwei Jahre lang wurde in unzähligen Meetings in allen Regionen Tschechiens den Vereinen die Chancen der WM aufgezeigt. Dabei ging es nicht einfach um den Verkauf von Tickets, sondern um die längerfristigen Auswirkungen des Anlasses auf die Vereine, die in allen Bereichen - Spieler, Trainer, Organisation - profitieren sollten.
Die Klubs zogen mit und unterstützten die Kampagne in den sozialen Medien und mit Bannern, Flyern sowie Audio Jingles an Heimspielen. Dazu wurde im Sommer 2018 noch eine Serie von Streetfloorball-Turnieren gestartet, deren Sieger während der WM in der O2-Arena ihr Finalturnier austragen durften.
WM-Generalsekretärin Zuzana Svoboda mit dem tschechischen Verbands-Präsidenten Filip Suman.
Geschickte Ticket-Strategie
Die Ticketpreise wurden im November 2017 mit dem Ziel festgelegt, dass sich alle einheimischen Fans zumindest ein Spiel des tschechischen Nationalteams leisten können. Schon vor dem offiziellen Vorverkaufsstart im März 2018 erhielten die Vereine die Möglichkeit, Tickets zu kaufen, um die WM-Erfahrung als Gruppe geniessen zu können und nicht in der ganzen Halle verteilt zu sitzen.
Das OK arbeitete auch mit den Verbänden der Gastländer (vor allem Schweden, Finnland und Schweiz) und Reiseagenturen zusammen, um in der Arena Fansektoren zu kreieren. Die Käufer von individuellen Tickets wurden online auf diese Sektoren hingewiesen. Sämtliche Tickets der O2-Arena waren ebenfalls für die Spiele in der kleineren Sparta-Halle gültig, was tausende Fans für einen zweiten Eintritt nutzten.
Mit der Schule an die WM
Unihockey ist in Tschechien Schulsport Nummer 1. Der Verband Cesky Florbal sah in der WM eine grosse Chance, noch mehr Kinder und Schüler für den Sport zu begeistern. Folglich wurde das Projekt „Mit der Schule zur WM" lanciert, um Jugendliche zu den Morgenspielen einzuladen.
Der Rücklauf war überwältigend und übertraf alle Erwartungen - 22'258 Kinder aus 522 Einrichtungen folgten der Einladung, letztlich schafften es gar rund 3000 Kinder nur auf die Warteliste, da die Kapazitäten erschöpft waren. Am Mittwoch, 5. Dezember - um 10 Uhr morgens - verfolgten 7069 junge Fans die Partie zwischen Lettland und der Slowakei. Die weiteste Anreise nahm eine Schule aus Ostrava (407 Kilometer) auf sich, die höchste Anzahl an Kindern stellte eine Schule aus Prag (410).
Den ganzen Text und das spannende Interview mit der WM-Generalsekretärin Zuzana Svobodova lesen Sie in der gedruckten Ausgabe.
Inhalt
Kurznews
Pingpong mit Sina Krausz (Red Ants) und Florian Wenk (GC), Zopf ab bei Schüpbach, Sarnens Robin Markström tätowiert seine Liebe zur Innerschweiz. Dazu wird gut gebrüllt.
Die Reizfigur
Dave Wittwer gehört zu den erfolgreichsten Unihockeyanern der Geschichte. Mit seinem zehnten Meistertitel verabschiedet sich der polarisierende Verteidiger von der grossen Bühne.
Die Gegner und Schiris müssen Dave Wittwer nicht mehr fürchten.
Silly Season
Die NLA-Sportchefs basteln fleissig an den Kadern. Die zwei finnischen Weltmeister für Wiler ragen aus den bisherigen Transferaktivitäten heraus.
Torhüterland Schweiz
Wer könnte Pascal Meier eines Tages beerben? Wir schauen bei Jonas Wittwer, Yanick Flury, Martin Menetrey, Ruven Gruber, Lukas Genhart, Christoph Reich und Cyril Haldemann genauer hin.
Zwischen Himmel und Hölle
Die Kloten-Dietlikon Jets ein Jahr nach der Fusion - die Frauen durchstiessen alle Wolken, die Männer stürzten in die NLB ab. Double-Gewinn hier, die Fälle Riihimäki, Karlsson und Zolliker sowie der Abstieg da. Die beiden Co-Präsidenten nehmen Stellung.
Was fehlt noch?
Die Nordwestschweiz bleibt zweitklassig. Basel Regio scheiterte erneut in den Aufstiegsspielen. Wir gehen mit Patrick Mendelin der Frage nach, was am Rhein noch fehlt.
Chefsache
Patrick Trachsel versieht das Präsidentenamt bei Zug United mit „ehrenamtlicher Professionalität". Jeden Morgen um 6 Uhr führt er das erste Telefonat in Sachen Verein.
Zug-Präsident Patrick Trachsel ist ein Frühaufsteher.
Eigenen Stärken vertrauen
Nach radikalen Umbrüchen in der Vergangenheit setzen die Red Ants auf sanfte Renovation. Den jungen Spielerinnen soll das Vertrauen geschenkt werden - entsprechend überraschend kam der Transfer von zwei Routiniers.
Neuenburg 2019
Für Wizards-Stürmerin Simone Wyss ist die Heim-WM das Grösste. Die Bernerin will die in der Liga gefürchteten Abschlussqualitäten auch international zeigen.
Verbandsnews
Wir sind immer noch Weltklasse. Damit dies so bleibt, ist voller Elan gefordert. Eine Umschau bei allen Nationalteams, wobei die U19 der Frauen am meisten Kopfzerbrechen bereitet.
Problemkind U19-Nati der Frauen.
Lara in Göteborg
Nati-Goalie Lara Heini über verschollene Mitarbeiter und den zahlreichen Besuch aus der Heimat, der Wirkung zeigt.
Der Vorzeige-Event
Prag 2018 war die mit Abstand beste WM aller Zeiten. Das belegt eine Studie mit Zahlen und Fakten. Eine eindrückliche Erfolgsstory.
Vonis Dessert
Reto Voneschen lässt sich von Jürgen Klopp inspirieren und findet, etwas mehr Beklopptheit würde vielen gut tun.