12.
2016
Schmerz lass nach
Trotz Bänderriss, gebrochener Rippe oder Nase ein Spiel zu Ende spielen, bevor es zum Arzt geht? Gut möglich, wenn das Adrenalin im Körper die Schmerzen dämpft.
Annika Dierks von den Wizards Bern Burgdorf ging in ihrer Maturarbeit der Frage nach, welche Auswirkungen Adrenalin auf das Schmerzempfinden von Sportlern hat. Auf die Idee kam die U19-Internationale, als sie sich die Nase brach und die Schmerzen erst nach dem Spiel unerträglich wurden. Also machte sie sich auf die Spuren des Hormons.
Wäscheklammern im Einsatz
Eine Möglichkeit, die Adrenalinkonzentration im Körper zu messen, sind Urinproben. Für die Schülerin war diese Variante zu teuer, daher benutzte sie als indirekte Methode das Messen der Herzfrequenz. Der Körper schüttet unter Belastung Adrenalin aus - die Bronchien weiten sich, die Sauerstoffaufnahme ist verbessert, das Herz schlägt schneller. Eine hohe Herzfrequenz ist folglich ein Indikator für eine gesteigerte Adrenalinkonzentration im Körper.
Nun stellte sich die Frage, ob der genau gleiche Schmerz bei niedriger und hoher Herzfrequenz unterschiedlich empfunden wird. Als Versuchskaninchen dienten Annika Dierks einige Teamkolleginnen der Wizards am Czech Open. Zunächst im Ruhezustand im Hotel und später unter Belastung während der Spiele setzte sie den Testpersonen Wäscheklammern an den Unterarmen an. Im Ruhezustand wurde bei den mit einem Brustband ausgerüsteten Spielerinnen eine durchschnittliche Herzfrequenz von 89 Schlägen pro Minute gemessen, in den Spielen direkt nach einem Einsatz ein Wert von 173 Schlägen. Der empfundene Schmerz durch die Klammer wurde sodann bei beiden Varianten auf einer Skala von 1 bis 10 angegeben und notiert.
Überleben wahrscheinlicher
Während in der Ruhesituation die Testpersonen dem Schmerz im Schnitt die „Note" 8 gaben, sank dieser Wert unter Belastung auf gerade einmal 2.5. Ein absolut signifikanter Unterschied, wissenschaftlich gesprochen - Adrenalin dämpft also tatsächlich das Schmerzempfinden.
Mit Blick auf die Evolution des Menschen war das schon immer eine gute Sache - in Gefahrensituationen mehr leisten zu können, ohne von Schmerz behindert zu werden, steigerte die Überlebenswahrscheinlichkeit.
Dieser Artikel erschien erstmals in der Juli-Ausgabe des Printmagazins.