03.
2002
Interview mit Wiler Präsident Manfred Flühmann
Glaubt weiter an die Zukunft des Unihockey - Präsident Flühmann |
Was heisst wieder einmal? Von den Spitzenklubs haben wir in den letzten Jahren am wenigsten Transfers getätigt. Auf diese Saison hin haben wir beispielsweise einzig Reto Ryffel verpflichtet, dafür neben Berger auch noch die Stammverteidiger Leimbacher und Ruch abgegeben. Die Priorität lag ganz klar beim Einbau des eigenen Nachwuchses, wie schon das Jahr zuvor, als wir auch nur einen einzigen Transfer tätigten.
Verschieben sich diese Prioritäten denn
jetzt zu Ungunsten des Nachwuchses?
Keineswegs. Wir haben ja auch Abgänge. So kehrt Natistürmer Patrick
Bachmann wieder in seine Region zurück, tritt Burkhard zurück und planen die
Gebrüder Hofbauer einen Abstecher nach Schweden. Zudem herrscht Unklarheit
über die Rückkehr von Brechbühl und Koch, mit welchen wir wegen ihren
Kreuzbandrissen erst im Laufe der nächsten Saison rechnen können. Die
Integration des Förderkaders wird auch nächste Saison einen Schwerpunkt
bilden. Wir hoffen, dass es neben Gerber und Niederhauser weitere
Nachwuchsspieler packen werden.
Könnte man die entstandenen Lücken denn
nicht ausschliesslich mit eigenen Talenten füllen?
Damit würde man dem Nachwuchs wohl keinen Dienst erweisen. Das
Förderkader-Konzept ist ja auch auf zwei Jahre ausgelegt, womit der Nachwuchs
noch eine Sason Zeit hat, sich auf höchstem Niveau zu integrieren, um dann in
der Saison 2003/04 Verantwortung zu übernehmen. Wiler-Ersigen hat seit Jahren
den Anspruch eines Spitzenteams und mit dieser Vorgabe würde man den jungen
Spielern derzeit noch zuviel Druck auferlegen.
Zumal Wiler ja mit aller Macht nicht nur
einen Spitzenrang, sondern den Titel anstrebt?
Diese Phrase mag ich schon gar nicht mehr hören. Welches Spitzenteam
will schon nicht Meister werden. Die Untertreibungen anderer Top-Vereine
diesbezüglich sind lächerlich. Für mich gibt es einzig diese kleine, aber
feine Nuance: Wir wollen Meister werden, müssen aber nicht, wie immer wieder
gemunkelt wird.
Trotzdem soll in den nächsten Jahren viel
Geld investiert werden, das steigert doch den Erwartungsdruck?
Tatsächlich wollen wir in den nächsten Jahren das Budget erhöhen, was
aber einzig und allein der Sportart Unihockey helfen soll, uns winkt ja nicht
eine Rendite wie beim Fussball oder Eishockey. Wir sind weder eine AG, noch
locken Fernsehgelder oder eine Champions-League. Wir glauben einfach an unseren
Sport und wollen alles daransetzen, dass Unihockey an der WM 2004 im eigenen
Land den Durchbruch schaffen kann. Hierfür braucht es neben einer vorzüglichen
Verbandsarbeit auch die gute Arbeit der Vereine.
Wo will man denn mehr Geld investieren?
Wir planen zweigleisig. Einerseits wollen wir motivierten Spielern,
welche bereit sind in den nächsten Jahren auf Unihockey zu setzen und das
Arbeitspensum zu reduzieren, finanzielle Hilfestellung bieten und zwar im
gleichen Umfang wie ein Spieler selbst bereit ist, zurückzustecken. Wir zahlen
also höchstens 50 Prozent seiner finanziellen Einbusse. Zweitens werden wir im
Nachwuchsbereich einen Chefausbildner engagieren, der sich mit rund 30
Stellenprozenten um die ganze Nachwuchsausbildung, inklusive Trainer, kümmern
wird. Mit dem derzeitigen NLA-Trainer Urs Kämpfer ist dieser Mann bereits
gefunden. Dieser soll zudem einen Assistenten erhalten, welcher vor allem in den
Leistungsteams Inter-B- und Inter-C-Junioren wirken wird. Auch hier sind
Gespräche kurz vor dem Abschluss.
Man hört von zusätzlich Fr. 100`000.--?
In zwei Wochen werden es wohl schon 200`000.-- sein, die Gerüchteküche ist da
sehr fantasievoll. Eine Zahl zu nennen ist schwierig, denn wir werden weiter so
handeln, wie wir das bereits immer getan haben: Gib nur jenes Geld aus, dass du
auch wirklich einnimmst. Damit sind wir stets gut gefahren. Wir müssen die
bereits jetzt enormen Bemühungen nochmals intensivieren, alle sind gefordert,
bei der Umsetzung des neuen Donatorenklubs „Gönner Plus“ aktiv zu werden
und Mitglieder zu werben. Zudem sind wir in Kontakt mit weiteren potentiellen
Sponsoren. Dabei zahlt sich unsere seriöse Arbeit der letzten Jahre aus, haben
wir uns doch einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet.
Hätte man das zusätzliche Geld nicht
lieber investiert, um die Gebrüder Hofbauer unbedingt halten zu können?
Im Gegenteil. Wir begrüssen sehr, dass die beiden in Schweden spielen
wollen und wären stolz, falls es klappen würde. Im Gegensatz zu anderen Klubs
werden wir Matthias und Christoph auch finanziell unterstützen, in Anerkennung
der bislang geleisteten Dienste. Es ist zudem auch für das Schweizer Unihockey
wichtig, dass sich die beiden in Schweden durchbeissen und nicht frühzeitig
zurückkehren. Im übrigen werden sie bei ihrer Rückkehr Wiler-Ersigen bestimmt
wieder etwas zurückgeben. Der Rest des Teams wir zudem mehr Verantwortung
übernehmen müssen, was nur positiv ist
Alle sprechen von der Niveauerhöhung und
der Attraktivitätssteigerung im Unihockey, wie soll diese geschafft werden?
Es gibt drei Varianten. Die erste, die Erhöhung der Ausländerzahl wurde von
den Präsidenten verworfen und wird auch vom Verband bekämpft. Die zweite, eine
Ligarreduktion wäre wohl regionalpolitisch bei drei Bernern und drei Bündern
in der Masterround nicht sehr genehm und sinnvoll. Die dritte ist eben jener
Weg, den wir gehen wollen. Wir müssen den älteren Spielern einen Anreiz
bieten, länger beim Unihockey zu bleiben. Mit 25 bis 30 Jahren erreichen
Sportler ihre höchste Leistungsfähigkeit. Im Unihockey ist die Mehrheit der
Spieler in diesem Alterssegment bereits zurückgetreten. Dies wiederum führt
dazu, dass die Jungen viel zu leicht in der NLA spielen können. Eine klassische
Ueberdüngung, welche zur Stagnation des Niveaus beiträgt. Damit ist auch der
Kreis zu ihrer ersten Frage geschlossen, weshalb man die Abgänge bei Wiler
nicht einfach mit jungen Spielern kompensiert.
Und wenn trotz WM 2004 in der Schweiz
nichts geschehen wird und Unihockey in den Medien weiter ein
Mauerblümchen-Dasein fristen wird?
Ja dann müssen wir über die Bücher gehen und zwar alle, Verband und
die Spitzenklubs. Doch zuvor sollten genau die gleichen Protagonisten alles
daran setzen, dem Unihockeysport mit der WM im eigenen Land zum Durchbruch zu
verhelfen. Bei Wiler-Ersigen wird man diesbezüglich Gas geben, in der Hoffnung,
dass andere Klubs diese Herausforderung ebenfalls annehmen und sich nichts aufs
Lamentieren beschränken.