05.
2004
Kommentar zur Weltmeisterschaft 2004
Im Gruppenspiel gegen Finnland zeigte die Schweizer Nationalmannschaft unschweizerische Tugenden. Man spielte gegen den Favoriten gut, sehr gut sogar, lag aber trotzdem zurück. Eine typisch-schweizerische „ehrenvolle Niederlage“ schien sich abzuzeichnen. Man nutzte ein Powerplay nicht, man verschoss einen Penalty – aber dann klappte es doch noch. 16 Sekunden vor dem Ende dieser Partie schoss Christoph Hofbauer das Tor zum 4:3, welches die WM im eigenen Land zu einem grossen Fest hätte werden lassen können. Nicht Favorit Schweden wartete nun im Halbfinal, sondern „nur“ die Tschechen. Die Tür zum Final stand weit offen. Und auch wenn das im Nachhinein natürlich nur eine Hypothese ist: Die Schweden zeigten sich dieses Jahr nicht als Unihockey-Götter in Gelb, sie waren nur „sehr gut“ und wären im Final zu packen gewesen. Die Schweiz als Weltmeister, fast 8000 tobende Fans im Klotener Schluefweg – das wäre durchaus möglich gewesen. Es kam anders. Auch die fünfte Weltmeisterschaft ging an Schweden, das sämtliche WM-Partien der Geschichte gewonnen hat.
Unbelohnter Schritt nach vorne
Trotzdem – noch vor zwei Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass die Schweiz das grosse Finnland in einem Spiel deutlich beherrscht und im zweiten Aufeinandertreffen mit
spielerischen Mitteln einen Dreitore-Rückstand aufholt und sieben Tore schiesst. Oder wie es Nati-Trainer Urban Karlsson sagt: „Als ich vor zwei Jahren in die Schweiz kam, haben alle nur ehrfürchtig zu den Schweden und Finnen aufgeblickt. Ich habe versucht, den Schweizer Spielern ihre eigenen Stärken bewusster zu machen. Die Hofbauers, Kaltenbrunner, Dysli – das sind alles Weltklasse-Spieler und zudem noch jung. Wir brauchen niemanden zu fürchten.“ Karlsson verlässt die Schweiz bekanntlich. Nun liegt es an den neuen Coaches Markus Wolf und Peter Düggeli, diese Mentalität weiter zu fördern. Die sportliche Leistung der
Nationalmannschaft an dieser WM ist auf jeden Fall höher einzuschätzen als 2002
in Finnland, als man mit Ach und Krach Bronze holte. Es war ein unbelohnter
Schritt nach vorne.
Spieler wie Kaltenbrunner stellen auch die
Finnen vor Probleme
Team zu unausgeglichen
Karlsson ist es nicht gelungen, eine
schlagkräftige zweite oder gar dritte Formation zu kreieren. Zu unterschiedlich waren die Spielauffassungen der einzelnen Akteure, zuviel Verantwortung lastete auf dem ersten Block mit den Gebrüdern Hofbauer. Darin lag der Vorteil der Tschechen. Sie hatten ein einfaches Konzept mit Beton in der Verteidigung und schnellen Kontern – und das entsprechende Kader dazu. Auch wenn die Finalteilnahme der Tschechen etwas glücklich gewesen sein mag – man muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass die Osteuropäer nun „dazu gehören“. Seinen Anteil daran hat sicher Rychenberg-Trainer Sascha Brendler, der den bis jetzt als launisch bekannten Tschechen Disziplin beigebracht hat. Bezüglich Anzahl der Lizenzierten hat man die Schweiz bereits überholt und an der letzten Junioren-WM hat die Schweiz auch den Kürzeren gezogen.
Die Tschechen verdarben den Schweizern die WM-Party
Auswirkungen der Medienpräsenz
An tägliche Berichterstattungen im Fernsehen und allen grossen Tageszeitungen wird man sich wohl nicht gewöhnen müssen. Die WM ist vorbei, im September beginnt der
Meisterschaftsalltag wieder. Statt 7800 Zuschauer werden es dann wieder 300 oder 400 sein. Dennoch: Unihockey ist einer breiten Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerückt worden. Zumindest kurzfristig. Nun gilt es, diesen Schwung mitzunehmen für die kommenden Aufgaben – das betrifft den Verband und alle Vereine. Ob es bei den Lizenzierten einen grossen Boom geben wird, bleibt abzuwarten. Vermutlich hätte es dafür eine Medaille, möglichst nicht „nur“ die bronzene, gebraucht. In Finnland stieg die Zahl der Lizenzierten um 41%, als man 1995 EM-Gold in der Schweiz geholt hatte – und nur um 8% nach der Heim-WM 2002. Swiss Unihockey Zentralpräsident Renato formulierte es richtig: „Wenn der sportliche Erfolg fehlt, kann man nicht von einer erfolgreichen Heim-WM sprechen.“ Ein gelungener Anlass war es aber alleweil – auch dank den vielen Fans. Um Urban Karlsson zu zitieren: „Ein Super-Publikum, was für eine geile Stimmung.“ Nicht auszudenken, was im Final los gewesen wäre, wenn...
Die Fans erschienen zahlreich und sorgten für Stimmung