08.
2020
Luca Graf: "Es ist wieder Zeit, zu Liefern!"
Der Wechsel von Luca Graf von GC zu Zug United ist wohl der spektakulärste Transfer innerhalb der NLA der diesjährigen „Silly Season". Wir sprachen mit dem Nationalverteidiger über die Beweggründe und die Zukunft beim Cupsieger. Das grosse Interview zum Nationalfeiertag.

Es ist ein heisser Dienstagnachmittag Ende Juli. Wir erreichen Luca Graf telefonisch, als er gerade im Auto sitzt und zum ersten Hallentraining des Sommers mit der kompletten Mannschaft von Zug United fährt. Die zwei neuen Verstärkungsspieler aus Schweden Alexander Hallén, André Andersson und Cupfinal-Held Alexander Larsson kamen vor einigen Tagen in der Schweiz an.
Guten Abend Luca. Dürfen wir dich jetzt eigentlich als Nati-Captain bezeichnen, oder wie ist da der aktuelle Stand? In der WM-Quali wechselte die Binde ja zwischen dir und Tim Braillard hin und her.
Luca Graf: Es gibt in der Nationalmannschaft eine Captaingruppe um Tim und mich mit weiteren Führungsspielern. Alles andere ist Detail und Nebensache für das Erreichen unserer ambitionierten Ziele.
Alles klar - nun kommen wir zum eigentlichen Grund dieses Interviews. Ende Mai wurde bekannt, dass du von GC zu Zug wechselst. Der späte Zeitpunkt dieser Bekanntgabe hat viele erstaunt, im Eishockey würde der Wechsel eines Nati-Verteidigers auf die folgende Saison wohl schon im vorangehenden Herbst verkündet...
Ich bemühe mich jeweils darum, dass ich schon vor den Playoffs weiss, wo ich in der Folgesaison spiele. Du weisst ja nie, wie die Saison zu Ende geht und es ist mir auch schon passiert, dass ich nach Saisonschluss in ein „Loch" gefallen bin, wo ich eine Weile lang überhaupt nichts mit Unihockey zu tun haben wollte. Dieses Jahr war es leider so, dass es weder vor den Playoffs, noch bei Abbruch der Saison zu einem Vertragsabschluss kam. GC wusste aber, dass ich mit anderen Vereinen in Kontakt war, auch aus dem Ausland. Im Verlauf der Coronakrise intensivierte sich dann allmählich der Kontakt zu Zug, der auch durch einen guten Freund von mir, der beide Vereine gut kennt, zustande kam. Also muss ich ehrlich sagen: Ja, der Vertrag wurde spät unterschrieben - aber zu einem viel früheren Zeitpunkt lag auch nichts zum Unterschreiben auf dem Tisch...
Was gab schlussendlich den Ausschlag zum Wechsel?
Das ist schwierig zu beschreiben, es war keine einfache Entscheidung. Zusammenfassend wollte ich meine „Komfortzone" verlassen und mich weiter entwicklen. Nach schönen aber auch herausfordernden vier Jahren bei GC freue ich mich, nun wieder auf eine neue Herausforderung. Bereits der Wechsel zu GC hat mir persönlich einen Boost gegeben, nun erhoffe ich mir den selben Effekt noch einmal erleben zu dürfen.
Gab es ausser dem Vereinswechsel weitere Veränderungen in deinem Leben - zum Beispiel in Sachen Job oder Wohnsituation? Wie steht es mit dem Gleichgewicht zwischen Sport und Beruf?
Nein, umgehend gibt es keine weiteren Veränderungen und darüber bin ich auch froh. Ich musste nicht zügeln und von meinem Büro in Wollishofen aus bin ich je nach Verkehrssituation sogar schneller in Zug als in der Hardau. Einem Umzug nach Zug in der Zukunft bin ich natürlich nicht abgeneigt, es ist eine sehr schöne Stadt mit hoher Lebensqualität. Beruflich wäre für mich sowieso keine Veränderung infrage gekommen (Graf arbeitet als Head of Sales bei PICSTARS, einer Influencer Marketing Agentur) - wir sind ein Startup und wurden von der Coronakrise ziemlich hart getroffen. Ich bin hier wirklich auch mit sehr viel Herzblut und Ehrgeiz mit dabei.
Es ist bereits heute eine Herausforderung, Job und Sport unter einen Hut zu bringen. Ich vertraue den Verantwortlichen von Zug voll und ganz, mich optimal zu unterstützen hinsichtlich möglichen Veränderungen. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterschrift stand auch die Sache mit den Spitzensport-WK’s noch in den Sternen. Diese könnten natürlich helfen, sind aber nicht mit jedem Arbeitgeber bzw. Jobprofil vereinbar. Und ja, da ist ja auch noch das Sportzentrum "OYM", das in diesem Zusammenhang auch nicht unerwähnt bleiben soll...
Welches sind deine bisherigen Eindrücke vom neuen Team? Welche Rolle wirst du bei Zug United innehaben?
Meine wichtigste Rolle ist es, mein best mögliches Unihockey zu spielen. Und genau da will ich wieder hin. So denke ich, dem Team und dem Verein den grössten Mehrwert bieten zu können. Zusammen mit jungen und ambitionierten Spielern zu arbeiten finde ich sehr spannend und ich versuche bestmöglich, sie mit meiner internationalen Erfahrung zu unterstützen. Diese Erfahrung ist auf dem Papier wohl im Vergleich zu GC ein Unterschied. Trotzdem haben wir bei Zug viele Spieler, die am Tag X ein wichtiges Spiel entscheiden können. Nicht zu vernachlässigen ist für mich der Eindruck des Vereins. Zug United hat ein stabiles Vereinsfundament und die Last im Zuge der Professionalisierung des Unihockey ist auf mehrere Schultern verteilt. Ich habe mir die Strategie schon ziemlich „unter die Lupe genommen" und etliche Unterlagen studiert, bevor ich zusagte. Ich war von vielen Dingen positiv überrascht. Zug ist auf dem richtigen Weg und investiert am richtigen Ort, was von aussen viele vielleicht nicht deutlich genug wahrnehmen - zumindest ist dies meine persönliche Auffassung.
Dein Transfer hat einige Wellen geworfen. Wie hast du dies erlebt und wie beurteilst du das?
Ich habe im Frühling mit vielen Leuten aus meinem Umfeld intensive Gespräche über meine Zukunftsgedanken geführt - sei es mit meiner Familie, dem privaten und dem beruflichen Umfeld aber natürlich auch mit ein wichtigen Weggefährten aus meiner bisherigen und aktuellen Unihockey-Laufbahn. Schliesslich bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ein Wechsel die richtige Entscheidung ist. Ich war dann aber auch froh, als das Ganze endlich über die Bühne war - wie gesagt: Ich möchte mich jetzt nur aufs Unihockey konzentrieren, mich weiter entwicklen um so mit Zug wie auch der Nationalmannschaft etwas zu erreichen. Dass so ein Transfer zu vielen Reaktionen führt, kann man auch positiv werten, die Wahrnehmung des Schweizer Unihockeys in der Öffentlichkeit ist gestiegen.
Was erhoffst du dir von der Saison 2020/21? Wie gross ist die Vorfreude auf die Meisterschaft und die WM?
Die Vorfreude ist im Moment riesig! Schon nur, dass langsam die Saison näher rückt - von jetzt an können wir mit der ganzen Mannschaft trainieren. Schritt für Schritt kommen wir dem Saisonstart näher und meine Motivation ist riesig. Priorität hat im Moment ganz klar der Verein. Wenn bei Zug die persönlich Vorbereitung und der Saisonstart gelingt, dann sind zwangsläufig auch für die WM alle Ampeln auf grün.