09.
2003
Swiss Unihockey appelliert gegen Entscheid des Bezirksgerichts
„Der Schweizerische Unihockey Verband hat entschieden, gegen das Urteil vom 12. September 2003 in Sachen Ausländerregelung zu appellieren. Der SUHV hält diesen Schritt für angebracht, damit für alle Klubs in der kommenden Saison gleiche Verhältnisse herrschen und im Sinne eines Sicherstellens einer geordneten Meisterschaft.“ So lautet die – sehr kurze - Pressemitteilung im Originaltext. ZV-Präsident Renato Orlando dazu: „Wir wollen unbedingt eine Chancengleichheit der Vereine während der Saison. Die jetzt herrschende Rechtsunsicherheit ist nicht gut. Die möglichen anfallenden Kosten können wir tragen – davon lassen wir uns nicht einschüchtern. Der Entscheid ist in Zusammenarbeit mit verbandsexternen Juristen getroffen worden.“
Rechtliche
Fragen
Das Bezirksgericht
Bern-Laupen hat in einer vorsorglichen Massnahme Swiss Unihockey angewiesen,
Basel Magic nicht mit Forfait-Niederlagen zu bestrafen, falls mehr als ein
EU-Ausländer eingesetzt wird. Diese Regelung gilt für die Dauer des
eigentlichen materiellen Prozesses, der noch nicht geführt ist. Gegen diese
vorsorgliche Massnahme hat Swiss Unihockey nun appelliert – ob sie aufgehoben
wird und bis wann das entschieden sein könnte, weiss auch Orlando nicht. Die
Meisterschaft beginnt in acht Tagen...
Gemäss Dr. Fabrizio Gabrielli, Anwalt in der Kanzlei Christen Rickli Partner, von Basel Magic mit dem Rechtsstreit beauftragt: „Der Richter hat die Sache sehr eingehend geprüft – das Urteil umfasst 18 Seiten und geht detailliert auf die Fragestellung der Personenfreizügigkeit ein. Aus meiner Sicht hat er damit das materielle Urteil schon fast vorweg genommen“. Der materielle Prozess könnte sich über mehr als ein Jahr hinstrecken – und bereits jetzt sind Swiss Unihockey Kosten von mehreren tausend Franken entstanden. Das ist noch keine Unsumme, aber je länger das ganze Verfahren dauert, desto teurer wird es (ein juristisches Unterliegen vorausgesetzt).
Verpasste
Chancen
Noch im Frühjahr hatte GC einen letzten Versuch unternommen, die jetzt
entstandene Situation zu vermeiden. Aber sowohl der Zentralvorstand als auch
eine deutliche Mehrheit der Nationalliga-Vertreter haben eine Öffnung vor 2004
klar abgelehnt. Man kann sich natürlich über Basel Magic enervieren, welches
einen „demokratisch gefällten Entscheid“ einer Präsidentenkonferenz
ignoriert hat. Aber da die Rechtslage halt anders liegt – zumindest die erste
juristische Instanz sieht das so - hätte man wohl schon viel früher einen
Kompromiss anstreben sollen. WM 2004 hin oder her. Jetzt herrscht eine unsichere
Situation für alle Vereine. Für das Bezirksgericht war die Rechtslage derart
klar, dass es nicht mal zu einer Verhandlung geladen hat – der Entscheid fiel
alleine aufgrund der eingereichten Akten und deshalb auch unerwartet schnell.
Bleiben die vorsorglichen Massnahmen in Kraft, heisst das, dass ab sofort die Vereine beliebig viele Ausländer aus dem EU-Raum einsetzen dürfen. Wiler-Ersigen (Hedlund, Trnavsky) oder GC (Jihde, Steinholtz) könnten beispielsweise davon profitieren. Wiler-Sportchef Marcel Siegenthaler: „Wir halten uns die Optionen offen. Wir könnten sogar Johan Jihde noch zurückholen und mit drei Ausländern spielen...“. Für andere Vereine gilt: Transferschluss war der 31. August, ausländische Verstärkungen wären erst ab Januar möglich. Wobei sich hier die Frage stellt, ob die Transferfrist von Swiss Unihockey überhaupt rechtens ist – diejenige des International Floorball Federation (IFF) besagt nämlich etwas anderes. Ohne hier schon ein neues juristisches Schlachtfeld anzupeilen – im September noch massgebliche ausländische Verstärkungen für die kommende Saison verpflichten zu wollen, ist ohnehin illusorisch.
Gentlemen’s
Agreement?
Am 28. August haben sich die Präsidenten der
Nationalliga darauf geeinigt, dass an der nächsten Versammlung vom 4. Dezember
die Ausländerfrage für die Saison 2004/05 und 2005/06 diskutiert wird. In
dieser Saison soll nur ein Ausländer spielberechtigt sein. Ruedi Zesiger, Präsident
des Nationalliga-Kommitees dazu: „Ich bin überzeugt, dass sich alle Vereine
daran halten werden. Auch Wiler wird in der ersten Meisterschaftsrunde nur mit
einem Ausländer spielen. An der Sitzung vom 28. August hat ja sogar der
Vertreter von Basel Magic diesem Vorgehen zugestimmt. Wir werden die
Angelegenheit an der morgigen, ohnehin geplanten, Klausurtagung des NL-Kommitees
besprechen und die Vereine laufend orientieren.“
Stellt sich die Frage: Wenn man so sicher ist, dass sich die Vereine an ihr Gentlemen’s Agreement vom August halten, warum muss man dann weiter den möglicherweise sehr teuren Rechtsweg beschreiten? Wohlgemerkt, es geht ja lediglich um die bevorstehende WM-Saison, eine anschliessende Öffnung ist längst sicher. Man hätte statt einer Appellation, mit welcher man übrigens noch bis zum 26. September Zeit hat, auch sofort zu einer ausserordentlichen Präsidentenkonferenz laden und das Gentlemen’s Agreement erneuern können. Zumindest in der NLA der Herren, der im Hinblick auf die vielzitierte wichtige Weltmeisterschaft vom nächsten Mai die grösste Bedeutung zukommt, hätten sich bestimmt alle daran gehalten, da ist Zesiger zuzustimmen. Ob sich auch Basel Magic daran halten würde, ist fraglich. Dies wird ohnehin spannend zu beobachten sein, für den wahrscheinlichen Fall, dass die vorsorglichen Massnahmen nicht aufgehoben werden, bis in der Sache materiell entschieden ist. Es kann nur gehofft werden, dass sich diese Angelegenheit rasch klärt - damit das mediale Interesse dann tatsächlich der Weltmeisterschaft gilt und nicht den Gerichtssäälen.