05.
2015
Warum der Sportchef von Chur...
...ein armer Kerl ist. - Das vermeintlich erstarkte Team erweist sich als fragiles Gebilde: Der Stadtklub beklagt in der Sommerpause zahlreiche Abgänge von Schlüsselspielern. Die Verbliebenen plagen sich mit offenen Fragen, der Präsident scheint die Gefahr zu verkennen. Eine Analyse.
Sandro Cavelti, Thomas Darms. Nicola Bischofberger, Marco Louis, Björn Ludwig. Tomas Sladky, Riku Kekkonen, Kari Koskelainen. Es ist dies nicht das NLA-Kader von Chur Unihockey, es sind die Abgänge. Zwei Eigengewächse und absolute Leaderfiguren, zwei überdurchschnittlich begabte Nachwuchsspieler und ein überdurschnittlich engagierter und motivierter Junior, drei Ausländer von überdurchschnittlichem Format - weg. Ein Identitätsverlust und eine geballte Ladung Qualität, die den Churern abhandenkommt. Zusammen mit dem Rest der Equipe bildeten Captain Cavelti, Wortführer Darms, das Ausländertrio und die Talente Bischofberger und Louis in der letzten Saison eine schlagkräftige Truppe mit Chancen auf Titel. Endlich, nach Jahren des Aufbaus, war Chur Unihockey der nationalen Spitze auf die Pelle gerückt.
Dämpfer mit Folgen
Vor der abgelaufenen Saison verspürte Chur Aufbruchstimmung, die Motivation auf grosse Taten im Team war gross. Und trotz neuerlichem Aus im Playoff-Viertelfinal war dann auch vieles gut, was die Churer ablieferten. Die Playoffs erreichten sie mit Heimvorteil, im Cup standen sie mit einem Bein im Final, verloren dann aber nach 3:0-Führung nach 44 Minuten gegen Malans. Ärgerlich, aber kann passieren.
Erlebnisse wie diese können eine Mannschaft stärken. Man denke an den Champions-League-Final zwischen Manchester United und Bayern München 1999, als die Bayern in der Nachspielzeit ein 1:0 aus der Hand gaben und 1:2 verloren. Zwei Jahre später holten Effenberg, Kahn und Co. Versäumtes nach. Als Schlüssel nannten sie den verlorenen Final 1999.
Eine Kettenreaktion
Bei Chur Unihockey sieht es nach Vergleichbarem nicht aus. Weil das erstarkte Team sich als fragiles Gebilde entpuppt, weil es in der Führungsetage an «Reissern» mangelt, weil der Präsident die Gefahr zu verkennen scheint, weil die anhaltende Vakanz auf dem Posten des Sportchefs fatal ist. Acht Spieler sprangen seit dem Saisonende ab, in der Szene macht der Begriff «Churer Basar» die Runde. Intern ist von einer Kettenreaktion die Rede, in den Naturwissenschaften spräche man von einem negativen Rückkopplungseffekt: Ein unerwünschter Prozess gerät ins Rollen und verstärkt sich selbst.
Es drängt sich die Frage auf, was Alligator Malans besser macht als Chur Unihockey. Zu Mutationen kommt es auch bei Malans. Doch gelingt es seit Jahren, diese ohne grösseren Qualitätsverlust abzufedern. Es scheint, als hätte sich Chur auch mit der Degradierung des engagierten, aber unbequemen Trainers Thomas Berger in den Nachwuchs keinen Gefallen getan. Der abgesägte Trainer aber kann nicht der alleinige Grund für die Negativspirale sein, die sich zu drehen begann. Der Malanser Glücksfall mit seinem Hauptsponsor, der Arbeitsplätze für ausländische Verstärkungsspieler garantiert, kann auch nicht dafür herhalten, dass im Gegensatz zu Chur gestandene einheimische Grössen nicht abwandern.
Der entscheidende Unterschied ist primär bei den prägenden Köpfen zu finden. Es geht ein wenig um Engagement und vor allem um Kompetenz. Bei Malans wirbelt zuvorderst mit This Störi ein Präsident, der sich mit Herzblut und seit vielen Jahren für den Verein engagiert. In Chur füllt der Quereinsteiger Cornel Ehrler den Job nur noch aus Mangel an Alternativen aus. Sein Engagement ist lobenswert, doch ihm fehlt die Unihockeykompetenz. Bei Malans ist mit Thomas Hitz ein in der Szene ausgezeichnet vernetzter Sportchef mit immensem Know-how am Werk. Bei Chur Unihockey ist der Posten des Sportchefs seit Längerem vakant, aktuell füllt ihn Daniel Lütscher interimistisch aus. Bei Malans ist Assistenztrainer Patrick Britt weit mehr als der verlängerte Arm des Trainers. Churs neuer Trainer Iivo Patzar Assistent ist Lukas Thierstein, welcher seine Aktivkarriere letzte Saison gesundheitsbedingt beenden musste.
Natürlich verdienen auch die ehrenamtlichen Führungskräfte von Chur Unihockey Respekt. Auch ihr Engagement ist keine Selbstverständlichkeit, sie tun, was für sie möglich ist. Leute wie Störi, Hitz und Britt sind ein absoluter Glücksfall. Aber um national auf Dauer ganz vorne mitzuspielen, braucht es solche.
Ehrler: «Völlig normal»
Womöglich nimmt der Churer Präsident auch gar vieles auf die leichte Schulter. Die aktuelle Situation bezeichnet er gelassen als «völlig normal, wie in anderen Jahren». Alles sei gut bei Chur Unihockey, beteuert Ehrler. Es sei derzeit so wie bei Malans und den anderen Schweizer NLA-Vereinen auch. Ehrler spricht von einem «grossen Karussell», das sich gerade drehe. Wenn dem wirklich so ist, dann wartet auf Interims-Sportchef Lütscher in seinem Nebenjob jede Menge Arbeit. Als Zuzüge stehen aktuell drei Ausländer, ein Rückkehrer und zwei eigene U21-Junioren fest. Man könnte auch schreiben, was im Verein hinter vorgehaltener Hand gesagt wird: «Daniel Lütscher hat die Arschkarte gezogen.»
Zeitungsbericht "Die Südostschweiz"
seppl 46.127.114.137
29. 05. 2015
@ People 178.197.235.227
28. 05. 2015
Schade 183.182.110.98
28. 05. 2015
Hoffnung 178.197.236.86
28. 05. 2015
Hoffe ernsthaft... 193.247.240.80
28. 05. 2015