11.
2021
Braucht es erneut ein Wunder?
Zwei Jahre nach dem starken Auftritt an der Heim-WM in Neuchâtel geht das Schweizer Frauen-Nationalteam in Uppsala/SWE erneut auf Medaillenjagd. Mit einem guten Mix aus jungen und erfahrenen Spielerinnen und insgesamt 6 WM-Debütantinnen möchte Nationaltrainer Rolf Kern den Teamgeist der letzten Titelkämpfe mitnehmen und gegen jede andere Nation auf Sieg spielen.
Die Bilder aus Neuchâtel sind noch allen präsent: Die wundersame Wende gegen Tschechien in den Schlussminuten des Halbfinals, der Krimi im Final gegen Schweden mit einem erneut späten Ausgleichstreffer und schliesslich der Schock in der Verlängerung, als Schweden sich zum wiederholten Mal die Goldmedaille sicherte. 14 von 20 Spielerinnen des damaligen WM-Teams sind auch an den Titelkämpfen in Uppsala dabei, der "Spirit" von der Heim-WM wurde auf die Debütantinnen übertragen. Cheftrainer Rolf Kern möchte auch in der IFU-Arena ein Team mit viel Laufbereitschaft, Charakter, Erfahrung und grossem Teamzusammenhalt ins Rennen schicken.
Krönung einer Generation?
Nach dem Turnier in der Romandie vor zwei Jahren fiel die Rücktrittswelle weniger stark als befürchtet aus. Der knapp verpasste Titel, die Pandemie mit dem abrupten Saisonende im Frühjahr 2020 - der Umbruch fiel aus diversen Gründen eher sanft aus. Nach der WM 2021 dürfte für einige verdiente Leistungsträgerinnen allerdings definitiv Schluss sein, zumindest was die Karriere im Nati-Dress angeht - es scheint kaum vorstellbar, dass Monika Schmid, Flurina Marti, Julia Suter, Michelle Wiki oder Brigitte Mischler in zwei Jahren die Reise nach Singapur noch antreten werden.
Skorerinnen rechtzeitig fit?
Wenn die Frauen-Nationalmannschaft in Vollbestand antreten kann, ergibt sich die Aufstellung fast von selber (siehe unten). Corin Rüttimann ist Dreh- und Angelpunkt der Paradelinie, der zweite Block mit dem Duo Mischler/Stella wird auf die gengerischen Superstars angesetzt. Für den erfahrenen Stamm des Teams muss die unüblich kurze WM-Vorbereitung also nicht unbedint ein Nachteil sein. Im dritten Block düfte Nadia Cattaneo bei ihrem WM-Debüt als Centerin gesetzt sein, sie bringt viel Energie in diese Formation, die dem Gegner "unter die Haut" gehen kann und nicht unterschätzt werden darf.
Fragezeichen gab es im Herbst rund um den Gesundheitszustand der Leistungsträgerinnen, doch wie vor zwei Jahren bei Seraina Ulber scheint auch diesmal die (knappe) Rechnung aufzugehen. In den Gruppenspielen müsste es zudem möglich sein, die Kräfte aufzuteilen - so können die Rookies Lea Hanimann oder Anja Wyss auch einmal offensiv für Entlastung sorgen, Flurina Marti und Brigitte Mischler können auch im Sturm spielen und ihrerseits durch Céline Stettler ersetzt werden. Zudem ist mit Mirjam Hintermann erneut eine vielseitige "Jokerin" im Aufgebot, die sich stets in den Dienst der Mannschaft stellt.
Alles ist möglich
Doch auch den Ausfall von Leistungsträgerinnen sollte die Schweiz ein Stück weit kompensieren können, wenn sie mit der Leidenschaft und der Kampfkraft von Neuchâtel antritt. Dies sah man beispielsweise am Vierländerturnier in Gümligen, als man gegen Schweden trotz der Absenzen von Wiki, Suter, Rüttimann und Gämperli lange gut mithielt. Doch es kann auch schnell in die andere Richtung gehen, an der letzten EFT wurde die Schweiz von den konterstarken Tschechinnen eiskalt mit 2:9 aus der Halle gefegt. Gleich im ersten Gruppenspiel am Samstagabend bietet sich die Möglichkeit zur Revanche, ein Sieg könnte gleichbedeutend mit dem 1. Platz in der Gruppenphase und somit einem Halbfinal gegen das potenziell eher schlagbare Finnland sein. Doch am Ende muss die Schweiz gegen jeden Gegner bestehen, wenn die WM nicht zum 8. Mal in Folge mit Gold für Schweden enden soll.
Ein Wunder ist nicht zwingend nötig, wenn die Schweiz in Uppsala Edelmetall oder erneut den Final erreichen will. Ein konzentrierter Auftritt über 60 Minuten ohne Zwischentief, eine kämpferische Leistung und das Befolgen des Gameplans sind keine Wunder, sondern eine realistische Erwartungshaltung für ein derart routiniertes Team. Für Siege gegen die Top-Nationen sind zudem aber auch Top-Leistungen von Teamstützen wie Lara Heini, Flurina Marti, Corin Rüttimann und Michelle Wiki in den entscheidenden Momenten unabdingbar. Somit scheint der Ausgang der WM offener als in früheren Jahren - im guten, wie im schlechten Sinn für die Schweiz.
Voraussichtliche Aufstellung:
Torhüterinnen: Lara Heini, Monika Schmid.
1. Block: Chiara Gredig, Flurina Marti; Julia Suter, Corin Rüttimann, Michelle Wiki
2. Block: Tanja Stella, Brigitte Mischler; Isabelle Gerig, Andrea Gämperli, Nathalie Spichiger
3. Block: Lisa Liechti, Doris Berger; Vivien Kühne, Nadia Cattaneo, Lea Hanimann
Ersatz: Céline Stettler; Anja Wyss, Mirjam Hintermann
Staff: Rolf Kern (Headcoach), Jonas Grunder, Kari Koskelainen (Assistenten), Jakob Lieske (Goalietrainer), Melanie Rüdisüli, Philipp Purkert (Physios), Romana Brunner (Material)
Der Schweizer Spielplan:
Samstag 27. November, 19:30 Uhr
Tschechien - Schweiz
Montag 29. November, 16:00 Uhr
Schweiz - Lettland
Dienstag 30. November, 19:45 Uhr
Schweiz - Polen
Freitag, 3. Dezember, 19:00 Uhr
Viertelfinal
Samstag 4. Dezember, 15:45 Uhr / 19:45 Uhr
Halbfinal (15:45 wenn gegen Schweden, 19:45 wenn gegen Finnland)
Sonntag 5. Dezember, 13:00 Uhr / 16:30 Uhr
Spiel um Platz 3 / Final