11.
2017
Der Traum vom Final
Diesen Freitag startet die 11. Frauen-WM der Unihockeygeschichte. Das Turnier findet vom 1. bis 9. Dezember 2017 in Bratislava statt. Bisher war die Slowakei für die Schweizerinnen ein gutes Pflaster.
Das erklärte Ziel der Schweizer Frauen-Nati für die WM in Bratislava ist der Einzug in den Final. Läuft alles nach Papierform, braucht es dafür im Halbfinal einen Sieg über Finnland - und damit etwas, was an den bisherigen zehn Weltmeisterschaften noch nie gelang.
Viermal stand die Schweiz in der WM-Geschichte im Final. Der Spielplan und die Resultate der Gruppenphase ergaben 1999 (Finnland), 2003 (Schweiz) und 2005 (Singapur) Halbfinalduelle mit den damals noch starken Norwegerinnen, 2009 (Schweden) hiess der Gegner Tschechien.
Anders ausgedrückt: Hiess der Gegner im Halbfinal Schweden oder Finnland, verpassten die Schweizerinnen den Final immer - je dreimal waren die Nordländerinnen zu stark. Die einzigen Siege an einer WM gegen diese beiden Nationen stammen von der goldenen WM 2005 in Singapur. Damals schlug die Schweiz Finnland gleich zweimal - im Gruppenspiel mit 7:6 und im Final mit 4:3 - und wurde Weltmeister.
Die logischen Halbfinals
In Bratislava trifft die Schweizer Auswahl im Startspiel auf Polen (mit BEO-Stürmerin Ela Piotrowska) und tags darauf auf Deutschland oder „Schweiz B" - mit Franziska Kuhlmann (Zug), Katja Timmel (Red Ants), Christa Brünn (Floorball Riders) und Alena Holst (Laupen) sowie den Trainern Simon Brechbühler (Headcoach) und Fabian Arvidsson (Assistent) kommt viel Bekanntes auf die Schweizerinnen zu.
Nach diesem Aufgalopp, bei dem kräftesparend mit deutlichen Siegen Moral getankt werden sollte, wartet der grosse Turnierfavorit Schweden. Die Resultate der letzten Begegnungen (1:10, 4:5 n.P., 4:9, 0:9) lassen die Vermutung zu, dass die Schweizerinnen als Gruppenzweite in den Viertelfinal einlaufen werden.
In der Gruppe A wäre ein Sieg der Tschechinnen (mit dem Schweizer Sascha Rhyner als Assistent) über Finnland eine ähnliche Überraschung. Die logischen Halbfinals lauten somit Schweden gegen Tschechien und Finnland gegen die Schweiz.
Monika Schmid und Flurina Marti gehören zu den Erfahrensten im Team. (Bild: Per Wiklund)
Schwung oder Bluff
Mut machen den Schweizerinnen vor allem die Resultate der Euro Floorball Tour im letzten April in Olomouc (Tschechien), als sie mit dem praktisch kompletten WM-Kader Schweden ein Unentschieden abtrotzten und erst im Penaltyschiessen verloren. Gegen Finnland (8:4) und Tschechien (6:3) wurden zwei deutliche Siege eingefahren. Die Generalprobe in Malmö von Anfang November soll diesen Eindruck trotz drei Niederlagen nicht verwischen.
Nationaltrainer Rolf Kern dazu: „Dieses EFT-Datum so kurz vor einer WM finde ich sehr fragwürdig. Wir haben lange diskutiert, ob wir den Schwung der April-Partien durchziehen oder unsere Karten lieber noch nicht aufdecken wollen. Wir entschieden uns für die zweite Variante, auch wenn Niederlagen nie Spass machen." Da mit Corin Rüttimann und Nathalie Spichiger auch noch zwei Spielerinnen verletzt fehlten, konnten die Schweizerinnen ohnehin nicht in der üblichen Formation auflaufen.
Viel Routine und neun Neulinge
Kerns Aufgebot für Bratislava enthält grundsätzlich keine Überraschungen. Neben neun WM-Neulingen sind auch sehr erfahrene Frauen am Start. Corin Rüttimann und Tanja Stella sind bereits zum fünften Mal an einer Endrunde dabei, Michelle Wiki, Seraina Ulber, Flurina Marti und Monika Schmid haben ebenfalls bereits drei WM-Turniere in den Beinen.
Ebenfalls wichtig: Sehr viele Spielerinnen verfügen bereits über WM-Finalerfahrung. Mit Scheidegger, Frick, Rüttimann, Ulber, Marti und Wyss sind gleich sechs U19-Weltmeisterinnen von 2008 dabei, die heute im „besten Alter" sind. Gämperli, Reinhard, Spichiger, Liechti und Heini haben an die Slowakei hervorragende Erinnerungen, standen sie doch 2012 an der Juniorinnen-WM in Nitra im Endspiel. Und 2009, als die Schweiz an der A-WM in Västeras (Schweden) letztmals im Final stand, waren Rüttimann, Ulber und Stella bereits dabei. Jede Menge Routine also, um die Nerven der Neulinge zu beruhigen.
Rolf Kern bestritt schon zwei WM als Spieler. Als Coach sammelte er mit Deutschland bei den Männern auch schon Erfahrung. (Bild: Per Wiklund)
Ruhe vor dem Sturm
Der Aufwand der Internationalen war immens, bis zu 23 Tage wurden alleine dieses Jahr ins Nationalteam investiert. Viele Spielerinnen hatten seit dem Ende der letzten Saison aufgrund von Zusammenzügen, Tests und Länderspielen kaum ein freies Wochenende. So erstaunt die letzte Phase der WM-Vorbereitung nicht: Eine Woche vor Turnierbeginn traf sich die Nati in Schaffhausen zu zwei Trainingstagen, gefolgt von drei Tagen Wellness-Erholung im Schwarzwald. Um runterzufahren, bevor dann der WM-Stress beginnt - damit der Traum vom Final in Erfüllung geht.
„Wir haben in den letzten zwei Jahren - die letzten Spiele in Malmö ausgeblendet - einen Steigerungslauf hingelegt und uns stetig entwickelt. Wenn wir überzeugt auftreten und unsere Schlüsselspielerinnen in Form sind, erreichen wir den Final", zeigt sich Rolf Kern zuversichtlich. Wobei der Anhang nie fehlen darf: Wenn man schon im Final steht, möchte man diesen natürlich auch gewinnen.
Frauen-WM in Bratislava
1. bis 9. Dezember 2017
Gruppe A: Finnland, Tschechien, Norwegen, Lettland
Gruppe B: Schweden, Schweiz, Deutschland, Polen
Gruppe C: Slowakei, Estland, Singapur, Australien
Gruppe D: Dänemark, USA, Japan, Thailand
Spielplan der Schweiz
2.12.2017, 13.30 Uhr: Schweiz - Polen
3.12.2017, 15.30 Uhr: Deutschland - Schweiz
4.12.2017 15.40 Uhr: Schweden - Schweiz
6. oder 7.12.2017: Viertelfinal
8.12.2017: Halbfinal
9.12.2017: Medaillenspiel
Alle Spiele können Sie im Liveticker auf unihockey.ch verfolgen.
Das Schweizer Kader
Tor: Monika Schmid (27 Jahre, Dietlikon, 4. WM), Lara Heini (23, Piranha, 1. WM)
Verteidigung: Lena Cina (25, Wizards, 2. WM), Brigitte Mischler (25, Wizards, 3. WM), Tanja Stella (29, Dietlikon, 5. WM), Nadia Reinhard (23, Skorpion Emmental, 1. WM), Flurina Marti (26, Piranha, 4. WM), Andrea Streiff (31, Dietlikon, 1. WM), Lisa Liechti (23, Skorpion Emmental, 1. WM)
Sturm: Andrea Gämperli (22, Dietlikon, 1. WM), Michelle Wiki (28, Dietlikon, 4. WM), Simone Wyss (26, Wizards, 1. WM), Isabelle Gerig (18, Dietlikon, 1. WM), Margrit Scheidegger (27, Red Ants, 3. WM), Alexandra Frick (27, Red Ants, 2. WM), Corin Rüttimann (25, Piranha, 5. WM), Seraina Ulber (27, Piranha, 4. WM), Nathalie Spichiger (22, Piranha, 1. WM), Katrin Zwinggi (28, Piranha, 3. WM), Géraldine Rossier (29, Red Ants, 1. WM)
Staff: Rolf Kern (Cheftrainer), Jonas Grunder (Assistent), Jakob Lieske (Goalietrainer), Christoph Camenzind (Teammanager), Marina Sprecher (Physio), Michael Sotelo-Niederer (Physio), Romana Brunner (Material)
Kalle 91.213.2.4
30. 11. 2017