12.
2011
Ein Jahr harte Arbeit für eine Woche WM in St. Gallen
Die Klasse der Schweizerinnen kommt nicht aus dem Nichts. Der Aufwand, den sie betreiben, ist immens. Im Jahr der Heim-WM noch grösser als ohnehin schon. «Das Unihockey fordert viele Opfer», sagt Flurina Marti stellvertretend fürs gesamte Team. Der Lohn dafür ist nicht finanzieller Natur. Doch was die besten Schweizerinnen des Landes an der WM in St. Gallen erleben dürfen, entschädigt für vieles. «Die Kulisse ist überwältigend», schwärmte Corin Rüttimann, die im Liga-Alltag Martis Teamkollegin bei Piranha Chur ist, nach dem Auftaktspiel vor 1900 euphorischen Zuschauern im Athletik-Zentrum. «So macht es richtig Spass», doppelte Marti tags darauf nach dem zweiten Spiel nach.
Zehn Tage lang wie Profis
Zumindest während der WM sind die Schweizerinnen zehn Tage lang ganz Profi. Das Drumherum, nicht zuletzt die Bedingungen, die die Schweizerinnen im Athletik-Zentrum antreffen, tragen dazu bei, dass sie sich auch ein wenig wie Profis fühlen.
Nach der WM wieder Alltag
Marti geniesst es. Umso mehr, weil die 20-jährige Landquarterin weiss, dass der Zustand nur temporär ist. Nach der WM wird wieder Alltag einkehren, sprich die gewohnte Doppelbelastung. Im Fall der Verteidigerin von Piranha Chur heisst dies: zwei Tage Betriebsökonmie studieren an der HTW Chur, dreiTage arbeiten als Administratorin bei der Swiss School of Tou rism and Administration. Abends meistens trainieren, an den Wochenenden Meisterschaftsspiele mit ihrem Klub. Manchmal sind es sogar zwei Partien innert 24 Stunden. «Es ist streng», sagt Marti über das Mammutprogramm. «Ein bisschen weniger wäre manchmal schön. Nicht nur die Kollegen kommen zu kurz.»
Aufgrund der Mehrfachbelastung würden viele den Stock bereits früh an den Nagel hängen, sagt Marti. Vielleicht sei dies auch bei ihr eines Tages der Fall. Noch ist es aber nicht so weit: Die U19-Weltmeisterin von 2008 und Schweizer Meisterin mit Piranha Chur 2010 hat noch einiges vor. «Auf Klubebene will ich noch den Cupsieg», sagt sie. Und mit dem Nationalteam? Bestimmt träumt sie dieser Tage weniger vom Lernen fürs Studium als vom Gewinn des WM-Titels in St. Gallen. Ihre Einstellung jedenfalls verrät, dass es nicht die hohen Siege gegen Exoten wie Holland sind, weshalb die Schweizerinnen im WM-Jahr noch mehr Strapazen auf sich nehmen als ohnehin schon: «Wir haben viele Tore geschossen, aber das ist nicht das, was wir an der WM zeigen wollen und können.»
Zeitungsarikelt von Jonas Schneeberger (Die Südostschweiz)