05.
2008
Golden Girls
Zwei Tage nach der Rückkehr lassen drei der frischgebackenen U19-Weltmeisterinnen für unihockey.ch die vergangene Woche Revue passieren.
Rahel Kaltenrieder (Burgdorf Wizards), Julia Suter (Red Ants Winterthur) und Corin Rüttimann (Piranha Chur) sind sich einig: Die Schweizer Juniorinnen haben sich den U19-Weltmeistertitel verdient. Die minutiöse Vorbereitung auf das Startspiel gegen Finnland, das in der Folge kontinuierlich steigende Selbstvertrauen, die geschlossene Teamleistung und nicht zuletzt die vorhandene spielerische Qualität bildeten die Basis für den grossen Coup, den Sieg in der Verlängerung gegen Schweden. Stellvertretend meint etwa Kaltenrieder „Das Ziel war klar eine Medaille, dass es die Goldene geworden ist, ist unglaublich schön!"
Optimaler Auftakt in die perfekte Woche
Bei der Vorbereitung auf das Turnier stand bei den Schweizerinnen stets das kapitale Spiel gegen Finnland im Mittelpunkt. Die knappe Niederlage im Vorbereitungsspiel gegen denselben Gegner wurde detailliert analysiert, ausgewertet und anschliessend wurden die, wie sich herausstellen sollte, richtigen Schlüsse gezogen. Rüttimann spricht davon, dass „wir genau wussten, was uns erwartete. Wir kannten ihr System und ihre Schwächen, haben die Vorgaben super umgesetzt und unsere Konterchancen konsequent ausgenützt". Dass den zwei anderen Gruppengegnern Lettland und Norwegen im Vorfeld wenig Gewicht beigemessen wurde, erwies sich als unerheblich. In beiden Partien resultierten klare Erfolge, auch wenn sich die Schweizerinnen vorab gegen Lettland bis zur Spielmitte schwer taten und die deutliche Differenz erst gegen Ende herausspielen konnten. „Dennoch konnten viele Spielerinnen während der Gruppenspiele für den späteren Turnierverlauf entscheidendes Selbstvertrauen tanken und einigen Leistungsträgerinnen eine Pause gegönnt werden", kommentiert Suter den geglückten Abschluss des ersten Turnierphase.
Zweimal Blitz-, einmal Kaltstart
Verglichen mit dem Startspiel erwischten die Schweizerinnen im Halbfinal gegen Gastgeber Polen einen denkbar schlechten Start, so lagen sie nach lediglich fünf Minuten mit zwei Toren zurück. Die Polinnen konnten auf die Unterstützung der zahlreichen und vor allem lautstarken Anhänger zählen. Kaltenrieder über diesen veritablen Kaltstart: „Wir haben sie nicht unterschätzt, sondern waren wohl einfach nicht bereit, teilweise wohl auch etwas nervös. Zudem fielen die Tore auf ziemlich unglückliche Art und Weise. Das intakte Selbstvertrauen und vor allem der schnelle Anschlusstreffer trugen entscheidend dazu bei, dass wir das Spiel trotzdem frühzeitig in die gewünschten Bahnen lenken konnten." Aus der Sicht von Suter trug ausserdem die NLA-Erfahrung einiger Akteurinnen dazu bei, trotz dem für viele ungewohnt zahlreichen und frenetischen Publikum die Ruhe zu bewahren und den Fokus nicht zu verlieren.
Kaltenrieders Erinnerungen
Die NLA-erprobten Kaltenrieder und Suter erlebten nach dem Bronzemedaillengewinn vor zwei Jahren bereits ihre zweite Weltmeisterschaft. Damals verabschiedete sich die Schweiz mit einer 2:15-Klatsche im Halbfinal aus dem Titelrennen. Erinnerungen an diese Niederlage kamen bei Kaltenrieder nur vor dem Spiel auf, als sie die Schwedinnen beim Einlaufen sah. „Wir wussten, dass wir wirklich gut sind und zu Beginn des Spiels kam uns entgegen, dass die Schwedinnen taktisch ähnlich spielten wie die Finninnen. Es gelang uns vorzüglich, ihr 2:2:1-System zu umspielen und die sich bietenden Chancen zur Führung zu nutzen." In die gleiche Richtung gehen die Äusserungen von Suter, die dem Start nach Mass - nach gut zehn Minuten stand es bereits 3:0 - entscheidende Bedeutung zuspricht: „Erst da begann ich wirklich daran zu glauben, dass wir es schaffen können, nachdem für mich zuvor im Vordergrund stand, dass wir das Bestmögliche geben und den Schwedinnen möglichst lange Paroli bieten würden."
Verteidigerin Rüttimann
Im Unterschied zu Kaltenrieder und Suter bestritt Rüttimann ihre erste WM. Die jüngste Spielerin der Schweizerinnen kam im Final auf der Verteidigerposition zum Einsatz, weil sich die zuvor dominante Marianne Gämperli beim Auslaufen nach dem Halbfinal denkbar unglücklich verletzte. Die Besonderheit an Rüttimanns Nomination als Verteidigerin besteht darin, dass sie zuvor in ihrer Karriere noch nie auf dieser Position eingesetzt wurde. Ihr Kommentar dazu: „Ich verliess mich darauf, dass meine Backpartnerin Sandra Frank das schon irgendwie hinkriegen würde, damit es mit uns gut kommt. Ausserdem erhielt ich viele Tipps von den anderen Spielerinnen und dem Trainerstaff."
Heldin Suter
Der plötzlich in Reichweite liegende Titel hätten die Schweizerinnen beinahe noch verspielt, denn sie vermochten den Vorsprung nicht über die Zeit zu bringen, die Schwedinnen glichen elf Sekunden vor dem Ende aus. Rüttimann spricht davon, dass die Schweiz nach dem 7:5 zu stark in die Defensive gedrängt wurde und sich kaum noch befreien konnte, gefährliche Konterchancen ergaben sich keine mehr. Grund genug für Trainer Bernhard Nussbaum, Suter zu einem dieser Konter zu animieren: „Er hat gesagt, ich solle mit dem Ball nach vorne rennen und schiessen. Das habe ich gemacht, und plötzlich haben sich alle auf mich gestürzt und gejubelt. Wie ich das Tor erzielte, wusste ich danach nicht mehr und habe es mir von den anderen erzählen lassen", schildert Suter ihren goldenen Treffer in der Verlängerung. Ausgerechnet Suter, die in den ersten beiden Spielen nicht ins Turnier zu finden schien und mit sich selbst zu hadern begann. „Das Team hat mich super unterstützt, als es mir persönlich nicht lief. Ich bin froh, habe ich den anderen auf diese Weise etwas zurückgeben können."