12.
2014
Göteborg-Splitter, Teil 1
Am ersten richtigen WM-Tag ist auch unihockey.ch in Göteborg angekommen. Einige Turbulenzen mussten schon überstanden werden.
Mitten in der Nacht (Abflug 6.25 Uhr) reisten wir los Richtung Göteborg. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Berlin, wo die Zollfahndung unserem Chefredaktor in einem kleinen Raum freundlicherweise bestätigte, dass dessen Kamera garantiert kein Geheimfach für Schmuggelware beinhaltet, landeten wir auch schon in Schweden. Dort wartete ein prominentes Empfangskomitee auf uns: Henrik Stenberg, Johan Samuelsson und Martin Östholm hiessen uns am Gepäck-Förderband willkommen. Gut, es waren nur ihre Pappfiguren. Trotzdem schön und noch nie so an einer WM gesehen. Unser Fotograf Erwin Keller war dabei das erste Opfer. Seiter dürfen wir ihn auch Östholm rufen.
Schwedische Organisation
Helle Aufregung schon wenige Minuten nach der Ankunft im Scandinavium: Die Fotografen dürfen nicht bis zum Spielfeld hinunter, sondern müssen ihre Bilder von einem 50 Meter entfernten und erhöhten Podest aus schiessen, ausserdem gebe es in der Halle kein Wi-Fi für Liveticker, liessen uns die bereits anwesenden Kollegen wissen. Ein Deutscher Fotograf sass geknickt im Pressezentrum, anstatt bei Finnland - Deutschland seiner Arbeit nachgehen zu können. „Wenn das so bleibt, reisen wir morgen gleich wieder ab!", schwor unser norwegischer Kollege Kent. Auch wir machten uns bereits Gedanken, wie wir die Woche in Göteborg über die Zeit bringen, wenn wir nicht arbeiten dürfen. Eine erste Entwarnung kam dann nach einer Stunde: Die Proteste fruchteten, die Fotografen dürfen jetzt wie gewohnt bis hinter die Werbebande um das Feld. Wie das mit dem Liveticker funktioniert, checken wir heute gegen Estland. Eines war so rasch klar: Auch diese WM ist sehr schwedisch organisiert. Gegen aussen sehr professionell, aber nicht immer so ganz durchdacht, vor allem für alle Nicht-Schweden. Aber am Schluss klappt dann doch alles, irgendwie.
«Eishockey ist mein Sport»
Wer in der Schweiz am Nachmittag Hunger hat, stösst oft auf geschlossene Restaurantküchen. Hier ticken die Uhren anders. Als wir um 15.30 Uhr einen Happen essen gehen wollten, scheiterten wir in den ersten drei Restaurants an verfügbaren Plätzen. „Sorry Guys, wir sind voll", hiess es, während wir ungläubig auf die vollen Tische mit schlemmenden Menschen blickten - als ob gerade der Ramadan zu Ende gegangen wäre. Im John Scott's Pub ergatterten wir dann doch noch Stühle und Burger. Dort gesellte sich Lars-Erik zu uns, der extra vom Land in die Stadt gekommen war, um sich den Eishockey-Spitzenkampf zwischen dem Göteborger Team Frölunda Indians (2.) und Skelleftea (1.) auf Grossleinwand anzuschauen. In Sachen Eishockey wusste er alles. Nicht nur, dass der Schweizer Martin Plüss (SCB) für die Indians gespielt hatte. Auch über alle anderen Schweizer in der Liga (Marcel Jenni, Martin Gerber) wusste er genau Bescheid, dazu auch über alle Schweden in der Schweiz (Anders Eldebrink, Dick Axelsson, Linus Klasen usw.). Nur zu einem Gang ins Scandinavium zum Spiel der schwedischen Unihockey-Nati wollte er sich partout nicht überreden lassen. „Eishockey ist mein Sport", sagte er dazu nur. Dass die WM in Göteborg stattfindet, erfuhr er durch uns. Am Rande hatte er davon gehört, weil die Indians ihr Spiel nicht wie sonst üblich im Scandinavium austragen konnten, sondern ins Frölundaborg Isstadion ausweichen mussten. In Schweden gibt's ja neben der Halle immer noch eine Halle. In diesem Fall eine mit nur 8000 Plätzen statt 12‘000...
Grosse Medien-Präsenz in Deutschland
Turbulente Tage erlebte der deutsche Floorball. Am Donnerstag ging's mit der Fähre des Hauptsponsors nach Göteborg. Dort haust das Team und der Staff in Bungalows im Camping des Lisebergs-Park. Es soll, wie wir gehört haben, ähnlich wie die mittlerweile berühmt-berüchtigte Jugendherberge in Zürich-Wollishofen sein. «Campo Bahia für Arme», nannte es das deutsche Medienteam, in Anlehnung an das Camp des deutschen Fussballbunds während der WM in Brailien, schon scherzhaft. Neben dem Spiel gegen Finnland - eine ansprechende Leistung beim 2:9 gegen den Vizeweltmeister - stand vor allem die Aufnahme in den deutschen olympischen Sportbund (DOSB) im Vordergrund. Ein Meilenstein für Floorball Deutschland, sogar in den grossen deutschen Medien war die Aufnahme eine kurze Meldung wert. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR), einer der Sender der ARD, bietet sogar täglich Sendungen aus Göteborg an. Dazwischen bekamen die deutschen Spieler auch noch neue Trikots. Überraschend ist vor allem die Ersatzfarbe: rot-weiss. Eine Reminiszenz an die Farben der Sponsoren. Die bösen Sprüche von Schweiz II - im Trainerstaff und bei den Spielern sind einige mit schweizerischen Wurzeln dabei - machte dabei schnell die Runde. Ungewöhnlich war vor allem die Übergabe, bei welcher Hornets-Verteidiger Joel Gysin eine Hauptrolle spielt.