12.
2012
Gelebte Treue
Weihnachten ist das Fest der Liebe, zur Liebe gehört das Küssen, und ums Küssen gehts in diesem Blog. Raul Bobadilla hat es nämlich schon wieder getan, Marco Reus ebenfalls, Zlatan Ibrahimovic sowieso, Manuel Neuer aber wurde es untersagt - das Klublogo zu küssen.
Im Fussball ist die Liebkosung des Vereinswappens auf dem Trikot nach Erfolgserlebnissen gang und gäbe. Die Geste soll die innige Beziehung des Spielers zum Verein dokumentieren - bis dass der Geldbeutel uns scheidet. Bobadilla also zieht nach einem Tor das Trikot zum Mund, die Lippen berühren die heiligen Buchstaben „Y" und „B", der linke Zeigefinger zeigt in Richtung Fankurve, mit der rechten Hand schlägt er sich zweimal, dreimal, viermal aufs Herz, als wollte er sagen: „Ich YB dich!" Im neuen Jahr wird er wahrscheinlich das Logo des FC Basel liebkosen.
Marco Reus hatte stets seine Verbundenheit mit Borussia Mönchengladbach beteuert, nach dem ersten Tor für Dortmund aber sogleich das gelb-schwarze Textil geküsst - Borussia hin, Borussia her. Auch Ibrahimovic ist diesbezüglich äusserst flexibel und küsst die Embleme seiner Klubs wie der Papst die Flughafenböden dieser Welt. Torhüter Manuel Neuer hingegen wurde nach seinem Wechsel von Schalke nach München von einigen Bayern-Fanklubs untersagt, per Megafon Fangesänge anzustimmen, sein Trikot in die Kurve zu werfen und, natürlich, das Wappen auf seinem Trikot zu küssen.
Hat Daniel Bill jemals öffentlich das Könizer Wappen liebkost? Ging Adrian Capatt nach einem Torerfolg mit dem Alligator auf seinem Dress ins innige Tête-à-tête? Klopft sich Matthias Hofbauer nach einem Treffer auf die Brust, symbolisiert die Treue zu Grün-weiss, ehe er nach dem Spiel mit den Sportchefs der Konkurrenz zusammensitzen und verhandeln wird? Voilà. Im Unihockey bedarf es keiner zur Schau gestellten Klubbekenntnisse; in den Schweizer Vereinen wird die Klubtreue gelebt wie sonst nirgendwo. Daniel Bill hat sich in der Vergangenheit zwar auch mal die Offerten der Konkurrenz angehört, ist Köniz aber stets treu geblieben - Sam Dunkel sowieso, schliesslich hat sich dieser bereits auf unterster Nachwuchsstufe mit Verteidiger Kusli Gerber duelliert, wobei die Vergleiche bereits damals oft hinter den Banden endeten. Apropos: Auch Gerber hat schon oft mit anderen Vereinen aus dem Bernbiet und Zürich geflirtet, letztlich aber immer bei den Tigers (oder „Zäzi") unterschrieben. Bei Simon Stucki können sich die Interessenten das Telefonat sowieso sparen -der Blick auf die Tribüne der Espace Arena in Biglen genügt: Wer sonst kann Stuckis Familie eine derart feudale Kinderspielecke bieten? Adrian Capatt spielte 18 Jahre mit Malans in der höchsten Liga und tauschte das Trikot der Herrschäftler einzig mit jenem der Schweizer Nationalmannschaft. Selbiges gilt für die „Höfis" bei Wiler-Ersigen - ihre Abstecher nach Schweden ausgenommen.
Die Aufzählung liesse sich gewiss mit zig Namen aus zig Vereinen beliebig erweitern. Gelebte Klubtreue statt buchstäblicher Lippenbekenntnisse - so soll es sein.
Ich wünsche allen einen guten Rutsch ins neue Jahr: Küsst an Silvester eure Liebsten, und nicht das Klublogo...
Voneschen Reto
29. 12. 2012
Nichtganzsotreu 193.246.80.27
29. 12. 2012