02.
2014
Piranha: Ein Fall für Stadelmann
Double-Titelverteidiger Piranha Chur kann morgen im Cupfinal die Turbulenzen der letzten Wochen vergessen machen. Dazu verhelfen soll die als Trainer-Notnagel eingesprungene Ex-Rekordnationalspielerin Natalie Stadelmann.
Wer Piranha Chur im Jahr des grossen Umbruchs auf Rang 3 in der NLA-Spitzengruppe in ruhigen Gewässern wähnte, der irrte sich. Knall auf Fall wurde vor zwölf Tagen Trainer Harri Lind über Bord geschmissen. Über die genauen Gründe schwiegen sich die Parteien aus. Sportlich lief es in den Wochen zuvor nicht mehr ganz optimal, doch das massiv verjüngte Team erreichte den Cupfinal und schloss die Qualifikation auf dem dritten Platz ab. «Er hat das Team nicht mehr erreicht», hiess es von Vereinsseiten. Der geschasste Trainer schweigt.
In die Bresche sprang Natalie Stadelmann. Stadelmann, die gebürtige Zürcherin, die mit Winterthur und Dietlikon zahlreiche Titel gewann und die ihre lange Laufbahn nach 124 Länderspielen letzte Saison bei Piranha Chur ausklingen liess. Mit den Churerinnen gewann sie zum Abschluss das Double, ehe sie einen Seitenwechsel hinter die Bande vollzog und neben Aldo Peng Assistenztrainerin des neu verpflichte- ten Taktgebers Harri Lind wurde.
Nun, die Konstellation hielt nicht lange - wenngleich die Zusammenarbeit in der Chefriege gut funktionierte, wie Peng und Stadelmann beteuern. Weil der Vorstand um Präsident Thomas Handl - der Vater der oft verletzten und manchmal überzähligen Verteidigerin Nadine Handl - eingriff. In der Not stellte sich Stadelmann zur Verfügung, eher situationsbedingt denn als ambitionierte Aspirantin auf den Trainerposten, wie sie selbst sagt. Als Notnagel also.
«Ich bin da irgendwie reingerutscht»
Die 35-Jährige erwies sich damit bei Piranha nicht zum ersten Mal als «Frau für alle Fälle». Im Lauf der Saison war sie temporär als Spielerin eingesprungen, weil das Kader aufgrund verschiedener Verletzungen zusammengeschrumpft war. Obwohl sie eine Rückkehr aufs Feld öffentlich stets ausgeschlossen hatte. Es sei eine ziemlich spezielle Saison mit einigen speziellen Momenten für sie, sagt Stadelmann. «Dass es so kommt, hätte ich nicht erwartet. Ich bin da irgendwie reingerutscht.»
Stadelmann, die so viel Erfahrung wie kaum eine andere in der Frauen-Unihockey-Szene mitbringt, soll also das Boot auf (Titel-)Kurs bringen. «Es gilt zwei Titel zu verteidigen» heisst es in einem Schreiben an «Sponsoren, Partner und Freunde von Piranha». Ob Anspruch und Realität nicht auseinanderklaffen, sei dahingestellt.
Zumindest die Chance auf die eine Titelverteidigung, jene im Cup, ist mehr als intakt. Denn im Cupfinal bekommen es die Churerinnen morgen in Bern nicht mit Dietlikon oder den Red Ants aus Winterthur zu tun, sondern mit Zug. Die Zentralschweizerinnen qualifizieren sich zwar regelmässig für die Play-offs der besten vier. Doch ganz aufschliessen zum Top-Trio konnten sie bisher noch nicht. Diesmal sammelten sie in den 22 Qualifikationsspielen elf Punkte weniger als das drittplatzierte Piranha und 21 respektive 22 weniger als die Red Ants (2.) und Dietlikon (1.).
Mehr Punkte, aber schlechtere Form
«Ob Zug nun ein angenehmerer Gegner ist oder nicht, weiss ich nicht», sagt Stadelmann. Im Cupfinal seien die üblichen Stärkeverhältnisse ausser Kraft gesetzt und der Druck auf ihr Team würde dadurch grösser. «Ich gehe von einem ausgeglichenen Match aus. Unterschätzen werden wir die Zugerinnen auf keinen Fall.»
Tatsächlich liegt die Favoritenrolle trotz der Punktedifferenz in der Qualifikation nicht so klar bei Piranha. Die Formkurve spricht für Zug und die Direktbegegnungen in dieser Saison waren umkämpft. Den ersten Vergleich gewann Piranha Ende November 6:5, das zweite Duell ging Ende Januar mit einem 7:6 nach Verlängerung knapp an Zug. «Die Zugerinnen sind unberechenbar - du weisst nie, was auf dich zukommt. Zudem sind sie läuferisch stark und haben zwei, drei sehr schnelle Spielerinnen im Team», weiss Stadelmann.
«Die Stimmung ist sehr gut»
Wo setzt Stadelmann nun die Hebel an, um Piranha Chur auf den gewünschten Kurs zu bringen? «Ich will nicht alles umstellen. Es sind kleine Sachen, die wir besser machen müssen», antwortet sie. Auch als Psychologin sei sie derzeit kaum gefragt: «Die Stimmung im Team ist sehr gut. Und alles, was ich will, ist, dass die Spielerinnen Freude und Spass haben.»
Zeitungsbericht "Die Südostschweiz"