11.
2018
Was reisst die alte Garde?
In vier Tagen wird die zwölfte Herren-WM in Prag mit dem Spiel Schweiz-Lettland eröffnet. Bis dahin blicken wir etwas genauer auf die vier grossen Titelfavoriten Schweden, Finnland, Tschechien und die Schweiz. Den Anfang macht Titelverteidiger Finnland. Beim dreifachen Weltmeister stellt sich die grosse Frage, was die alten Hasen um Mika Kohonen, Juha Kivilehto und Tatu Väänänen noch bewirken können. Hat Petteri Nykky den Generationenwechsel verpasst?
Es war beeindruckend wie Finnland vor zwei Jahren an der WM in Riga dem grossen Favoriten Schweden den Rang ablief und sich nach einem packenden Final (4:3 nach Penaltyschiessen) den dritten Weltmeistertitel sicherte. Junge Akteure wie Krister Savonen und Peter Kotilainen (der Stürmer erzielte 16 Punkte und wurde zum MVP des Turniers gewählt) glänzten mit unbeschwerten Auftritten und prägten das finnische Spiel. Trainer Petri Kettunen liess man trotz des grossen Erfolgs nicht mehr weitermachen, holte stattdessen Petteri Nykky - Weltmeistertrainer von 2008 und 2010 - zurück an Board. Der ehemalige Schweizer Nationaltrainer (2012 - 2014) soll den eingeschlagenen Weg seines ehemaligen Assistenten, Vorgängers und Nachfolgers weiterführen.
Junkkarinens Ausbootung
In zwei Jahren findet die WM in Finnland statt. In der Heimat wollen die Finnen wie schon 2010 Weltmeister werden, die WM in Prag soll sozusagen nur als Aufbau dienen. Umso mehr überrascht es, dass Nykky auf ein Team setzt, dessen Durchschnittsalter 29,15 Jahre beträgt. Mehr als die Hälfte der Mannschaft hat das 30. Lebensjahr bereits überschritten. Einzig die Nomination von Captain Tatu Väänänen (der Wiler-Akteur wird seine siebte WM bestreiten) wirkt vertretbar, sich von Spielern wie Juha Kivilehto (36) oder Lauri Kapanen (33) zu lösen, scheint Nykky jedoch schwer zu fallen. An der letzten EFT in Uppsala tauchte plötzlich auch wieder Mika Kohonen im Aufgebot auf. Abschiedsvorstellung in seiner langjährigen Heimat vermuteten Experten - doch Nykky berief den inzwischen 41-jährigen Superstar auch in sein WM-Kader.
Nicht nur wegen des Alters liess diese Nomination einige Fragen aufwerfen. Köniz' Jonne Junkkarinen und der ehemalige Ersiger Jami Manninen waren beispielsweise an jedem Zusammenzug der letzten beiden Jahre dabei und wurden dann einfach aufs Abstellgeleis gestellt - ohne jegliche Begründung versteht sich. Kohonens Pass- und Abschlussqualitäten gehören zweifelsfrei immer noch zum Besten was es im Unihockey gibt, so wird er vor allem im Powerplay weiterhin eine Bereicherung sein. Aber Kohonen hat in seiner Karriere so viele Verletzungen erlitten, dass er kaum mehr richtig sprinten kann. Der nun als Verteidiger eingesetzte ehemalige Center könnte im Spiel ohne Ball und gegen ein hochpressendes Team arg ins Schwimmen geraten.
Wo bleiben die U19-Weltmeister?
All die Kritik müsste sich Nykky nicht anhören lassen, wenn es in Finnland keine (jüngeren) Alternativen gäbe. Doch diese fallen momentan im hohen Norden wie reife Früchte von den Bäumen. Das U19-Team holte zuletzt zweimal hintereinander WM-Gold, bis auf Ville Lastikka sucht man im WM-Kader aber vergebens nach U19-Helden. Stattdessen wurde mit Mikko Hautaniemi einen Monat vor der WM ein Spieler aufgeboten, der zwar jahrelang in der Schweiz zu den besten Skorern gehörte, aber erst jetzt - nachdem er zurück in seine Heimat wechselte - für das Nationalteam berücksichtigt wurde. Mit 29 Jahren.
Die erste Formation Finnlands wird die Classic-Fraktion um Savonen, Lamminen, Salin und Salo bilden. Dahinter steht mit Kotilainen, Kukkola und Kailiala eine gefährliche zweite Sturmformation bereit. Finnland hat seit Riga auch seine Spielidentität etwas geändert. Sonderlich viel Kredit geniesst die Mannschaft in der Heimat allerdings nicht, eine Titelverteidigung wäre für viele eine Überraschung. Schweden, Tschechien und die Schweiz haben in den letzten zwei Jahren mehr Fortschritte erzielt, Finnland ist immer schwer einzuschätzen - die erste Standortbestimmung gibt es am Samstag gegen Schweden (15.00 Uhr). Dass erstmals seit 14 Jahren der Finaleinzug verpasst werden könnte, ist nicht ausgeschlossen. Den Verweis, dass man alles auf die Heim-WM in zwei Jahren setzt, hätte Nykky aber sicher schon bereit.
Das WM-Aufgebot von Finnland:
Torhüter: Ero Kosonen (32 Jahre/67 Länderspiele/SPV), Lassi Toriseva (24/7/Classic).
Verteidiger: Krister Savonen (24/37), Janne Laminnen (32/75), Juha Kivilehto (36/146), Mikko Leikkanen (30/15/alle Classic), Tatu Väänänen (35/146/Wiler-Ersigen), Lauri Stenfors (28/60/TPS), Mika Kohonen (41/188/Happee).
Stürmer: Nico Salo (24/62), Eemeli Salin (28/67), Joonas Pylsy (28/39), Jussi Piha (31/23), Sami Johansson (25/45/alle Classic), Lauri Kapanen (33/110/), Jani Kukkola (32/128/beide EräViikingit), Peter Kotilainen (24/36/Happee), Ville Lastikka (22/11/Steelers), Mikko Hautaniemi (29/3), Miko Kailiala (25/57/TPS).
Die Spiele von Finnland:
Samstag, 1. Dezember
Finnland - Schweden
15:00 Uhr - O2-Arena, Prag
Montag, 3. Dezember
Finnland - Dänemark
16:45 Uhr - O2-Arena, Prag
Dienstag, 4. Dezember
Norwegen - Finnland
16:45 Uhr - O2-Arena Prag