Stiller Leader
Auf Freitagnachmittag haben wir den Interviewtermin mit Armin Brunner fixiert. Wir treffen ihn im Garten «seines» Hauses in Maienfeld an. «Ich bin grad allein hier», erklärt er die Ruhe. Kein Normalfall. Die anderen Mitbewohner sind ausgeflogen: Noël Beyeler ist beim Coiffeur, Christoph Gerber bei der Abgabe seiner alten Wohnung und Jacob Ericson übt sich im Golfen im nahen Bad Ragaz. In «Rockys Villa» so wird das grosszügige Einfamilienhaus umgangssprachlich genannt trifft sich der harte Kern der Malanser Mannschaft um Spiele nochmals zu analysieren, aktuelle Themen zu besprechen oder Siege zu feiern. Gerüchten zu Folge sollen am Küchentisch schon Captainwahlen abgesprochen worden sein, äussern will sich dazu aber keiner der WG-Genossen. Artikel lesen
Stiller Leader
Armin Brunner ist einer der wichtigsten
Spieler bei Meister Alligator Malans aber einer der unscheinbarsten. Wir haben versucht, hinter die Fassade des grossen Blonden zu schauen.
TEXT: RETO VONESCHEN
FOTOS: ERWIN KELLER
Auf Freitagnachmittag haben wir den Interviewtermin mit Armin Brunner fixiert. Wir treffen ihn im Garten «seines» Hauses in Maienfeld an. «Ich bin grad allein hier», erklärt er die Ruhe. Kein Normalfall. Die anderen Mitbewohner sind ausgeflogen: Noël Beyeler ist beim Coiffeur, Christoph Gerber bei der Abgabe seiner alten Wohnung und Jacob Ericson übt sich im Golfen im nahen Bad Ragaz. In «Rockys Villa» - so wird das grosszügige Einfamilienhaus umgangssprachlich genannt - trifft sich der harte Kern der Malanser Mannschaft um Spiele nochmals zu analysieren, aktuelle Themen zu besprechen oder Siege zu feiern. Gerüchten zu Folge sollen am Küchentisch schon Captainwahlen abgesprochen worden sein, äussern will sich dazu aber keiner der WG-Genossen.
Turbulente WaSa-Zeit
Zurück zu Armin Brunner. Seit 2004 steht er im Kader der Alligatoren, zuvor spielte er seit seiner Jugendzeit bei Waldkirch-St.Gallen. An Talent hat es dem gebürtigen Appenzeller nie gefehlt. In der vierten Klasse begann er Unihockey zu spielen bei den B-Junioren des UHC St. Gallen. «Eigentlich war ich zu jung für diese Mannschaft, aber ich konnte körperlich mit den älteren Spielern mithalten», erinnert er sich. Schon früh wechselte er deshalb in die Elite Mannschaft, mit welcher er im Jahr 2000 Vizemeister wurde. Im Finale reichte es gegen Wiler-Ersigen nicht, «die Hofbauer-Brüder, Adrian Zimmermann und Simon Zurflüh waren damals schon Extraklasse.» Mit WaSas erster Mannschaft erlebte er turbulente Zeiten. Erst 2003 den Aufstieg in die NLA, im Jahr darauf gleich die doppelten Abstiegsspiele gegen Uster (0:2) und Sense Flamatt (2:1). Nach der Fusion der beiden Churer Vereine wurde ein zusätzlicher Platz in der NLA frei - erst im letzten Auswärtsspiel sicherten sich die Ostschweizer die Ligazugehörigkeit. «Innerhalb von zwei Wochen ab- und wieder aufsteigen, schafft auch nicht jeder Verein», schmunzelt Brunner noch heute.
Überzeuge lieber auf dem Spielfeld
Vom Abstiegskampf hatte er danach genug, er folgte den Lockrufen der Alligatoren. Ein Wechsel, von welchem er persönlich und sportlich profitieren konnte. «Ich verstehe das Spiel jetzt viel besser», zieht er nach bald drei Jahren Bilanz. Mittlerweile hat es der ehemalige U19 Internationale bis in die Nationalmannschaft geschafft. Nach einem kompletten Medaillensatz (Gold 2006, Silber 2004, Bronze 2005) eigentlich kein Wunder. Als Center führt er jeweils Alligators «Schweizerblock». Vor allem mit Routinier Adrian Capatt versteht er sich ausgezeichnet. Insider behaupten, Brunner habe als Erster die spezielle Spielweise Capatts verstanden... «Wir haben gar nie so viel miteinander gesprochen, es stimmte einfach auf dem Spielfeld», erklärt er dazu. Grosse Worte sind sowieso nicht sein Ding. «Ich überzeuge lieber auf dem Spielfeld», lautet sein Credo. Mit seinen physischen und technischen Fähigkeiten hätte er die besten Voraussetzungen für eine Starrolle. Etwas, das für ihn aber nicht in Frage kommt. «Ich ordne mich lieber dem Team unter» erklärt er seine Zurückhaltung. So wie an der WM 2006, als er als vierter Center klaglos auf der Ersatzbank oder Tribüne Platz nahm.
Zuvorkommend und konfliktscheu
Wir versuchen mehr vom Menschen Armin Brunner zu erfahren. Ruhig, bescheiden, anspruchslos, da muss doch noch etwas mehr sein. Mittlerweile sind Beyeler und Max Riederer (ebenfalls oft gesehener Gast in «Rockys Villa») erschienen. Wissen sie mehr? Als «zuvorkommenden Gastgeber und sehr guten Koch», hat ihn Riederer kennengelernt. «Er ist ein sehr angenehmer Mitbewohner, der jedem Konflikt aus dem Weg geht», weiss Beyeler, mit welchem er seit seinem Wechsel zusammenwohnt. Gibts keine Leichen im Keller? «Er macht zwar jeden «Seich» mit, überlegt sich aber auch immer die Konsequenzen - nicht wie andere...», erzählt Beyeler. Das reicht uns noch nicht. Wir kehren kurzerhand den Spiess um, die beiden sollen Brunner fragen, was sie schon immer von ihm wissen wollten. Nach kurzer Bedenkzeit willigen sie ein.
Riederer: Warum hängst du Uhren an der Decke auf?
Brunner: Weil man bei jedem Schluck die Zeit sieht.
Beyeler: Hast du in der Schule jemals eine Strafaufgabe bekommen?
Brunner: Hmm, nicht das ich wüsste ...
Riederer: Du bist Elektromonteur. Wieso hängen überall im Haus die Kabel heraus?
Brunner: Es funktioniert alles und der Kontrolleur hat es abgenommen. Also eigentlich hat Noël ihn ja nur abgewimmelt ...
Beyeler: Wieso kannst du weder beim Laufen noch beim Autofahren dein Tempo halten?
Brunner: Ich mag Intervalle, ich habe halt Rhythmus im Blut ...
Riederer: Hast du einmal eine Schwimmkarriere angestrebt, als du als Kind alle möglichen Schwimmprüfungen gemacht hast?
Brunner: Da hab ich wohl meinem Vater, der Bademeister ist, nachgeifert.
Beyeler: Bist du mutig?
Brunner: Alleine nicht - in der Gruppe schon ...
Riederer: Mit wem möchtest du in einem Lift eingeschlossen sein?
Brunner: Wenn es länger als zehn Minuten dauern sollte, natürlich mit euch beiden - und wenn möglich einem Satz Jasskarten ...
Wir gebens langsam auf. Dem verschmitzten Lächeln des Trios nach wäre da schon mehr, aber wohl kaum druckbare Erlebnisse. Und zu einem Foto in der Badewanne liessen sie sich trotz angestrengter Überredungsversuche nicht verleiten.
Brunner als Torjäger
Szenenwechsel, wir konzentrieren uns nochmals aufs sportliche Geschehen. Samstagabend in der Maienfelder Mehrzweckhalle Lust, in den Playoff Halbfinals warten die Langnauer Unihockey Tigers im ersten Spiel der Halbfinal-Serie. Armin Brunners Formation hat die Aufgabe, den Tigers Ausländerblock in Schach zu halten. Die Atmosphäre ist angespannt, Brunners Trikot nach fünf Minuten schon klatschnass. Die Alligatoren wollen den Heimvorteil nutzen, die Langnauer den Schwung des Cupfinals ausnützen. Nur zögerlich kommt Schwung ins Spiel, Brunner und seine Mitspieler stehen konzentriert in der Abwehr. Kurz vor der Pause ballt er die Faust. Mit einem Weitschuss erzielt er das wichtige 1:0. Auch nach dem Wechsel bleibt das Spiel zähflüssig wie Camembert in der Sonne. Nach Capatts Ballwegschlagen kommt die Berner Überzahlformation aufs Feld. Mit Mann und Maus verteidigen die Alligatoren ihr Tor. Zehn Sekunden vor Ablauf der Strafe schnappt sich Brunner den Ball und läuft hakenschlagend Richtung Tigers-Tor. Kein Berner kann ihn aufhalten - mit einem wuchtigen Backhandschuss erzielt er das 2:0. Wieder kommt die Faust - die Fans auf der Tribüne flippen fast aus. «Fast wie Jussila», raunt ein älterer Herr neben uns.
Nach drei weiteren Toren schalten die Malanser auf Spargang. Die Tigers wollen zwar, können aber nicht. Vor allem die hochgelobte schwedische Linie mit Henrik Kronholm, Jim Canerstam und Christofer Pergelius kommt nicht in Fahrt - auch der Verdienst von Alligators Nr. 18. Brunner rotiert weiter zwischen beiden Toren, blockt und verteilt die Bälle sicher. Und freut sich, als Arbeitsbiene Christoph Ruof kurz vor Schluss einen Pass von ihm zum 8:1 verwertet. Für Brunner der vierte Skorerpunkt, verdientermassen erhält er die Auszeichnung des besten Spielers der Partie. «Lief gut», sein kurzer Kommentar nach dem Duschen und schon nimmt er seine Freundin Corinne in den Arm, die kurz zuvor noch beim Tribünenabbau mithalf.
Manchmal sprechen Taten auf dem Spielfeld eben wirklich für sich. Da nützen auch die hartnäckigsten Fragen nichts.