75 - Saison 2012/13

Big Bix

Simon Bichsel gehört zu den sichersten Werten in der Schweizer Nationalmannschaft. Praktisch vor seiner Haustüre tritt er Anfang Dezember in Bern zu seiner zweiten Heim-Weltmeisterschaft an. Für unihockey.ch fand er trotz einer stressigen Vorbereitungsphase Zeit, um zurück und nach vorne zu blicken.

Sieben der 20 gemeldeten Schweizer WM-Nationalspieler waren bereits vor acht Jahren bei der letzten Heim-Weltmeisterschaft dabei, die damals in Zürich und Kloten stattfand. Einer der glorreichen sieben ist Simon Bichsel. «Besitzt ein gutes Auge. Hat in den Playoffs die Fortschritte beim Auslösen bestätigt. Körperlich stark, dies kann sehr wichtig sein gegen die Skandinavier», war bei der Kaderbeschreibung im ersten unihockey.ch-Printmagazin zu lesen. Zwar debütierte Simon Bichsel schon anno 2000 in der Nationalmannschaft, bis zur WM 2004 kam er aber nur auf zehn Länderspiele. Von einem Stammspieler war der damals 24-jährige noch weit entfernt. Die WM-Partien in Kloten sind bei Bichsel aber nach wie vor präsent. «Im zweiten Gruppenspiel gegen Russland schoss ich mein erstes Nati-Tor», erinnert sich Bichsel lachend.

Blondgelockter Jüngling
Wie bei allen Beteiligten ist die Atmosphäre rund um den Klotener Schluefweg auch bei „Bix" unvergessen. «Es war für uns Spieler ein ganz besonderes Ereignis. Erstmals haben wir in einer grossen Halle gespielt. Für mich als WM-Neuling war das sehr imponierend», sagt Bichsel. Eingeprägt in seiner Erinnerung hat sich weniger der überraschende Sieg in der Qualifikation über Finnland oder der Halbfinal gegen Tschechien, sondern das Bronzespiel gegen die finnische Auswahl. «Ein verrücktes Spiel. Erst die Aufholjagd und der späte Treffer von Matthias Hofbauer, dann der nicht gegebene Treffer von Christoph Hofbauer in der Verlängerung und dann das schlimme Penaltyschiessen», schaut Bichsel zurück. Anders als andere Nationalspieler, die sich noch Jahre später über das Ausscheiden im Halbfinal gegen Tschechien - bei dem einige Spieler wie die Kozusnik-Brüder oder Ales Zalesny noch in der Schweizer 1. Liga spielten - die Haare rauften, hat Simon Bichsel mit dem Thema abgeschlossen. «Was vorbei ist, ist vorbei. Man muss nach vorne blicken», sagt er klar. Und für alle, die sich das Haareraufen bei Bichsel ohnehin nicht vorstellen können: Vor acht Jahren war der Wiler-Verteidiger noch ein blondgelockter Jüngling. Die Ähnlichkeit mit Prinz William von England frappant...

_{Simon Bichsel präsentiert seine Sammlung an WM-Trikots.} 

Zweimal tragischer Held
Simon Bichsel und die Weltmeisterschaft, das blieb eine Liaison dangereuse. Die Titelkämpfe 2006 in Schweden (und den damaligen Sprung aufs Cover von unihockey.ch) verpasste er wegen einem Kreuzbandriss, 2008 (Tschechien) und 2010 (Finnland) war er bei zwei entscheidenden Situationen Im Halbfinal massgeblich beteiligt. Im legendären Spiel in der Prager O2-Arena gegen Schweden waren etwas mehr als drei-Minuten in der Verlängerung gespielt, als Henrik Quist aus rund 15 Metern abdrückte. Die vor dem Tor stehenden Bichsel und Karl-Johan Nilsson streckten sich beide nach dem Ball, von Nilssons Schaufel sprang der Ball sehr glückhaft über das Bein von Torhüter Roger Tönz. Aus und vorbei, die Schweiz war wieder im kleinen Finale. «Dieses Tor hat mich noch lange verfolgt», gibt der Verteidiger zu. Die Schuld am Treffer gab ihm niemand, «aber natürlich ärgert einen das selber unendlich. Wir waren so nah dran am Final...»
Auch zwei Jahre später war Bichsel mittendrin, statt nur dabei. In der 56. Minute des Halbfinals - wiederum gegen Schweden - lupfte Daniel Calebsson den Ball knapp über Bichsels Stock zum aufgerückten Verteidiger Mattias Samuelsson. 2:3, wieder war Schweden im Final. «Es ärgert mich noch heute, dass ich den Ball nicht abfangen konnte. Es haben nur Millimeter gefehlt», schaut Bichsel ungern zurück. Alle Energie hätten sie in dieses Halbfinal gesteckt, «im Bronzespiel haben wir alles versucht, aber die Batterien waren leer», bedauert der erfahrene Verteidiger.

Unter Nykky viel gelernt
Beim Stichwort Heim-WM beginnen Bichsels Augen zu glänzen. Nicht nur, weil die Schweizer Gruppenspiele praktisch vor seiner Haustüre in der Berner Wankdorfhalle ausgetragen werden. Nicht zu vergleichen sei die Vorbereitung mit denjenigen in den Vorjahren. «Petteri Nykky hat extrem viel Neues eingebracht», sagt Bichsel beeindruckt, «auch mit 32 Jahren habe ich einige neue Sachen gelernt.» Er schätzt dies ungemein, «ich lerne immer gerne dazu.»
Bei den Neuerungen gab es auch grundsätzliche Änderungen. «Nykky nimmt uns vor allem nur als Sportler wahr», musste nicht nur Bichsel feststellen. Vielleicht fünfmal habe er in den letzten 18 Monaten etwas länger mit dem finnischen Weltmeistertrainer gesprochen. «Von der Mannschaft spricht eigentlich nur Captain Matthias Hofbauer mit ihm», erklärt Bichsel. Ansprechpartner fürs Team sind die Assistenten Jussi Jäntti und Heikki Luukkonen. «Nykky sieht und spürt aber sehr viel, das kommt bei kurzen Aufmunterungen an uns Spieler immer wieder rüber.»
Die Leistungsbereitschaft seiner Schützlinge testete Petteri Nykky immer wieder in den teils pickelharten Trainingscamps aus. «Das erste Camp in Sölden war brutal. Ich habe noch nie so gelitten wie dort. Aber dann spürten wir alle, wie viel der Körper eigentlich leisten kann», so Bichsel. In der «Ferienwoche» in Dubai vom 18. bis 23. November will Nykky mit seinem Team die Heim-WM eingehend besprechen. Mit dem finnischen Team machte er bereits 2008 und 2010 gute Erfahrungen mit einer Woche Sonne tanken. In den Sinn kam ihm so eine Woche übrigens an der U19-WM im November 2007 in der Schweiz, als sich Nykky über die bleichen Beine der finnischen Jünglinge aufregte.

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_{Simon Bichsel vor dem Wankdorf.}