Ausgabe 146, Dezember 2018 - Saison 2018/2019
Magic Moments
Das sportliche Potenzial Jan Zauggs scheint unbegrenzt. Er zaubert Moves aus dem Hut, die keiner erwartet. Er tanzt Gegner aus, die einen Kopf grösser sind. Er findet smarte Lösungen, die sonst niemand sieht. Auf jeder Stufe setzte er sich mit spielerischer Leichtigkeit durch, obwohl er der Kleinste und Leichteste war. Immer wieder stellte sich die Frage, ob er gegen grössere, breitere und bösere Gegner an seine Grenzen stossen wird. Bisher wurde diese Grenze nicht gefunden. An der U19-WM 2015 in Helsingborg war Zaugg massgeblich am Sieg im Halbfinal über Schweden beteiligt. Gleich in seiner ersten NLA-Saison gelangen ihm im Superfinal zwei Tore, was den 18-Jährigen aufs Best-Player-Foto mit Weltstar Kim Nilsson brachte. Zwei Jahre später steuerte er im Superfinal 2018 erneut zwei Treffer zum Könizer Meistertitel bei. Auch im Cupfinal liess er sich schon als Torschütze ausrufen. Jan Zaugg hat mit seinen 21 Jahren bereits viel erlebt.
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Leseproben zu dieser Ausgabe
Nina Metzger
Die 23-jährige Nina Metzger bestreitet ihre erst zweite NLA-Saison. Der Sprung vom Absteiger WaSa zum Vizemeister Kloten-Dietlikon Jets war gross - die Kindergärtnerin hat aber rasch Fuss gefasst.
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Faluns Wüstensturm
Omar Aldeeb ist einer der absoluten Shooting-Stars in der SSL. Der Flügel palästinensischer Herkunft wird bald auch in der schwedischen Nationalmannschaft für Aufsehen sorgen.
Artikel lesenOmar Aldeeb ist einer der absoluten Shooting-Stars in der SSL. Der Flügel palästinensischer Herkunft wird bald auch in der schwedischen Nationalmannschaft für Aufsehen sorgen.
Der Transfer hatte sich abgezeichnet. Omar Aldeeb stieg mit seinem Verein Strängnäs IBK 2015 von der 1. Division in die Allsvenskan auf und stand zwei Jahre später bereits in den Aufstiegsspielen zur SSL. Mit dem Aufstieg in die höchste Liga klappte es zwar nicht, doch der junge Flügelspieler machte mit seinem Speed und Skorerpunkten auf sich aufmerksam. Im Schnitt steuerte er über drei Skorerpunkte pro Spiel zum Erfolg des 50 Kilometer westlich von Stockholm beheimateten Teams bei, wo er seit seiner Kindheit spielte.
Bereits 2016 klopfte Branchenprimus Falun ein erstes Mal bei Aldeeb an und im Verlauf der Saison 2016/17 kam er mit einer Doppellizenz ausgestattet zu seinen acht ersten SSL-Spielen (sieben Tore). „Falun bemühte sich länger um mich. Ich konnte den Verein auch besuchen, bevor ich unterschrieb - und wechselte, als ich fühlte, dass die Zeit für den nächsten Schritt reif war. Innerhalb von zwei Jahren machte ich gleich mehrere riesige Karriereschritte, aber bei Falun hatte ich von Anfang an ein gutes Gefühl", sagt der 23-Jährige.
Elegant, aber schüchtern
Wer Omar Aldeeb auf dem Feld sieht, kann den Eindruck erhalten, dass alles ausser ihm in Zeitlupe abläuft - so schnell bewegt er sich mit dem Ball um die Gegenspieler herum. „Meine Stärken sind mein Schuss und mein Speed - am Körperspiel muss ich noch arbeiten", sagt der eher schmächtige Stürmer, sehr schnell und sehr leise sprechend, während der Blick etwas nervös in die Ferne schweift. Omar sei ein fröhlicher, aber schüchterner Mensch, bestätigt sein Teamkollege Johan Samuelsson (ex-Tigers).
Dass Aldeeb im April 2017 nach nur gerade sieben Partien in der höchsten schwedischen Liga bereits das grosse SM-Finalen vor über 12'000 Zuschauern im Stockholmer Globen bestreiten durfte, beeindruckte ihn wenig. Sobald er das Feld betritt, ist die Schüchternheit weg. „Es macht einfach nur Spass, an der Seite von so guten Mitspielern aufzulaufen. Alles andere blende ich komplett aus", erzählt Aldeeb und fügt an: „Der Sieg im SSL-Final 2017 war mein bisheriges Karriere-Highlight - die Niederlage ein Jahr später gegen Storvreta dann die grösste Enttäuschung."
Palästinensische Einwanderer
Wie Name und Aussehen vermuten lassen, entstammt Omar keinen langen schwedischen Ahnenreihe. Seine Eltern wanderten von Palästina nach Schweden aus, er selber besuchte die Heimat seiner Familie aber noch nie. „Ich war schon in Syrien, wo meine Grossmutter lebt. Aber Palästina - lieber nicht. Das ist Kriegsgebiet", bedauert er.
Aus Syrien stammen auch zwei seiner Teamkollegen, Ciya Hajo und dessen neun Jahre jüngerer Bruder Hassan. Falun könnte quasi einen kompletten Wüstensturm bilden. „Ciya ist in Syrien geboren. Dann wanderte die Familie nach Schweden aus, wo Hassan zur Welt kam", weiss Aldeeb über die Geschichte seiner Kollegen Bescheid. „Obwohl sie nicht die ganz grossen Stars sind, sind die beiden für das Team extrem wichtig, als Leader und Persönlichkeiten."
Auch bei Omar ist zu spüren, dass ihm soziale Aspekte im Leben wichtig sind. „Ich arbeite in einer Spezialschule mit Kindern, die aus schwierigem Umfeld kommen oder Probleme beim Lernen haben", erzählt er. Er selber wuchs mit fünf Geschwistern auf und war von klein auf sportbesessen. „Es musste immer ein Ball da sein. Um ein Haar wäre ich Fussballer geworden - doch mein Team wurde damals aufgelöst, also wurde ein Unihockeyspieler aus mir."
Omar Aldeeb nimmt Fahrt auf. (Bild: Per Wiklund)
Noch keine Länderspiele
In der Nationalmannschaft konnte Aldeeb seine Künste bisher noch nicht zeigen. Im Januar 2018 erhielt er für die WM-Qualifikation ein erstes Aufgebot von Mikael Hill, musste wegen einer Verletzung aber kurzfristig absagen. „Für die WM in Prag wird es wohl nicht reichen - ich mache mir darüber jedoch nicht allzu viele Gedanken und werde einfach mein Bestes geben, sobald ich eine Chance kriege", sagte uns Aldeeb schon im Sommer am Czech Open.
In der Tat wurde er im Herbst nicht für die EFT und folglich auch nicht für die WM aufgeboten, obwohl nach den ersten elf Runden 21 Skorerpunkte ablieferte - einen mehr als Superstar Rasmus Enström.
„Das mit dem Ausfall Anfang Jahr war wirklich Pech, es war nur eine kleine Verletzung", lässt er das Bedauern durchschimmern, um gleich wieder positiv zu werden. „Ich habe ja noch Zeit. Und in Schwedens Nationalmannschaft hat es so viele gute Spieler - da muss ich es akzeptieren, noch etwas warten zu müssen." Warten muss er auch auf die nächste Chance am Champions Cup, da Storvreta Falun als Meister ablöste.
Wechselnde Linien und viel Lob
Um den Titel zurückzuholen hat Falun seine erstklassigen Offensivreihen weiter aufgewertet. Neben dem „Langnauer" Johan Samuelsson stiess auch Adam Colling (letzte Saison 70 Skorerpunkte für Karlstad) zum Vize-Meister. Und mit dem 17-jährigen Malte Lundmark (neun Tore in neun Spielen) ist das nächste Wunderkind dabei, den Durchbruch zu schaffen. So kann es sich Falun sogar erlauben, das beste Sturm-Duo der Welt mal zu trennen - Alexander Galante Carlström und Rasmus Enström. Galante spielte in der Vorbereitung regelmässig mit Aldeeb und Samuelsson in der Linie, zuletzt liefen Aldeeb und der Teenager Lundmark mit Casper Bäckby im dritten Block auf.
„Wir wechseln die Formationen regelmässig", bestätigt Johan Samuelsson und fügt an: „Ich hatte schon oft die Gelegenheit mit Omar zu spielen und es macht wirklich Spass. Es sieht alles so einfach und geschmeidig aus bei ihm - mit dem Ball ist er einer der schnellsten Spieler der Liga." Abseits des Spielfelds scheint Aldeeb ebenfalls gut aufgehoben. „Wir sitzen in der Garderobe nebeneinander und haben mit Galante Carlström viele lustige Diskussionen. Manchmal muss ich Omar ein wenig Rückendeckung geben, aber er ist ein super cooler Typ, der immer mit einem Lächeln in die Garderobe kommt", beschreibt Samuelsson seinen Teamkollegen. Auch Trainer Thomas Brottman ist des Lobes voll: „Omar verfügt über tolle technische Skills und ist extrem schnell auf den Beinen - die Mischung macht seine Gefährlichkeit aus. Er kann mit dem Ball ein unheimliches Tempo anschlagen." Es scheint wirklich nur eine Frage der Zeit zu sein, bis Omar Aldeeb um WM-Gold spielen darf. Ob er die Heimat seiner Eltern jemals sehen kann, ist eine ganz andere Frage.
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Inhalt
Kurznews
Pingpong mit Laura Bürgi (Jets) und Nick Schüpbach (Rychenberg), Riedi geht auf Nummer sicher, Lara in Göteborg, Geschenkideen. Dazu wird gut gebrüllt.
Magic Moments
Jan Zaugg gelangen schon zweimal zwei Tore im Superfinal, dazu schoss er die Schweiz in den Final der U19-WM. Brilliert der 21-Jährige auch an seiner ersten A-WM?
Vor dem Sturm
Die Männer-WM in Prag verspricht in jeder Hinsicht spektakulär zu werden. Das Titelrennen präsentiert sich so offen wie noch nie. alles zum grössten Unihockey-Event der Geschichte.
Die O2-Arena in Prag ist zum zweiten Mal Schauplatz der Männer-Weltmeisterschaft.
Avant la Tempête
Le Championnat du monde masculin à Prague promet d'être spectaculaire à tous les niveaux. La course au titre en République tchèque s'annonce ouverte comme jamais.
House of Switzerland
Im Lokal Hangar treffen sich an der WM die Schweizer Fans.
Das Schweizer WM-Kader
Sieben WM-Neulinge. Viel Routine. Formstarke Stürmer. Das Schweizer WM-Kader sieht vielversprechend aus.
Vonis Dessert
Prag ist immer eine Reise wert. Grad für unsere Nati. Erinnerungen an die Weltmeisterschaften 1998 und 2008.
Thuns nächster Schritt
Vor vier Jahren schaffte Thun die Promotion in die NLA. Auf Dauer kann der Klassenerhalt aber nicht das einzige Ziel sein. Ausreisser nach oben wie bei den Fussballern der Stadt sind gefragt.
Thun schiesst seine Tore seit vier Jahren in der NLA. Wann reicht es erstmals für die Playoffs?
Zur rechten Zeit am rechten Ort
Die 23-jährige Nina Metzger wagte den Sprung vom Absteiger WaSa zum Vizemeister Kloten-Dietlikon Jets.
Die andere Optik
Im Fussball wäre es undenkbar, dass Nationaltrainer Vladimir Petkovic nebenbei ein Frauenteam trainiert. Im Unihockey verlaufen die Grenzen fliessender.
Rückblick EFT Neuenburg
Ein Jahr vor der Heim-WM vermochte die Schweizer Frauen-Nati in Neuenburg keine Werbung in eigener Sache zu machen. Auch die U19-Auswahl holte nur einen Punkt.
Corin Rüttimann
Die Bündnerin ist eine von drei Botschafterinnen für die WM 2019 in Neuenburg und bestritt soeben ihr 100. Länderspiel für die Schweiz.
Corin Rüttimann in ihrem 100. Länderspiel.
Familienschlauch
Seit 2005 initiiert der Verein Unihockey für Strassenkinder in mehr als 20 Ländern Unihockeyprojekte.
Faluns Wüstensturm
Omar Aldeeb, Flügel palästinensischer Herkunft, ist einer der Shooting-Stars in der SSL.
Finnlands härtester Test
Wie immer unter Headcoach Petteri Nykky reist Finnland mit einem extrem routinierten Team an die WM. Die alte Garde soll den Titel verteidigen.