Ausgabe 183, Januar 2022 - Saison 2021/2022
Der Funke sprang nicht
Der erste WM-Teil liess beim Schweizer Fan Hoffnungen auf den ersten Finaleinzug seit 23 Jahren aufkommen. Geschürt wurde der Optimismus dadurch, dass die Schweiz aus zwei engen Partien als Sieger hervorging und dabei nie die Spielkontrolle verlor. Ein Unterschied zu vorangegangenen Weltmeisterschaften, in denen das Schweizer Team im Spiel mit Ball zuweilen nervös agierte. Auch im Halbfinal gegen Schweden blieb die Jansson-Truppe ihrer Strategie treu. Selten zuvor ging eine Schweizer Mannschaft gegen Schweden mit dem Ball so sorgfältig um und generierte dadurch einen so hohen Ballbesitz wie in der Hartwall Arena. «Ich habe Schweden noch nie so passiv erlebt», sollte Nicola Bischofberger nach der Partie sagen, manche sprachen gar von „Verzweiflung in den Gesichtern der Schweden". Das mag stimmen - die Tore schoss aber der spätere Weltmeister. Während die Schweiz Chancen liegen liess, kam der Schweden zu ziemlich einfachen Toren. Schiess mit einem unglücklichen Eigentor, eine Unachtsamkeit bei einem Freischlag, eine missglückte Ballannahme Braillards mit dem Fuss. Solche Geschenke nahm Schweden dankend an. Nur ein Tor ist in einem Halbfinal natürlich zu wenig, auch wenn der schwedische Goalie Jonathan Edling das Spiel seines Lebens zeigte. «Wir können nicht verheimlichen, dass wir eine bessere Abschlussqualität brauchen», gibt auch Trainer David Jansson zu. Nimmt man die Leistungen der genauer unter die Lupe, zeigt sich, dass kein Verteidigern abfiel, alle haben im Spiel mit Ball Fortschritte erzielt. Aber von den Stürmern vermochte am Final-Wochenende keiner über sich hinauszuwachsen.
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Kühne aus dem Häuschen
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Unerwarteter Held
Unter allen schwedischen Goldmedaillen von Helsinki strahlt eine besonders hell - diejenige von Torhüter Jonathan Edling. Zum ersten Mal gilt ein schwedischer Schlussmann als Hauptgrund für den WM-Titel.
Artikel lesenUnter allen schwedischen Goldmedaillen von Helsinki strahlt eine besonders hell - diejenige von Torhüter Jonathan Edling. Zum ersten Mal gilt ein schwedischer Schlussmann als Hauptgrund für den WM-Titel.
Warum ist es für den schwedischen Weltmeistertitel von 2021 entscheidend, dass im Jahr 2009 ein 18-Jähriger zum Verein Munka-Ljungby in die dritthöchste Liga wechselte? Weil der Trainer dieses Klubs in der 1. Division Niklas Nordén hiess, weil der Spieler den Namen Jonathan Paulsson trug (aus dem nach der Heirat Jonathan Edling wurde) und weil die beiden seither eng miteinander verbunden sind. In der SSL trafen sie sich bei Helsingborg wieder, wo Edling seit 2012 das Tor hütet.
Noch nie wurde in Schweden ein Torhüter als entscheidender Faktor für einen Weltmeistertitel gefeiert. Ähnlich wie im Fussball in Brasilien rückten die Schlussmänner höchstens bei Niederlagen in den Fokus. Diesmal war es anders. Ohne Edling wäre Finnland zum dritten Mal in Folge Weltmeister geworden, ist man sich in Schweden einig.
Nordéns Überredungskünste
Im Dezember 2020 übernahmen Thomas Brottman und Niklas Nordén die schwedische Nationalmannschaft. Im folgenden Januar schnappte Nordén Gerüchte auf, Edling trage sich mit Rücktrittsgedanken. „Ich rief ihn an, um ihm mitzuteilen, dass ich andere Reisepläne für ihn habe. Er zögerte und zweifelte, ich musste ihn und seine Frau Rebecca richtig überreden", blickte Nordén nach dem WM-Final zurück.
Er warf alles in die Waagschale, um den Goalie zum Weitermachen zu bewegen. „Ich rief seinen Torhütertrainer Daniel Palsson an, damit er Edling ebenfalls zu überzeugen versucht. Einmal traf ich sogar seinen Vater in einem Lebensmittelgeschäft und sprach auch ihn auf die Situation an", sagt Nordén schmunzelnd. „Ich versuchte wirklich alles - und wurde dafür belohnt."
Geheimplan geht auf
Offiziell stehen in Edlings Statistik 44 Länderspiele. Bei vielen von diesen sass er jedoch auf der Bank. Auch an seiner vor Helsinki einzigen Weltmeisterschaft, 2016 in Riga, war er „nur" der Backup von Stammgoalie Johan Rehn. Doch Brottman und Nordén waren von seinen Qualitäten dermassen überzeugt, dass sie einen besonderen Plan schmiedeten, als der 30-Jährige endlich vom Rücktritt Abstand nahm.
Die Coaches machten Jonathan Edling zur ihrer Nummer 1 - nur sagten sie das niemandem. An der letzten EFT vor der WM in Pilsen liessen sie Edling zu Hause, Jon Hedlund und Mans Parsjö-Tegnér mussten in Tschechien um den zweiten Goalieplatz im Team stechen. Thomas Brottman sagte nach dem Final in einem TV-Interview sogar, es habe ab dem ersten Camp einen geheimen Plan gegeben. Dieser sah für Edling einen speziellen Einsatzplan vor - er bestritt die erste WM-Partie gegen Lettland, pausierte anschliessend aber drei Spiele, in denen Hedlund zum Einsatz kam.
Offenbar war der Torhüter selber nicht in alle Details dieses Plans eingeweiht, denn während des Turniers zeigte er sich verärgert. „Er war wirklich sauer", erzählt Nordén. „Er fragte mich, warum er im Gruppenspiel gegen Finnland nicht spiele und wann er endlich wieder zum Einsatz komme. Ich antwortete nur, er solle Geduld haben und uns vertrauen." Gegen Finnland wäre er - dies als Plan B - nur eingesetzt worden, wenn der Auftakt gegen Lettland misslungen wäre. Doch beim 11:1-Startsieg verzeichnete Edling eine Fangquote von gut 90 Prozent. So war er für das Finalwochenende taufrisch - und an seiner Quote sollte sich nichts mehr ändern.
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Inhalt
Kurznews
Falsche Allstar-Teams, die Besten der Welt, Stettlers dritter Titel. Dazu wird gut gebrüllt.
Wenn die Resultate nicht stimmen
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Roger Lötscher nimmt Stellung.
Der Funke sprang nicht
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Die Schweiz holt in Uppsala Bronze.
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Die Aufstiegspläne von Basel Regio und Floorball Thurgau fielen 2020 und 2021 ins Corona-Wasser. Dieses Jahr darf auch die NLB weiterspielen. Wie stehen die Chancen der langjährigen Liga-Dominatoren?
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Kreuz und quer
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