07.
2017
Sportlicher Reichtum für ukrainische Kinder
Dank dem Boost-Up-Programm der Prague Games erhalten Kids aus dem westukrainischen Melitopol mit Jahrgang 2005 die Möglichkeit, am grössten Junioren-Unihockeyturnier der Welt in Prag teilzunehmen. Sie sammeln hier unauslöschliche Erinnerungen und Hoffnung für ein glückliches Leben in einem äusserst schwierigen persönlichen Umfeld.
Diese insgesamt 19 Jungs und Mädchen im Alter von 12 Jahren haben so gut wie nichts. Schon ein brauchbarer Unihockeyschläger oder ein Ball ist für sie ein Luxusgut. Ihre Sporthallen sind derart baufällig, zugig und mit schlechten Böden ausgestattet - in der Schweiz wären sie gar nicht zugelassen. Unihockey bietet diesen Kids aus einer der ärmsten Regionen der Ostukraine überhaupt erst eine Perspektive, ist für sie Lebensschule, Hort der Freundschaft und des sportlichen, aber fairen Wettkampfs untereinander. Die Teilnahme an einem internationalen Turner wie den Prague Games ist eine Chance, von der Kinder wie diese nicht einmal zu träumen wagen.
Zwei Tage ununterbrochen unterwegs
22 Stunden Bahnfahrt haben sie vom ostukrainischen Melitopol allein an Bahnfahrt auf sich genommen, um nach Lemberg in der Westukraine zu kommen. Von dort aus sind sie noch einmal 23 Stunden mit dem Car bis nach Prag weitergefahren. Um die Strecke von über 2000 Kilometern zurückzulegen, mussten sie am Samstagmorgen aufbrechen, erst am Montagmittag sind sie am Ziel in Prag angekommen. Die Mittel für die beschwerliche Low Budget-Reise haben die 10 Betreuer und 19 Kids selber aufgetrieben. Die Turnierteilnahme, die Unterkunft und das Essen erhalten sie kostenlos. Möglich machen es die Prague Games, das weltgrösste Unihockeyturnier für Junioren mit total 7000 Teilnehmenden. Die Organisatoren wollen Entwicklungshilfe für Kids leisten, die benachteiligt sind.
Der schönste Moment
Köbi Eugster, der sich bereits vor drei Jahren erstmals mit seiner Prager Delegation Zentralschweiz um ein solches Projekt beworben hatte, ist überglücklich, dass es nun geklappt hat. Er strahlt beim Empfang der kleinen Truppe übers ganze Gesicht. «Für mich ist das persönlich der schönste Prague-Games-Moment überhaupt», sagt er, der schon seit vielen Jahren die grösste Prager Delegation anführt, gerührt. Zusammen mit Zug United, dann aber auch in seinem persönlichen Umfeld hat er über Monate Geld gesammelt, um dem Melitopoler Nachwuchs diese einmalige Chance bieten zu können. Dass es den 2007 gegründeten Verein Skala Melitopol überhaupt gibt, ist ein Verdienst des Vereins floorball4all, der Strassenkindern auf der ganzen Welt Zugang zu einem sinnvollen Sport und damit auch zu guten sozialen Strukturen bieten will. Vor 9 Jahren ist der ebenfalls nach Prag angereiste Geschäftsführer Benjamin Lüthi erstmals mit einem Team in die Ukraine gefahren und hat dort engagierten Freiwilligen die Grundlagen des Unihockeysports vermittelt. Heute zählt die Ukraine über 70 Mannschaften auf allen Stufen, der Aufwand hat also Früchte getragen. «Die Situation dieser Menschen ist sehr schwierig, die meisten haben so gut wie nichts, einige wenige sind im Gegenzug sehr reich. Hier überhaupt nachhaltige Strukturen aufzubauen, ist eine enorme Herausforderung», sagt er.
Vom Car direkt aufs Spielfeld
Obwohl die Jugendlichen eine anstrengende Reise hinter sich haben, stürzen sie sich noch am Nachmittag ins Getümmel, gehen in die ersten Testspiele gegen die zwei B12-Teams von Zug United mit Altersgenossen im Jahrgang 2005. Die eine der beiden Mannschaften verschafft sich Respekt, die andere ist vom Niveau her etwas am Limit. Doch auch letztere, deren Namen auf unverständlichem Kyrillisch vom Shirt prangen, kämpfen äusserst beherzt, lassen sich von den Reisestrapazen nichts anmerken. Schon das Mitmachen-dürfen ist für diese Kids ein Riesenerfolg.
Nach dem Spiel picknicken die Zuger und die Melitopoler fröhlich vereint und essen die bereit gemachten belegten Brote. Benjamin Lüthi verteilt 60 Schläger, 40 Shirts, verteilt Bälle und ein Necessaire. Es sind alles gespendete Güter für Kids, deren monatliches Haushaltseinkommen nicht einmal ausreichen würde, um in der Schweiz einen einzigen regulären Unihockeyschläger zu kaufen.
Es geht um echte Werte
Trainern der jugendlichen Melitopoler kommt ein grosses Verdienst für dieses ebenso sportliche wie soziale Projekt zu. Via ihren Headcoach Mischa, der als einziger der Delegation Englisch versteht und spricht, lassen sie die Schweizer wissen, dass es ihnen mit ihrem Engagement vor allem auch um das Vermitteln von Werten geht. Da sprechen sie sowohl Benjamin Lütrgi von «floorball4all - Unihockey für Strassenkids» wie auch Zug United-OK-Chef Köbi Eugster aus dem Herzen.
«Ihr habt hier mehr Fans als alle anderen Teams», versichert Eugster dem Trainer Mischa. «Da eure Spiele im Hamr stattfinden, wo vier Hallen stehen, werden euch alle unsere Spieler und Trainer die gerade dort sind, aus voller Kehle anfeuern.» Der umtriebige OK-Präsi der Zug-United-Delegation aus der Zentralschweiz will dieses Projekte gebührend feiern. Unvergesslich soll es für alle Beteiligten werden.