02.
2013
«Gefühl, säe in einer Wüste»
Mit 0:4 Siegen ist Chur Unihockey im Play-off-Viertelfinal klar an GC gescheitert. Es habe der letzte Biss gefehlt, sind sich die Protagonisten einig. Für Trainer Thomas Berger ein Grund, vieles infrage zu stellen.
Samstagabend um 22 Uhr in der Churer GBC-Turnhalle: Eine knappe Stunde ist vergangen, seit das frühe Saisonende der Churer Unihockeyaner feststeht. Die meisten Spieler sind mit Aufräumarbeiten beschäftigt - Banden einsammeln, Zuschauertribüne einfahren, Tische wegräumen und so weiter. Alltag für die Amateure, die sich im Spannungsfeld zwischen Sport, Schule und Beruf bewegen.
Dass unter diesen Vorzeichen keine Tränen vergossen werden, als hätte der oder die engste Vertraute das Zeitliche gesegnet, wie das im Fussball, Eishockey oder Tennis zu sehen ist, ist verständlich. Und doch ist es in diesem speziellen Fall sinnbildlich. Sinnbildlich für den fehlenden Biss, den viele der Protagonisten als Hauptgrund für das klare Scheitern im Play-off-Viertelfinal gegen die Grasshoppers sehen. «Die Spannung, der absolute Siegeswille hat einfach gefehlt», sagt Routinier Andri Adank mit Blick auf die mit 0:4 Siegen verloren gegangene Serie. Trainer Thomas Berger sieht es auch so: «Wir brachten es nicht auf die Reihe, die Spannung so aufzubauen, dass wir in den Play-offs richtig heiss waren.»
Fehlende Explosionsgefahr
Auf der Suche nach dem Warum ringen die Churer nach Erklärungen. «Es ist für mich absolut unverständlich, was hier vor den Play-offs in den Trainings abging», sagt Berger. «Bei meinen früheren Stationen Malans und Wiler-Ersigen herrschte vor den Play-offs Explosionsgefahr. Die Spieler waren wie Rennrösser, die in den Startboxen schnaubend und mit schäumendem Mund darauf warten, endlich losrennen zu können.»
Verteidiger Ivo Rutzer, der die Spiele seiner Mannschaft seit Mitte Januar wegen schulisch bedingten Trainingsrückstands von der Bande aus verfolgte, stellte fest: «In den Play-offs funktionierte am Anfang nicht alles so, wie es hätte sollen, und dann folgte der Einbruch.» Im Bestreben, es besser zu machen, habe man sich verkrampft, so Rutzer.
So bleibt im Lager der Churer die bittere Erkenntnis, nach einer starken Qualifikation gegen ein defensiv starkes GC «sang- und klanglos ausgeschieden» zu sein (Sandro Cavelti und Trainer Berger). Während sich die Spieler dennoch auf einem guten Weg wähnen und aufgrund der Steigerung in der Qualifikation gegenüber dem Vorjahr positiv in die Zukunft blicken, plagen den Trainer ernsthafte Zukunftssorgen. «Wenn ich auf die Statistiken blicke, waren wir auch in der Qualifikation nicht so viel besser als im letzten Jahr. Schlussendlich standen einfach ein paar Punkte mehr auf dem Konto. Top war das aber nicht, das zeigte sich dann auch in den Play-offs», so Berger.
Larifari-Kultur
Während in den Play-offs bei GC die Leistungsträger gross aufspielten, blieben diese auf Churer Seiten blass. Dieser Umstand stimmt den Jeninser nachdenklich. «Wir müssen uns überlegen, ob wir die richtigen Leute im Team haben, um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden.» Berger bemängelt dabei die Einstellung. «In dieser Stadt herrscht eine ‘Larifari-Kultur'», sagt er. «Ich probiere hier etwas zu säen, aber säen kann ich nur auf fruchtbarem Boden. Im Moment habe ich das Gefühl, ich säe in einer Wüste.» Unlängst hat sich Berger in Chur für zwei weitere Jahre verpflichtet. Mit der jüngsten Enttäuschung im Bauch sagt er aber: «Ich finde, ich bin gescheitert.»
Zeitungsbericht "Die Südostschweiz"