12.
2001
Interview mit dem Trainer des Jahres: René Berliat
René,
Du bist am letzten Wochenende zum wertvollsten Trainer der Saison 2000/2001
ausgezeichnet worden. Was bedeutet Dir eine solche Ehrung?
Ehrlich gesagt weiss ich gar nicht, wem ich die Ehrung zu verdanken habe, resp.
wer gewählt hat. Am meisten hätte mir sicher eine Wahl durch die
Spieler/Trainer der NLA bedeutet. Aber auch so: Offensichtlich hat man meine
Arbeit der vergangenen Jahre anerkannt, und das freut mich. Anlässlich der
Star-Games haben mir auch viele Spieler/Trainer anderer Vereine ehrlich
gratuliert und mir das wirklich gegönnt, das war ein Aufsteller! (Anmerkung der
Redaktion: Die Jury bestand aus den Mitgliedern des Zentralvorstandes, des
Nationalliga-Komitees, den Auswahltrainern sowie verschiedenen Funktionären und
ausgesuchten Presseleuten)
Spieler wie Bill, Holdener, Dunkel oder
Bigler sind schon seit dem C-Juniorenalter zusammen. Ist dies das Geheimnis des
Könizer Erfolges in den letzten Jahren? Oder gibt es nach einer solch langen
Zeit nicht auch Ermüdungserscheinungen?
Obengenannte Spieler hatten mit Thomas
Schmutz bei den C-Junioren, Michael Seiler und mir bei den B-Inter Junioren,
Fabian Baikhardt bei den Elitejurnioren und dann wieder mir bei der Integration
in die erste Mannschaft, stets hervorragende Trainer, sie hatten das Glück,
nicht eine Trainerniete auf ihrem Entwicklungsweg gehabt zu haben. Viele
Junioren haben mindestens ein, zwei Jahre Ihrer Juniorenzeit leider einen völlig
unfähigen „Ausbildner“, oftmals fehlt genau diese Zeit um ein wirklich
herausragender Spieler zu werden. Bei Floorball Köniz legen wir grossen Wert
darauf, von den D- bis zu den Elitejunioren Toptrainer zu haben. Momentan haben
wir das und sind dadurch eine der besten Adressen im Schweizer Unihockey für
junge Spieler. Aber auch für uns ist es nicht einfach, diese Trainer zu finden,
was leider nicht für die Dichte der guten Trainer in der Schweiz spricht. Die Gruppe der oben angesprochenen
Spieler war aber vor allem in menschlicher Hinsicht ein absoluter Glücksfall,
alle wollten oder wollen dasselbe miteinander erreichen.
Zu den Ermüdungserscheinungen: Das gibt es
sicher manchmal, handkehrum vertrauen wir einander auch, und das Wichtigste ist,
dass wir voreinander grossen Respekt haben. Ich weiss, dass ich viele Spieler
habe, die ich (vor allem einstellungsmässig und charakterlich) sonst in der
Schweiz kaum finde und die meisten Spieler denken, so hoffe ich, über unser
Trainerteam dasselbe.
Auch Du als Trainer bist schon lange Teil
dieser Gruppe, hast einige Spieler schon seit deren Juniorenzeit trainiert und
sie zu Nationalspieler geformt. Was lässt Du Dir einfallen, um sie immer wieder
zu motivieren?
Ich glaube, dass vor allem die Spieler wissen müssen, warum sie in diesem Team
spielen wollen, was Ihre Motivation ist. Meine
Aufgabe ist es dann, in schwierigen Zeiten klare Zeichen zu setzen und in guten
Zeiten alle auf dem Teppich zu halten. Wichtig ist es in diesen Augenblicken,
die richtigen Worte zu finden, alle sollten in etwa verstehen was ich meine, was
nicht immer einfach ist und mir auch nicht immer gelingt.
Wie gross ist der Einfluss eines Trainers
überhaupt auf die Entwicklung eines Spielers? Wieviel Prozent macht der Trainer
aus?
Der Trainer ist ein Faktor von vielen, wenn aber der Faktor Trainer nicht
stimmt, wird es für einen Spieler schwierig sein Potenzial auszuschöpfen.
Weitere wichtige Faktoren sind Umfeld (Eltern, Kollegen, Freundin, Frau), Schul-
oder Arbeitssituation und dann vor allem die Einstellung des Spielers zum Sport
und zum Leben allgemein. Der Trainer sollte von mir aus gesehen nicht nur auf
die unihockeyspezifische Entwicklung eines Spielers Einfluss nehmen, sondern
auch versuchen, gute charakterliche Eigenschaften und die Einstellung zum Sport
fördern. Ich unterscheide auch noch Nachwuchs- und Elitetrainer. Als Trainer
einer NLA-Mannschaft ist vor allem viel Psychologie gefragt, das Fachliche tritt
dabei manchmal schon fast zu fest in den Hintergrund. In dieser Hinsicht ist die
Arbeit im Nachwuchsbereich viel dankbarer. Als Trainer kommt man im
Nachwuchsbereich auch viel mehr von den Spielern zurück als in der Arbeit mit
einer ersten Mannschaft. Da hört man öfters nur was, wenn es nicht gut läuft...
Wie
lange bleibt der Trainer Berliat den Könizern noch erhalten? Steht eine Luftveränderung an?
Zu gegebener Zeit werden Floorball Köniz und
ich zu dieser Frage informieren.
Dieses Jahr scheint Köniz etwas zu
stagnieren, bleibt zum Teil hinter den Erwartungen zurück. Wie erklärst Du Dir das?
Erstens: Die Saison ist noch nicht fertig, wir sind mittendrin. Zweitens: Es
gibt Gründe, die wir analysiert haben, die aber nicht in die Öffentlichkeit
gehören. Drittens: Wir haben durchaus Fortschritte im Spiel erzielt (wir haben
die Defensive leicht umorganisiert und viel Offensive trainiert), nur haben sich
diese noch zuwenig in Punkten oder Siegen gezeigt. Viertens: Ich will es nicht
als Ausrede gelten lassen, aber: Unserem Team fehlen immer noch Spieler im Alter
von Patrick Wermuth (25-jährig) oder Christoph Ast (28-jährig) Jungs, die seit
10 oder mehr Jahren auf diesem Niveau spielen. Vor diesen beiden habe ich grössten
Respekt, das sind Leute, die über lange Zeit auf Topniveau sind, sie bekommen für
Ihre Leistungen eindeutig zuwenig Annerkennung.
Mit Wiktorsson steht Dir seit November
ein neuer Skorer zur Verfügung. Wie bist Du mit ihm bisher zufrieden?
Er bringt uns viel, sei es auf oder neben dem Unihockeyfeld. Er hat sich super
integriert und beginnt schon berndeutsch zu sprechen... Ich glaube alle in Köniz
mögen Wiktor schon jetzt unheimlich gut und er identifiziert sich auch total
mit unserem Verein.
Schafft Köniz die Playoffs noch? Was
waren die Ziele anfangs Saison und wie sehen sie jetzt aus?
Wir nehmen ein Ziel nach dem anderen, momentan ist das die Qualifikation zur
Masterround und da sind wir momentan mitten im Strichkampf.
Was hältst Du vom aktuellen Modus mit der
Masterround und den 4-er Playoffs?
Ich finde diesen Modus gut. Bei uns geht es von Anfang an um etwas, nicht so wie
im Schweizer Eishockey. Um die Masterround wirklich spannend zu gestalten sollte
man allerdings vor Beginn dieser noch die Punkte halbieren, mit der 3er
Punkteregel ist das vertretbar und nicht unfair gegenüber den Teams die jetzt
weit voraus sind.
Du giltst als "Star" in der
Trainergilde der Schweiz, Deine Arbeit wird überall anerkannt. Was machst Du
besser als andere?
Ich lebe Unihockey und verlange von den Spielern nichts, was ich nicht selber zu
100% bereit bin zu geben. Weiter habe ich klare Vorstellungen bezüglich
Spielart/Philosophie des Unihockeys, Einstellung zum Sport und Teamlife. Diese
Vorstellungen versuche ich zusammen mit dem Team laufend auszubauen und zu
perfektionieren.
Hast Du auch Schwächen? Wo musst Du Dich
noch verbessern?
Ich bin momentan in einem Diplomtrainerlehrgang in Magglingen (12 Module à 3
Tage verteilt über 9 Monate). Da lernt man soviele hervorragende Ausbildner und
Trainer anderer Sportarten kennen, dass man öfters sehr unwissend
„dasteht“. Da werden mir dann öfters viele Schwächen bewusst, oder mir ist
dann auch klar, wo ich mich verbessern kann. Der Trainerjob ist aber heutzutage
dermassen umfangreich geworden, dass er manchmal fast „Übermenschliches“
verlangt. Man sollte Psychologe sein, sozial- und fachkompetent, mediengewandt,
kommunikativ stark etc.. Öfters ist im Umfeld eines Vereins oder auch bei
vielen Spielern schon beim kleinsten Anzeichen von Schwächen in einem dieser
Bereiche die Meinung da, dass man das natürlich alles besser könnte. Schade,
das dort den Trainern, die manchmal wirklich Extremes leisten, nicht mehr
Respekt und Geduld entgegengebracht wird.
Woran sollen Deine Trainerkollegen
arbeiten (Ausbildung etc.), um besser zu werden? Hast Du gute Tips für den Trainernachwuchs?
Ja, ausbilden lassen ist sicher der beste Weg. Und dann halt auch dort schauen
gehen, wo man lernen kann, seien es Länder- oder NLA-Spiele oder mal ein
Vereinstraining bei einem Spitzenclub. Und sich eben mal genau überlegen, was
einem wichtig ist als Trainer und sich dann über die machbaren Möglichkeiten
klug machen.
Wie beurteilst Du das Ausbildungssystem
in der Schweiz - woran müssen Spieler, Trainer und der Verband arbeiten, um an
die Schweden und Finnen näher heran zu kommen?
Ich glaube der Verband hat dort in den letzten Jahren sehr gute Arbeit geleistet
und die Trainerschulungen, die ich besucht habe, fand ich wirklich gut. Man muss
jetzt vor allem versuchen die Umfelder der Spieler und Trainer sportfreundlicher
zu gestalten, sprich weniger arbeiten, mehr Zeit für Training und Regeneration.
Bei uns wird es in nächster Zeit kaum möglich sein, dass Vereine Lohnentschädigungen
zahlen können. Aber vielleicht sollten halt Spieler und Trainer dieses Landes
vermehrt Ihre Träume leben. Warum nicht mal 5, 6 Jahre nur 80% arbeiten und dafür
mal Schweizer Meister werden oder eine WM-Medaille holen? Emotionen und
Erlebnisse im Sport sind durch ein riesiges Bankkonto nicht aufzuwiegen, das ist
meine Meinung...
In Köniz soll eine neue Halle entstehen.
Wie läuft das Projekt, wie stark bist Du involviert?
Man kennt ja die Einstellung vieler Behörden und Einwohner dieses Landes.
Lieber noch mal 100 Parkplätze als ne Halle. So ist es auch in Köniz. Obschon
wir mit 35'000 Einwohner und auch flächenmässig eine der grössten Gemeinden
der Schweiz sind und mit den Volleyballerinnen von Zeiler Köniz der aktuellen
Schweizer Meister auch hier spielt, ist bei einer modernen Halle Fehlanzeige.
Die Vereine müssen ein Aktienkapital von 300'000 Franken bis nächsten März
zusammenbringen, momentan fehlen noch rund 100'000 Franken. Danach sollte dann
die Wirtschaft einsteigen und der Bau gestartet werden. Also zeichnet Aktien, auf unserer Homepage könnt Ihr Euch darüber informieren (geile 3D-Bilder)...
Involviert bin ich dahingehend das ich
mithelfe Aktionen zur Aktienzeichnung zu organisieren oder
ein Werbevideo unseres Vereins hergestellt habe.
In den letzten Jahren wurde immer
gefordert, die Vereine müssten professioneller arbeiten. In welcher Hinsicht
hat dies stattgefunden, wo hapert es noch?
Es hapert noch fast an allen Ecken und Enden. Aber wenn man die Entwicklung des
Unihockeys anschaut, so ist das nicht verwunderlich. Man muss sich vielleicht
mal die Frage stellen, wer „die Vereine“ sind. Richtig, das sind Ihre
Mitglieder und wenn man sieht, wie gross die Einsatzbereitschaft der grossen
Masse der Mitglieder ist, so liegt das Hauptproblem wohl dort. Es kann nicht
sein, dass sich in den meisten Vereinen ein paar wenige Personen abrackern,
damit eine grosse Mehrheit nur Konsument sein kann. Oft verlieren diese wenigen
Leute dadurch Ihren Elan und dann ist meistens der Zusammenbruch des Vereins die
Folge. Also, jeder ist gefordert, nicht „die Vereine“...
Du bist ja nicht nur auf sportlicher
Ebene ein Fachmann, sondern auch im Bereich Presse/Marketing, warst ein
Mitinitiant des "Floorball-Player" (Anmerkung der Redaktion:
Unihockeymagazin im Printformat, welches zweiwöchentlich erschienen ist). Warum
ist das Projekt gescheitert?
Es war ne tolle Sache mit einem tragischen Ende. Ich habe dabei unheimlich viel
gelernt. Wir hatten meiner Meinung nach zu hohe Selbstkosten (Löhne) und
dadurch zuwenig Zeit, dem Produkt eine Chance zu geben. Wenn man etwas im
Printsektor lanciert, muss man dem Produkt mindestens ein Jahr Zeit geben, uns
ging der finanzielle Atem aber schon nach 5 Monaten aus. Das redaktionelle
Konzept war zuwenig ausgereift und lief in vielen Teilen in eine falsche
Richtung. Und ich habe gemerkt, dass es schlecht möglich ist, eine
Nationalligamannschaft zu trainieren und noch Vollgas in ein neues Projekt zu
geben...
Wie
wichtig ist die Berichterstattung in den Medien über den Unihockey-Sport - genügt
das Bestehende oder braucht es noch eine Steigerung? Wie kann man das Unihockey
noch populärer machen?
Seien wir ehrlich, die momentane Situation
ist skandalös! Wir werden als drittgrösste Mannschaftssportart in der Schweiz
schlicht und einfach ignoriert! Ich glaube, dass wir vermehrt auf die Barrikaden
müssen um unser Recht auch mal mit unangenehmen Aktionen einzufordern. Warum
sollen sich nicht mal ein paar Vereine in der Region zusammentun und alle
Mitglieder Ihr Zeitungsabonnement abbestellen und der entsprechenden Zeitung
klar kommunizieren, warum das passiert... Ich bin sicher, da würde schnell was
ändern. Oder dann schaffen wir uns halt einfach unsere eigenen Medien, wie das
momentan mit Eurer Page passiert. Das sind ja die Vorteile des Internets, macht
so weiter, das ist super!!!
Wie fandest Du übrigens die Star-Games...?
Fand es eine gute Sache und ein Beginn. Jetzt
muss das Konzept noch verbessert werden. Nur ein Beispiel:
Es sollten wirklich Stars auf dem Feld stehen und nicht zum Teil Spieler,
die nicht mal ich kenne... Vorschlag: Publikumswahl, pro Verein 2 Spieler fest,
Rest die Besten aus der Publikumswahl.
Wo siehst Du das Unihockey in 5-10
Jahren, wo sind die Limiten der Entwicklung?
Wir müssen die Medienberichterstattung unbedingt auf ein Level bringen, das
unserer Sportart entspricht. Ich denke schon, dass wir
Durchschnittszuschauerzahlen in der NLA von 500 bis 1'000 Zuschauern raufbringen
können. Wir können mit unserem Sport ein attraktives Produkt bieten und das
ist immer das A und O einer weiteren Vermarktung.
Hier noch einige Stichworte/Kurzfragen:
Mein Traumverein ist: Floorball Köniz
Der Beste Spieler mit CH-Pass: Das
wechselt momentan erfreulicherweise öfters und ist darum nicht zu beantworten.
Der Beste Spieler der Welt: -
Der Beste Spieler der NLA: Würde es
mal so sagen. Der effektivste ist momentan Matthias Hofbauer
Meister wird: Wenn wir’s in die
Play-Offs schaffen: Köniz
Absteiger wird: Niemand, die
NLA-Teams sind zu stark
Lieblingsgegner: Sämi Dunkel im
Tipp-Kick (er verliert immer)
Angstgegner: Graue Haare
Ich habe graue Haare... seit ich
solche Fragen beantworten muss....
Beim Toto auf unihockey.ch mache ich
nicht mit, weil ich... abergläubisch bin und eigene Resultate aus Prinzip
nicht tippe...