01.
2020
Dem HCR fehlen 20 Sekunden zum Sieg
Der HC Rychenberg ist gegen Köniz auf bestem Weg zum sechsten Heimsieg. In den letzten 41 Sekunden büsst er jedoch noch eine Zweitoreführung ein und unterliegt in der Verlängerung mit 4:5.
Der HC Rychenberg hat eine ausgezeichnete Chance verpasst, sich wohl vorentscheidend vom Strich abzusetzen. Gegen den Tabellenvierten Köniz führte er dank eines Powerplaytreffers seines Captains Nils Conrad und einem «Empty Netter» von Jonas Lutz bis vierzig Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit mit 4:2. Der Abstand auf den ersten Verfolger unterm Strich schien vier Runden vor Qualifikationsschluss auf sechs Punkte anzuwachsen, womit die Playoffs einen grossen Schritt näher gerückt wären.
Ohne Torhüter schaffte Köniz in den verbleibenden 56 Sekunden jedoch noch den Ausgleich und kurz nach Beginn der Verlängerung das «Golden Goal». Der Sieg der Berner war nicht gestohlen, die Art und Weise für die Winterthurer aber hochgradig ärgerlich. Oder wie es ihr Trainer Philipp Krebs in Worte fasste: «Der Schluss war eine jener Lehrstunden, die wir offenbar brauchen. Wir waren uns nach dem 4:2 zu sicher, die Punkte im Trockenen zu haben.» Eigentlich sollte nicht erst seit der Frauen-WM in Neuchâtel jedem klar sein, dass es im Unihockey sehr, sehr schnell gehen kann ...
Vierzig sehr ausgeglichene Minuten
Das Startdrittel war von der Sorte gewesen, wie es Trainern von Haus aus so gar nicht behagt: Beide Teams stürmten bei jeder Gelegenheit wagemutig und mit viel Tordrang nach vorne, liessen dabei aber die Kontrolle über das Geschehen weitgehend und zuweilen auch die solide Defensivarbeit vermissen. Daraus erwuchs eine für die fast 1100 Zuschauer spektakuläre, sehr temporeiche Partie mit zahlreichen hochkarätigen Möglichkeiten hüben wie drüben. Der unentschiedene Spielstand nach den ersten zwanzig Minuten ging aufgrund des Chancenverhältnisses vollauf in Ordnung. Erstaunlicher war hingegen, dass es nicht mehr Tore als die von Harry Braillard und Tobias Saner gab. Ihren Teil zur Torarmut trugen die beiden Torhüter Nicolas Schüpbach und Patrick Eder mit ihren sehr überzeugenden Interventionen bei.
Im Mitteldrittel schien es, als hätten beide Trainer ihren Spielern auf den Weg gegeben, kontrollierter zu Werke zu gehen. Der Sturm und Drang der ersten zwanzig Minuten machte bei beiden Mannschaften einer Spielweise Platz, mit welcher der Erfolg mit erheblich weniger Risiko gesucht wurde. Auch die defensive Absicherung erhielt mehr Gewicht. Krebs gefiel die Entwicklung: «Im ersten Drittel waren wir oft einen Schritt zu spät, hatten viele Ballverluste zu beklagen und brachten freie Bälle nicht in unsere Gewalt. Im zweiten machten wir es besser.» Das Ergebnis blieb freilich dasselbe: Etwas glückhaft ging Köniz in der 31. Minute nach einem Prellball erstmals in Führung, Severin Ott glich jedoch postwendend wieder aus. Der erst 17-jährige nutzte ein magistrales Diagonalzuspiel Samuel Nussbächers übers ganze Feld zu seiner Torpremiere in der NLA, womit auch das Mitteldrittel leistungsgerecht 1:1 endete.
Die Butter noch vom Brot stehlen lassen
Im gleichen Stil ging es im Schlussdrittel weiter. Die beiden Mannschaften verharkten sich regelrecht und fanden nur selten den Weg zu reellen Torchancen. Symptomatisch für dieses Patt war, dass erst ein Powerplay das 3:2 brachte. Captain Nils Conrad war mit einem Distanzschuss für die zweite Führung des Heimteams besorgt. Bei diesem knappen Spielstand blieb es bis zwei Minuten vor dem Ablauf der regulären Spielzeit. Köniz nahm Eder vom Feld und belagerte mit einem Mann mehr das Winterthurer Tor, bis Jonas Lutz entwischte und das vermeintlich siegsichernde 4:2 im leeren Tor unterbrachte.
Trotz nur noch 57 zu spielenden Sekunden brachte der HCR die drei Punkte nicht über die Distanz. Köniz glich mit einem nicht geblockten Weitschuss und einem nicht sauber getroffenen und darum unhaltbaren Volley im Slot noch aus. Und sein Topskorer Stefan Hutzli sorgte in der Verlängerung gar noch für die komplette Wende. Krebs wusste danach nicht so recht, was er vom Gezeigten halten sollte: «Wir spielten nicht wirklich gut und zeigten nicht, was wir können. Wir brachten unseren Spielwitz nicht richtig auf den Platz und verspürten ein wenig Müdigkeit. Wir besitzen inzwischen allerdings so viel Struktur und kämpften so gut, dass wir dem Sieg dennoch sehr nahe kamen. Wir sind trotz fünf NLA-Neulingen bereits in der ersten Saison an Köniz dran.» So positiv die Entwicklung der jungen Mannschaft auch ist, so sehr ist zu hoffen, dass die mit Bruder Leichtsinn verlorenen Punkte nicht noch die Playoff-Teilnahme kosten werden.
HC Rychenberg Winterthur - Floorball Köniz 4:5 n. Vrl. (1:1, 1:1, 2:2, 0:1)
Axa-Arena, Winterthur. 1090 Zuschauer. Schiedsrichter: Fässler/Schläpfer.
Tore: 8. Braillard (Levin Conrad) 1:0. 9. Saner (Schmocker) 1:1. 32. Bolliger 1:2. 33. Ott (Nussbächer) 2:2. 53. Nils Conrad (Dóža; Ausschluss Baumann) 3:2. 60. (59:03) Lutz (ins leere Tor) 4:2. 60. (59:19) Nordh (Bolliger; Köniz ohne Torhüter) 4:3. (59:40) Pillichody (Hutzli; Köniz ohne Torhüter) 4:4. 61. (60:28) Hutzli (Castrischer) 4:5.
Strafen: 1x2 Minuten gegen Rychenberg (14. Schüpbach), 3x2 Minuten gegen Köniz (18./23. Nordh, 52. Baumann).
Rychenberg: Schüpbach; Nils Conrad, Levin Conrad; Gutknecht, Nussbächer; Noah Aeschimann, Schaub; Kern (41. Wöcke), Braillard, Studer; Püntener, Krebs (41. Dóža), Iiskola; Lutz, Ott, Keller; Neubauer.
Köniz: Eder; Junkkarinen, Castrischer; Hirschi, Ruh; Herzog, Haldemann; Bolliger, Hutzli, Nordh; Maurer, Ledergerber, Pillichody; Aebersold, Schmocker, Saner; Baumann.
Bemerkungen: Rychenberg ohne Dall'Oglio, Grunder, Schwerzmann (verletzt), Sager (U21), Tim Aeschimann und Gruber (Ersatz), dafür mit Ott (U21). Köniz ohne Fabian Michel (verletzt), Semes und Willfratt (U21). 3. Pfostenschuss Pillichody. 33. Erstes NLA-Tor Ott. 49. Tor Köniz aberkannt. 49. Tor Rychenberg aberkannt. 58. Lattenschuss Nordh. 57:52 Time-out Köniz. Schüpbach und Bolliger als beste Spieler ihrer Mannschaft ausgezeichnet.